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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 1921. Nr. 1.
von 1000 m und 4000 m eingetragen. Die Unterschiede des Salzgehalts am Meeresboden erweisen sich als
gering, der Fortschritt in der Exaktheit der Bestimmung zeigt sich deutlich bei einem Vergleich mit der
auf älteren Messungen aufgebauten Karte von G. Schott im „Valdivia“-Werk (Tafel 34). In Wirklichkeit
werden die Unterschiede noch geringer sein, als sie auf der Karte vorhanden sind, da der Bodenwasser
schöpfer nicht ganz so sicher arbeitet wie die für die Reihenmessungen benutzten Schöpfer, auch werden
die Unterschiede sich vielleicht noch etwas verringern, wenn man nur die 4000 m übersteigenden Tiefen be
rücksichtigt. Der Unterschied zwischen dem höchsten und niedrigsten Salzgehaltswert in der Karte be
trägt 0.48 »/oo, trotzdem zeigen sich deutlich ausgeprägte Gesetzmäßigkeiten in der Verteilung des Salz
gehalts der großen Tiefen:
Im Meeresraum, der das Europäische Nordmeer und das östliche Längstal des Atlantischen Ozeans
bis zum Walfisch-Rücken nebst den 3000—4000m-Tiefen der Schwellen umfaßt, liegen alle Werte
zwischen 34.80 — 35.08 °/oo- Dies Wasser können wir als Nordatlantisches Bodenwasser bezeichnen, da es
im Nordatlantischen Ozean gebildet sein muß. Daß das Bodenwasser östlich der Längsschwelle andere
Eigenschaften aufweist wie das Wasser westlich der Schwelle und das der höheren Südbreiten, zeigen
prägnant die südlich des Walfisch-Rückens bestimmten Salzgehalts- und Temperaturwerte. Wenn wir
aber die Einzelwerte des Salzgehalts im östlichen Längstal durchmustern, so fällt uns auf, daß eine An
zahl sehr niedriger Salzgehaltswerte (34.80 — 34.87 °/ 0 o) in der Nähe des Äquators zwischen der Längs
schwelle und der afrikanischen Küste liegen. Dies deutet an, daß hier die atlantische Schwelle nicht ge
schlossen ist, sondern größere Eintiefungen aufweist, durch die Wasser geringeren Salzgehalts aus dem
westlichen Becken in das östliche Becken übertreten kann. 1 ) Die höchsten Werte des Salzgehalts liegen
in nicht zu weiter Entfernung vom Mittelmeer, hier spielt vielleicht noch eine Beimengung von Wasser
der salzreichen Tiefenströmung aus dem Mittelmeer eine Rolle.
Im westlichen Längstal und in den höheren südlichen Breiten liegen sämtliche Werte des Salz
gehalts zwischen 34.65 % 0 und 34.76 "Im, wenn wir zunächst den Nordatlantischen Ozean außer Betracht
lassen. Ob diese kleinen Unterschiede tatsächlich vorhanden sind, oder ob kleine Instrumenten
fehler oder Ungenauigkeiten in der Bestimmung vorliegen, läßt sich nicht entscheiden; angeführt
sei nur, daß sich bei zwei von der „Deutschland“ erhaltenen Werten von 34.76 °I M Salzgehalt die Be
merkung findet, daß das Bodenwasser im Schöpfer schlammig gewesen ist. — Aus der westlichen Hälfte
des Nordatlantischen Ozeans liegen nur ganz vereinzelte Bestimmungen vor. Aus den Salzgehaltswerten
(nebst den gleichzeitigen Temperaturbestimmungen) in 7°—9° N-Br. geht hervor, daß das hier vorhandene
Bodenwasser noch südatlantisches Wasser ist. 1 ). Wie die Verhältnisse am Meeresboden Nord von 9°
N-Br. liegen, wissen wir nicht mit Sicherheit, doch deuten die hohen Bodentemperaturen im nordameri
kanischen Becken darauf hin, daß das hier befindliche Bodenwasser nördlichen und nicht südlichen
Ursprungs ist; die Grenze dürfte bei etwa 10° N-Br. zu suchen sein. Die in der Umgebung der Südspiteze
Grönlands bestimmten Salzgehaltswerte, die Unterschiede von 0.37 °/ 0 n aufweisen, bedürfen noch der Be
stätigung.
7. Die vom verankerten Boot aus gemachten Tiefenstrommessungen.
Auf dem 14. deutschen Geographentage in Cöln (1903) sprach Professor A. Schmidt Über die
Erforschung der Meeresströmungen und führte u. a. folgendes aus:
„Die Verteilung der Temperatur in den verschiedenen Tiefen gibt ein anscheinend so sprechendes Bild von den
Meeres Vorgängen im Innern, daß eine direkte Messung derselben überflüssig erscheinen könnte. Aber abgesehen davon,
daß sieh bei genauerer Betrachtung manches, und nicht hlos Nebensächliches, einer verschiedenen Deutung fällig er
weist, so darf doch nicht vergessen werden, daß von einer befriedigenden Erkenntnis erst gesprochen werden darf,
wenn wir die Erscheinungen nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ abzuleiten vermögen. Und überdies müssen
wir in der induktiven Naturwissenschaft stets dazu Vordringen, die mathematisch erarbeiteten Folgerungen aus noch so
bestimmt erscheinenden Prämissen durch die Beobachtung zu prüfen. Wir haben eben in Wirklichkeit nie alle Prä-
r) Vergl. hierzu die Tiefenkarte von Groll in Veröff. des Inst, für Meeresk. Berlin. N. F. A. Heft 2, 1912.
2) Vergl. die Zusammenstellung hei Kap II, 6a.