W. Breun ecke: Die ozcanographischeu Arbeitender Deutschen Antarktischen Expedition 1911—1912. [5<)
Weddell-See ein Salzgehalt von 34.70 0 / 00 beobachtet wurde, so ist anzunehmen, daß dies der höchste Salz
gehaltswert ist, der im Winter auf dem Schelfplateau in der ganzen Wassersäule vorkommt; ihm ent
spricht eine Gefriertemperatur von —1.89°. Zur Erklärung der Werte von - 1.93° bis —1.95° müssen
wir annehmen, daß etwas unterkühltes Wasser in die Tiefe abgesunken ist. Da der Gefrierpunkt mit
zunehmendem Druck sich erniedrigt, 0.075° auf 10 Atmosphären oder rund 100 m, so ist das Wasser in
der Tiefe selbst nicht mehr unterkühlt. Schwer zu erklären ist jedoch die niedrige Temperatur von
—2.08°, weil niemals eine beträchtlichere Unterkühlung des Meerwassers an der Oberfläche zur Beob
achtung gelangte, und man annehmen muß, daß diese niedrige Temperatur an derOberfläche entstanden
ist. Da nur eine einzige Bestimmung einer solch niedrigen Temperatur vorliegt, so bleibt eine Bestätigung
des Vorkommens solcher Temperaturen noch abzuwarten.
Im Gegensatz zu den Beobachtungen in der freien Weddell-See fehlt auch dem Schelf-Plateau die
warme Tiefenströmung (Reihe 61). An der Oberfläche zeigt das Wasser die sommerliche Erwärmung,
Ansüßung und Sättigung mit Sauerstoff, nach der Tiefe nimmt die Temperatur ab und weist in 200 m
Tiefe die gleiche Temperatur auf (1.77°), die wir als Temperatur-Minimum in der freien Weddell-See an
trafen. Unterhalb 200 m findet sich von 400 m (—1.93°) bis 685 m (Boden —1.95°) eine homotherme
Wasserschicht, die aber im Salzgehalt noch deutliche Unterschiede aufweist: 400 m 34.60 °/ 00 , 600 m
und 685 m 34.69 °/ 00 . Der Sauerstoffgehalt in 400 m und tiefer ist höher (82 % Sättigung) als in gleichen
Tiefen der freien Weddell-See, so daß man annehmen kann, daß das Oberflächenwasser auf dem Schelf
vor nicht allzu langer Zeit (zu Beginn des Winters) mit der Luft in Berührung gewesen ist. Inwieweit
Konvektion an Ort und Stelle oder Advektdon von den flachen Teilen des Schelfplateaus während des
Winters in Frage kommt, läßt sich nicht entscheiden.
In der Nähe des Inlandeisrandes, in der Vahsel-Bucht, wurden drei Reihenbeobachtungen ausge
führt, die Tiefen betrugen hier 182 m, 158 m und 138 m (Reihe 62A—62C). Die Reihen zeigen deutlich
den Einfluß der Jahreszeit. Die erste der Reihen vom 31. Januar hat in den Tiefen von 25 m bis zum
Boden noch erheblich niedrigere Temperaturen als die Reihe vom 13. Februar, während bei der Reihe
vom 25. Februar alle Schichten schon wieder eine bemerkenswerte Abkühlung gegen die vorhergehende
Reihe aufweisen. Bei Reihe 62A findet sich ein Maximum der Temperatur in 50 m Tiefe (—1.07°), bei
Reihe 62 B ein solches in 25 m Tiefe (—0.92°), was wohl auf lokale Strömungen zurückzuführen ist. Bei
letzterer Reihe sind die Dichte-Unterschiede äußerst gering (ut = 27.47—27.57), so daß hier annähernd
konvektives Gleichgewicht herrscht, was sich auch in der gleichförmigen vertikalen Verteilung des Sauer
stoffs ausprägt. Reihe 62 C zeigt uns, wie schnell die Abkühlung von der Oberfläche zur Tiefe vor sich ge
gangen ist, hier ist auch das Temperatur - Maximum unterhalb der Oberflächenschicht verschwunden.
Während dieser Reihe wurde lebhafte Bildung von Eisnadeln an der Oberfläche beobachtet, so daß die
alleroberfläohlichste Schicht des Meeres schon auf —1.8° abgekühlt sein mußte, trotzdem tatsächlich eine
Temperatur von —1.40° beobachtet wurde.
5. Die Temperaturschwankungen in bestimmten Tiefenschichten der Weddell-See. 1 )
(Hierzu Tafel 12.)
Zur Untersuchung der Schwankung der Temperatur in bestimmten Schichten, in denen die Tempe
ratur mit zunehmender Tiefe sich stark ändert, bedarf man eigentlich registrierender Instrumente, deren
Tiefenstellung dauernd durch Aufzeichnungen eines ungeschützten Thermometers oder des Druckes der
überlagernden Wassersäule kontrolliert wird. Da wir solche Instrumente noch nicht besitzen, so blieb,
um wenigstens einen Einblick in die Natur der auftretenden Schwankungen zu erhalten, nur übrig,
möglichst häufig Temperatur-Bestimmungen mittels Umkehrthermometers in bestimmten Schichten aus
zuführen. Dies geschah sowohl an einigen Tagen während der Fahrt des Schiffes nach Süden, an denen
die Weiterfahrt des Schiffes durch das Eis gehemmt war, wie auch in vergrößertem Umfang während
der Trift eles Schiffes im Winter 1912.
*) Vergl. hierzu auch Kap. IV. Abschnitt 4.