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Au» dem Archiv der Deutsche» Seewarte. — 1920. Heft G.
zunge hin. Daher muß die Bucht von Niederguinea als relativ warm erscheinen. An der Niederguinea
küste selbst aber wehen die Winde gewöhnlich unter einem Winkel von 22° zur Küste 1 ). Die Folge
davon ist ein in gleicher Weise wie an der Oberguineaküste entstehender Auftrieb. Eine Erkaltung also
auf hoher See und an der Küste, in der Mitte demnach ein relatives Wärmegebiet auch ohne Süd
strom, die Wärmezunge!
Bei Besprechung der Temperaturkarten wurde nun im Gegensatz zu den Strömungskarten ver
sucht, gerade das Unregelmäßige in der Strom- und Temperaturverteilung hervorzuheben. Hier
bei ist zu betonen, daß für jeden einzelnen Fall die Wasserwärme allerdings einen weit sichereren Schluß
für die Stromrichtung zuläßt. Hier haben wir denn auch einzelne Südströmungen unter gleichzeitiger
Temperaturerhöhung erkannt. Für deren Entstehen müssen wir nunmehr eine Erklärung suchen.
Wir teilen das ganze Küstengebiet in drei Teile, die durch Kap Lopez und Kap Frio von ein
ander geschieden werden. Südlich von Kap Frio haben wir das Gebiet intensiven Auftriebes. Diesen
führt Schott 2 ) nur auf den mittelbaren Einfluß des Windes zurück. Nach ihm beruht der Auf
trieb auf der Saugwirkung des vom Südostpassat getriebenen Südäquatorialstromes. Wir werden nach
dem Vorhergehenden annehmen müssen, daß der Wind auch gleichzeitig unmittelbar saugend
wirkt. Eine Wärmezunge ist hier noch nicht entwickelt.
In der Bucht von Biafra herrscht infolge des Anstaues durch den Südwestmonsun und der Saug
wirkung der Passattrift ein Bestreben des Wassers, bei zeitlich oder örtlich schwächer werdendem
Winde nach Südwesten abzufließen.
Besonders zu behandeln ist das Gebiet zwischen Kap Lopez und Kap Frio. Hier sind von Ein
fluß auf die Strombewegung:
1. Das Zurücktreten der Küste in der Bucht von Niederguinea. Lassen wir
Windwirkungen ganz bei Seite, dann müssen wir an dieser Küste auf Neerströme schließen, die, beson
ders im südlichen Teile der Bucht, durch die Passattrift hervorgerufen werden müssen. Dies ist auch
tatsächlich der Fall. Selbst die Strompfeile deuten in einem Teil des Jahres, besonders im Südsommer,
wenn die Passattrift stark von der Küste absetzt, südlich des Kongo einen Südstrom an.
2. Die Saugwirkung der ablandigen Passattrift. Diese wird, wie sie das ganze
südlich von Kap Frio liegende Küstengebiet beherrscht und auch der Bucht von Biafra Wasser zu ent
ziehen sucht, ebenso bestrebt sein, sich aus dem mittleren Teile Zufluß zu verschaffen.
8. Das Vorherrschen von zwei Windrichtungen. Wir haben zwei Kraftrich-
tungen, die des Passats und des Monsuns. Diesen entsprechen auch zwei Stromrichtungen. Zwischen
' beiden muß sich ein Gegenstrom bilden.
Hiermit müssen wir folgende Tatsachen verbinden: #
1. Ein durch die Strompfeile angedeuteter vorherrschender Nordstrom in der Bucht von Nieder
guinea und westlich davon.
2. Die Beobachtungen des Segelhandbuches, daß an der Küste Nordstrom, nach See zu aber zeit
weise Südstrom herrscht.
3. Pesehuel-Lösehes Meinung, nach der an der Küste langanhaltender Südstrom auftreten kann.
4. Die große Stabilität in der Nähe von Kap Lopez.
5. Die Zunahme des Südstromes nach Süden zu.
6. Der Wechsel der Stromrichtung auf einzelnen Fahrten.
7. Die Auftriebzone der Niederguineaküste.
8. Die schmale Wärmezunge, die sich zeitweise zu einer Wärmeinsel umbildet.
9. Die starken Temperatursprünge auf einzelnen Fahrten.
10. Der starke Temperaturgradient an der Grenze des südwestafrikanischen Auftriebgebietes.
11. Der Wechsel der Windstärke.
12. Die Verschiebung der Windgebiete.
i) Segelhandbueh des Atlant. Ozeans, 3. Aull. 1910, S. 74.
5 ) Valdivia-Expeditioh, Ozeanographie, Text 8, 12?,