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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. —■ 1921. Nr. 1.
Für die Betrachtung der Karten, die hier nur kurz erörtert werden, ist im Auge zu behalten, daß
der Ursprung der hohen Salzgehaltswerte, die in den Tiefen angetroffen werden, stets an der Ober
fläche zu suchen ist, wo hohe Salzgehaltswerte durch starke Verdunstung erzeugt werden. Wenn Wasser
mit hohem Salzgehalt irgendwo in der Tiefe auftritt, so muß es entweder an Ort und Stelle mit diesem
hohen Salzgehalt in die Tiefe abgesunken, oder es muß hierhin durch Tiefenströmungen verfrachtet sein.
Die Karten vermögen uns also wertvolle Anhaltspunkte über die in der Tiefe vor sich gehenden Wasser
bewegungen zu geben.
Die Salzgehaltsverteilung in 100 m Tiefe. Die Verteilung zeigt noch eine große Ähn
lichkeit mit der Verteilung an der Meeresoberfläche. Die beiden in den Subtropen liegenden Gebiete
hohen Salzgehalts sind noch gut ausgeprägt — das im südlichen Atlantischen Ozean liegende Gebiet
ist allerdings nur noch im westlichen Teil des Ozeans vorhanden — auch die Salzgehaltsunterschiede
zwischen den höheren Breiten des nördlichen und südlichen Ozeans machen sich in gleicher Weise wie an
der Oberfläche geltend. Es ergibt sich also, daß die Salzgehaltsverteilung in 100 m Tiefe im Atlantischen
Ozean in ihren Grundzügen durch die gleichen Faktoren wie an der Oberfläche — meteorologische
Faktoren (Verdunstung und Niederschlag) und Oberflächenströmungen — bedingt wird.
Im Guineastrom ist das Gebiet geringen Salzgehalts bedeutend schwächer ausgeprägt als an der
Oberfläche. Der niedrigste beobachtete Wert in 100 m Tiefe ist hier 35.25 °/oo, an der Oberfläche unter
34.5°/oo; hier macht sich die äquatorwärts gerichtete Verschiebung von salzreicherem Wasser aus den
Subtropen (unter der Oberfläohenschicht) bemerkbar. Hinzu kommt, daß die starken Niederschläge, die
mit eine Hauptrolle für den niedrigen Salzgehalt an der Meeresoberfläche dieses Gebiets spielen, nur
die alleroberflächlichste Schicht beeinflussen. Im Brasilstrom konnte auf Grund des neueren Beob
achtungsmaterials von der „Deutschland“ die Zeichnung der Isohalinen der Meeresoberfläche bedeutend
geändert werden (siehe Tafel 11), der Verlauf der Isohalinen in 100 m ist ähnlich wie an der Oberfläche.
Eine besondere Erwähnung verdienen noch die Salzgehaltswerte in den höheren südlichen Breiten.
Der Salzgehalt beträgt hier an der Meeresoberfläche Süd von 50° S-Br. im westlichen Gebiet etwa 34.0 °/oo
und liegt zuweilen einige Zehntel über, zuweilen einige Zehntel unter diesem Wert, um nur dort, wo der
Schmelzprozeß ein sehr. erheblicher ist, auf 33.5 °/oo zu sinken (vergl. Kap. III). In 100 m Tiefe sind die
Salzgehaltsunterschiede auch nur gering, aber es zeigt sich ein gut abgegrenztes Gebiet geringen Salz
gehalts (unter 34.25 °/oo) zwischen 50° und 60° S-Br. gegenüber durchweg höheren Werten nördlich und
südlich hiervon. Die Erklärung für diese Verteilung ergibt sich aus den Längsschnitten des Salzgehalts
und der Dichte, die zeigen, daß das salzarme, aber kalte und daher schwere Wasser der Oberfläche bei
etwa 60° S-Br. äquatorwärts allmählich in die Tiefe absinkt, während südlich von 60° S-Br. kein Absinken
in die Tiefe stattfindet, da das Oberflächenwasser hier im Verhältnis zur Unterlage leicht ist.
Die Salzgehalts Verteilung in 200 m Tiefe zeigt im Vergleich zur lOOm-Tiefe einen
Ausgleich der regionalen Salzgehaltsunterschiede; die Grundzüge in der Verteilung des Salzgehalts sind
die gleichen geblieben. So finden wir salzreiches Wasser (> 35 °/oo) noch bis in 80°N-Br. westlich von
Spitzbergen vordringend, aber es nimmt wie in 100 m Tiefe nur einen kleinen Teil der Grönland-See
ein, der größere Teil wird von kaltem, salzärmerem Wasser erfüllt, das im Süden, östlich von Island,
sich dem Island—Färoer-Rücken anlagert. Die Gebiete hohen Salzgehalts in den Subtropen sind noch
vorhanden, aber der Betrag des Salzgehalts hat sich vermindert. Das Gebiet geringen Salzgehalts, das
in 100 m Tiefe noch deutlich den Einfluß des Guinea stroms kennzeichnete, tritt in 200 m Tiefe an der
westafrikanischen Küste nicht mehr in die Erscheinung, dafür findet sich ein Gebiet geringen Salzgehalts
in 30°—40° W-Lg., dort, wo wir den Beginn des Guineastroms fanden. Hier ¡ist also besonders lebhafter
Auftrieb des salzarmen Tiefenwassers. Zwischen 0° und 40° S-Br. treten größere Unterschiede nur an
der Westseite des Ozeans auf, die Maxima des Salzgehalts liegen hier etwas südlicher als in 100 m Tiefe.
Die Unterschiede zwischen den Salzgehaltswerten an der Ost- und Westseite des Südatlantischen Ozeans
zeigen klar den Einfluß des Brasilstroms auf die Sa'zgehaltsverteilung in der 200 m-Schicht, die Einzel
heiten der Verteilung des Salzgehalts im Brasilstrom südlich von 30° S-Br. zeigt das Kärtchen auf
Tafel 11. In höheren Südbreiten ist bemerkenswert die Zunahme des Salzgehalts im Weddell-Meer.