134 Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. —- 1921. Nr. 1.
Der einzige Schnitt, den wir zur Vergleichung heranziehen können, ist der auf der „Planet“-Reise
gewonnene Sauerstoffschnitt, der aber einerseits sich nur von 50° S- bis 60° N-Br. und von der Ober
fläche bis 1500 m Tiefe erstreckt, anderseits auch auf bedeutend weniger Beobachtungen beruht als die
hier vorliegenden Schnitte, so daß in letzteren die Linienführung gesicherter ist und mehr Einzelheiten
aufweist. Wenngleich sich bei den verschiedenen Gebieten, die die beiden Schiffe durchkreuzt haben,
manche Abweichungen im Einzelverlauf der Linien gleichen Sauerstoffgehalts finden, so ist es über
raschend zu sehen, wie gut die Hauptzüge der zonalen Verteilung des Sauerstoffs, namentlich das sauer
stoffarme Gebiet zu beiden Seiten des Äquators, bei „Planet“ und „Deutschland“ übereinstimmen. Daß
auch die Bestimmungen des Sauerstoffgehalts aus großen Tiefen trotz der gewaltigen Druckentlastung,
die beim Heraufholen des Wassers an die Oberfläche stattfindet, gute Ergebnisse zeitigen, dafür sprechen
die auf „Deutschland“ gemachten Bestimmungen in 3000 m Tiefe, die folgendes ergeben:
Breite 27= 46' N 24= 58' N 25° 00’ N 9° 15' S 30° 58' S 63° 44' S
0., in 3000 in 5.49 5.41 5.33 5.53 5.77 5.44 ccm
Die für 3000 m Tiefe bestimmten Sauerstoffwerte sind größer als alle Sauerstoffbeträge der
anderen überlagernden Wasserschichten (mit Ausnahme in 63° 44'S-Br.), eine nachträgliche Aufnahme
von Sauerstoff aus diesen Schichten kommt daher wohl nicht in Frage. Daß Sauerstoff in nennenswerten
Beträgen bei der Druckentlastung frei wird, dagegen spricht die Regelmäßigkeit der Zunahme des
Sauerstoffs mit wachsender Tiefe bei bestimmten Stationen wie z. B. bei Reihe 74 in 63° 44' S-Br.:
Tiefe
600 m
800 in
1000 in
1500 in
2000 m
3000 in
5148 m (Reihe 75)
Oo ccm
4.37
4.48
4.73
4.96
5.18
5.44
5.82
O,. o/o
55
56
59
62
64
67
72
Schließlich seien noch die beiden Bestimmungen angeführt, die auf „Planet“ in 3000 m Tiefe aus
geführt wurden. Auf Station 30 in 21° 14' S-Br. wurden 5.63 ccm, auf Station 40 in 24° 19' S-Br. 5.47 ccm
in 3000 m gemessen, Werte, die gut zu den räumlich weit entfernten Messungen auf der „Deutschland“
stimmen.
Wie sich in der Verteilung der Temperatur und des Salzgehalts der Nordatlantische und der Süd-
atlantische Ozean grundlegend unterscheiden, so sind auch beträchtliche Unterschiede zwischen ihnen
hinsichtlich der Verteilung des Sauerstoffs vorhanden. Während man aber die Beziehungen zwischen
der Temperatur- und der Salzgehaltsverteilung des Nord- und Südatlantischen Ozeans kurz dahin
zusammenfassen konnte, daß man den Nordatlantischen Ozean als warm und salzreich gegenüber dem
Südatlantischen bezeichnete, sind die Beziehungen hinsichtlich der vertikalen Verteilung des Sauerstoffs
in den beiden Ozeanteilen verwickelter, so daß man nicht den einen Teil des Ozeans als sauerstoffreich
im Vergleich zu dem andern Ozean bezeichnen kann. Die größten Unterschiede in der vertikalen Ver
teilung des Sauerstoffs liegen in der obersten 1500 m-Schicht, unterhalb dieser Schicht sind die Unter
schiede bedeutend geringer, aber doch noch deutlich vorhanden. Wir beginnen mit der Betrachtung der
Unterschiede in der 0 m bis 1500 m-Schicht und schließen hieran die Erörterung der Sauerstoffverteilung
in den Schichten unterhalb 1500 m bis zum Boden.
Die Oberflächenschicht des Meeres ist in der Regel nahezu mit Sauerstoff gesättigt, zwischen
38° N-Br. und 40° S-Br. wurden in der Oberflächenschicht durchweg 97 % bis 102 % Sättigung festge
stellt. In den gemäßigten Breiten finden wir vielfach Übersättigung, so wurde auf N-Br. bis 113 %
Sättigung beobachtet. Im Polargebiet findet sich an der Oberfläche oft ein starker Mangel an Sauer
stoff, im Weddell-Meer kamen auch im Sommer Werte von 90, 89 und 87 % Sättigung vor. Dieser Mangel
an Sauerstoff tritt dort zu Tage, wo die Oberfläche mit ziemlich dichtem Treibeis bedeckt ist und das
zwischen und unter den Schollen befindliche Wasser noch zu wenig in Berührung mit der Atmosphäre'
gewesen ist, um sich wieder mit Sauerstoff zu sättigen. Denn im Laufe des Winters nimmt der Sauer
stoffgehalt unter der Eisdecke sehr stark ab, die Sättigungsprozente betrugen in der 5 m Tiefe, in der im
Winter bei den Reihenmessungen regelmäßig anstelle der Oberfläche beobachtet w-urde, Ende März 1912
93 %, Anfang Mai 89 %, Anfang Juni 87 %, Anfang Juli 83 %, Anfang August 77 %, Anfang September
78 %. Alsdann bei größerer Ausdehnung und Häufigkeit der Waken erhoben sich die Werte auf 80 %