W. Breunecke: Die ozeanographisehen Arbeitender Deutschen Antarktischen Expedition 1911—1912. J3‘3
Im N o r d a 11 a n t i s c h e n Ozean ist gleichfalls überall wie in der äquatorialen Zone eine Ab
nahme des Sauerstoffs von der Oberfläche bis zu einem Minimum in der Tiefe vorhanden, aber das
Minimum des Sauerstoffs liegt hier nicht in 400 m Tiefe,.sondern in 800 m oder 1000 m Tiefe; in 1500 m
ist der Sauerstoffgehalt stets größer als in 1000 m Tiefe. Neben diesem Minimum tritt ein Maximum
des Sauerstoffgehalts in 25 m bis 50 m Tiefe bei allen Stationen auf, das wohl darauf zurückzuführen
ist, daß die Oberflächenschicht stärker erwärmt worden ist als die unterlagernde Schicht, da die Beob
achtungen aus dem Frühsommer stammen. Ob die Übersättigungen, die die Oberfläche bei den Beob
achtungen zwischen 46° und 70° N-Br. aufweist, auch darauf zurückzuführen sind, daß das der Erwär
mung unterliegende Oberflächenwasser seinen iibersehüssigenSauerstoff noch nicht abgegeben hat oder
ob Sauerstoff-Anreicherung durch Plankton vorliegt, muß dahingestellt bleiben. - Die Kurven der
Sauerstoff-Mengen ordnen sich im Nordatlantischen Ozean gemäß der geographischen Breite an, d. h.
je höher die Breite, um so größer der Sauerstoffgehalt einer Schicht, Die-s gestattet den Schluß, daß im
allgemeinen die Bewegung der Tiefen-Schichten zwischen 26°N-Br. und 70° N-Br. in der Mitte des
Nordatlantischen Ozeans von Norden nach Süden gerichtet ist. Die Abnahme des Sauerstoffs von der
Oberfläche bis 400 m bezw. 600 m ist in den höheren Breiten sehr gering, die Sättigungsprozente betragen
90 bis 100 %, so daß das Wasser in diesen Tiefen nicht allzulang von der Berührung mit der Oberfläche
abgeschnitten sein kann, oder daß wir hier Konvektionsströmungen, die für schnellen Ersatz desWassers
sorgen, bis 400 m bezw. 600 m Tiefe annehmen können.
Im Süd atlantischen Ozean gestaltet sich die vertikale Verteilung des Sauerstoffs gänzlich
anders wie im Nordatlantischen Ozean. Die Kurven für 27° S-Br. und 42° S-Br. zeigen beide eine Ab
nahme des Sauerstoffgehalts wie auch der Sättigungsprozente von der Oberfläche bis 1500 m Tiefe,
eine Abnahme, die in 27° S-Br. durch ein sekundäres Maximum in 800 m, in 42° S-Br. durch ein solches
in 400 m Tiefe unterbrochen wird. Es fehlt also hier die für die äquatoriale Zone und für den Nord
atlantischen Ozean charakteristische und ziemlich bedeutende Zunahme des Sauerstoffs in der Schicht
von 800 m (bezw. 1000 m) bis 1500 m. Dies hängt fraglos mit der Herkunft des Wassers in den einzelnen
Schichten, also mit der Vertikalzirkulation und dem Wasseraustausch zwischen den Tiefen des Nord- und
Südatlantischen Ozeans zusammen, worauf wir im nächsten Abschnitt noch näher eingehen. Besonders
auffallend ist der Unterschied im Sauerstoffgehalt zwischen den höheren nördlichen und südlichen
Breiten. Im Norden haben wir, soweit Beobachtungsmaterial vorliegt, einen relativ hohen Sauerstoff
gehalt an der Oberfläche und in den Tiefen, also eine gute Durchlüftung der Wassersäule, während im
Süden, im Weddellmeer, der Sauerstoffgehalt von 100 m bis 200 in Tiefe sehr schnell abnimmt, ein Mini
mum in 400 m oder 600 m Tiefe erreicht, um dann langsam wieder zuzunehmen. Die Form der Kurven
für das Weddellmeer ähnelt in hohem Maße der Form der Kurven für die äquatoriale Zone. Im Weddell-
Meer liegt also wie in den Tropen unter der gesättigten oder nahezu gesättigten Oberfläche Wasser,
dessen Sauerstoff weniger als 60 % Sättigung aufzuweisen hat, das also seit langer Zeit nicht mehr mit
der Atmosphäre in Berührung gewesen ist. Eine Ausnahme bildet das Wasser auf der Flachsee im
äußersten Süden, das auch noch in 600 m Tiefe über 80 % Sättigung aufweist (Reihe 61), ein Zeichen, daß
hier Konvektion zwischen Oberfläche und Tiefe, wahrscheinlich im Winter, stattfindet.
B. Der Längsschnitt des Sauerstoffgehalts und der Sättigungsprozente des
Sauerstoffs.
Das Beobachtungsmaterial, auf das die beiden Sauerstoff-Schnitte aufgebaut worden sind (vergl.
Tafel 7 und 8) ist bis 50° N-Br. das gleiche wie für die anderen Längsschnitte, nur zwischen 50° N-
und 80° N-Br. machte sich ein empfindlicher Mangel an systematischen Sauerstoffbeobachtungen geltend.
Für dies Gebiet konnten die Sauerstoff-Bestimmungen des „Ingolf“, einige dänische Beobachtungen aus ver
schiedenen Jahren (1903, 1910 und 1912) und einige Beobachtungen vonNansen in 80° 20' N-Br. heran
gezogen werden. Immerhin bleibt die Linienführung zwischen 50° N- und 80 Q N-Br. bedeutend
unsicherer als in den anderen Breitenzonen.