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Full text: 38, 1920

A. Schumacher: Über beträchtl. Temperaturänderungen von Tag zu Tag im Gebiet der deutschen Nordseeküste. 9 
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und — streng genommen allerdings für das westliche Binnen deutschland — neuerdings von 
Freybe 15 ) erörtert worden. 
Eine Erscheinung dürfte aber sicher reelle Bedeutung haben: Die bereits betonte rasche Ab 
nahme der Häufigkeit nach dem Maimaximum um 8 p an den beiden Seestationen. Es liegt nahe, zur 
Erklärung dieses verschiedenen Verhaltens der Seestationen und der Binnenlandstation das Auftreten 
der Seebrise heranzuziehen. Zwar erklärt Großmann 1 '): „In Borkum und Keitum, als an 
Orten auf Inseln, ist ein solcher (Einfluß der Seewinde auf den jährlichen Gang der Temperatur 
veränderlichkeit) nicht zu vermuten . . ., während für Wilhelmshaven auch der Einfluß von Seewinden 
zu vermuten sein würde, falls nicht allgemein die der Nordseeküste vorliegenden Watten auf die Ent 
stehung von Seewinden, wie wir sie an Orten an der Ostsee treffen, ungünstig einwirken.“ Dies 
dürfte nicht ganz irei von Widerspruch sein. Wenn in Wilhelmshaven, unmittelbar an der Festland 
küste, die Watten ungünstig wirken sollen, so müßten sie doch bei den Inseln für die Entstehung der 
Seebrisen günstig sein, da sie ja dann die Inselnatur stark einschränken (am wenigsten allerdings bei 
dem am weitesten vorgeschobenen Borkum). In einer späteren Untersuchung 17 ) hat G-roßmann denn 
auch bezüglich der Seebrisen an der Nordseeküste festgestellt, daß Borkum sich genau so verhält, 
„als wenn dieser Ort nicht auf einer Insel, sondern auf der gegenüberliegenden Küste gelegen wäre. 
Hieraus muß geschlossen werden, daß sowohl die Inseln als das Wattmeer die Einwirkung des der 
Küste zukommenden Seewindes nicht aufzuheben vermögen und dieser somit in noch größerer Ent 
fernung von der Küste beginnt.“ Ferner kommt Großmann zu dem Ergebnis, daß die Seebrisen an der 
Nordseeküste zu einer späteren Nachmittagsstunde ihre größte Stärke erreichen als an der Ostsee 
küste. 18 ) Für die letztere hat Kaiser 19 ) gefunden, daß die Seebrise, die hier nur von April bis Sep 
tember auftritt, am besten im Juni, Juli und August entwickelt ist und ihr tägliches Maximum 
zwischen 2 und 4 Uhr nachmittags zu erreichen pflegt. Übrigens liegt über die Nordseeküste eine 
ältere Angabe von Prestel vor: „Von Mai bis September machen sich an warmen Tagen auf Norderney 
und in Emden Seewinde häufig geltend. Bei ruhigem Wetter kommt um 2 oder 3 h. p. m. der Seewind 
aus N, NNE oder NNW auf, wächst an Stärke bis gegen 6 h. p. m. und wird dann wieder 
schwächer“. 20 21 ) 
Danach wird die rasche Abnahme der abendlichen Häufigkeitszahlen vom Mai zum Juli in der 
Tat auf den ausgleichenden Einfluß der Seebrise zurückzuführen sein, der sich nach obigem im 
eigentlichen Sommer und hier wieder am Abendtermin am stärksten geltend machen muß. Nun kommt 
zwar Großmann 31 ) zu dem Schluß, daß gerade in Hamburg die Windrichtung sich am Abend am 
stärksten von der Seebrise beeinflußt zeigt. Ohne sich hiermit in Widerspruch zu setzen, wird man 
gleichwohl der Seebrise in so weiter Entfernung vom Meere (rund 100 km von der Nordseeküste und 
mindestens 70 km von der Lübecker Bucht) keinen wesentlichen Einfluß mehr auf die Temperatur 
veränderlichkeit einzuräumen brauchen. Dies umso weniger, als Kaiser 22 ) in Analogie mit den 
Untersuchungsergebnissen an der Ostküste Amerikas annimmt, daß die Seebrise als solche an der Ost 
seeküste nur etwa 20 bis 30 km landeinwärts Vordringen dürfte. 
15 ) O. Freybe, Die mittlere Veränderlichkeit der Lufttemperatur von Tag zu Tag in der Provinz Hessen- 
Nassau. Met. Zeitsehr. 1919, S. 77. 
1B ) Arch. der Seewarte 1900, Nr. 5, S. 23. 
17 ) Die Drehung der Winde an der deutschen Küste usw.. Archiv d. Seewarte XXVI 1903, Nr. 4, S. 8. 
18 ) a. a. O. S. 8. 
19 ) Land- und Seewinde an der deutschen Ostseeldiste. Ann. d. Hydr. 1907, S. 115/117. 
20 ) M. A. F. Prestel, Die jährliche und tägliche Periode in der Änderung der Windesrichtungen über 
der deutschen Nordseeküste. Dresden 1863, S. 25/26. (Mitgeteilt von Kaiser in „Historische Entwicklung unserer 
Kenntnis der Land- und Seewinde usw.“, Das Wetter 1907, S. 5.) 
21 ) Archiv d. Seew. 1903, Nr. 4, S. 9. 
22 ) Ann. d. Hydr. 1907, S. 162.
	        
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