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Johannes Jank et: Strömungen und Oberfläehcntcmperaturen ini Golfe von Guinea.
Abfluß- und Zuflußstrom. Nach unseren eigenen Beobachtungen beträgt die mechanische Stromstärke
9.0 Sm. nach N 76° 0. Der Strom weicht also um 33° nach Osten von Kastens ab. Bei 4.04 ms.
Windstärke wirken demnach stromerzeugend 3.39 ms. Schon für 10° Br. hat E x n e r die Triftstärke
zu 6% der Windstärke berechnet. Schon mit diesem Werte erhielten wir 9.6 Sm. Triftstärke. Doch
wird letztere Zahl noch höher ausfallen, da der Wind in dieser Äquatornähe mit einem noch größeren
Prozentsatz seiner Stärke einwirkt. Die Stromstärke ist also geringer, als sie der Wind fordert. Da
nach haben wir eben einen reinen Triftstrom vor uns, in dem infolge des An
staues noch entgegenwirkende Abflußerscheinungen die Stärke und
Beständigkeit herabdrücken. Die Stromriohtung haben wir zu N 75° O bestimmt. Sie weicht
also von C a s t e n s um 33° nach Osten ab, vom E x n e r sehen Normalwerte 41° jedoch noch um 9° nach
Westen. Wir können das Staugebiet nach dem offenen Ozean wie von einer festen Wand, einer Küste
uns begrenzt denken. Sie hindert den Strom, in natürlicher Bahn zu fließen und lenkt ihn nach links ab.
Nun wäre die Möglichkeit gegeben, den Guineastrom östlich des Greenwicher Meridians als Ab
flußgebiet für den westlichen Teil zu betrachten. Wir haben auch bereits dem westlichen Teile seine
Eigenschaft als Stau- und daher Abflußstrom zuerkannt. Doch wird von einer beschleunigenden Wir
kung auf die Stromstärke bald nichts mehr zu merken sein, da ja eine ganz bedeutende Erweiterung
des Strombettes stattfindet. Daher übersteigt in 4—6° N 2° O—1° W die mechanische Stromstärke auch
nur noch wenig die vom Wind geforderte, während die arithmetische mit 17.9 Sm. fast so gering ist wie
in 4—7° N 9—11° W an der Liberiaküste.
Somit erscheint uns der Guineastrom zwischen dem Kap der Palmen und
dem Kap der drei Spitzen als ein eigenes, einheitliches Stromgebilde, das
unabhängig dasteht zwischen der östlich gelegenen Monsuntrift und dem
westlich gelegenen Gegenstrom. Es wird begrenzt von der Oberguineaküste
im Norden und der Stromkante des südlichen Äquatorialstromes im Süden
und erzeugt vom Südwestmonsun und von der Passattrift. Seine Ostrichtung
wird bestimmt durch die Erdrotation, seine Stärke durch die Einengung des
Strombettes. Dieser Teil des Guineastromes ist ein am Ort entstandener
Staustrom, der nach Osten Abfluß findet. Er würde auch bestehen, wenn
weder östlich noch westlich gleichgerichtete selbständige Strombewegun
gen s t a 11 f ä n d e n.
Eine lange Zeit unerklärbare Erscheinung bildete das kalte Küstenwasser, das fast das
ganze Jahr zeitweise einen größeren, zeitweise einen kleineren Teil der Oberguineaküste ein
säumt. Daß dieses Wasser nicht um Kap Palmas herum in unser Gebiet eingeschleppt worden sein
kann, lassen die Wärmekarten sofort erkennen. Die Temperatur ist fast immer westlich von diesem
Kap höher als östlich davon. Wir können es daher nur mit Auftrieberscheinungen zu tun haben. Diese
Ansicht wird noch dadurch bestärkt, daß innerhalb dieser Kaltwasserzone mehrere Mittelpunkte mit
ganz besonders niedrigen Einzeltemperaturen sich entwickeln. (Tafel 7.)
In dem ausgeprägten Anstaugebiet des Guineastromes muß uns eine derartige vertikale Wasser
bewegung befremden. Krümmel 1 ) fällt hier eine Erklärung leicht, da er ja den Guineastrom als
Zuflußstrom betrachtet. Gerade im Nordsommer muß der Auftrieb am stärksten sein; denn dann hat
der am stärksten fließende Äquatorialstrom das stärkste Ersatzbedürfnis. Dies kann der Guineastrom
nicht allein befriedigen, besonders, da sein Querschnitt jetzt am geringsten ist. Die Folge davon ist ein
Zufluß von Tiefenwasser. „Es geschieht das, trotzdem gerade dann an der Küste ziemlich stetige
Südwestwinde wehein, wir also eher eine Anstauung der Meeresoberfläche gegen die Küste hin erwarten
sollten. Hier wirkt das Kompensationsbedürfnis also mit übermächtiger Kraft“. Wir aber werden
sehen, daß gerade dieser Südwestmonsun, der zur Zeit des stärksten Auftriebes am stärksten weht, für
diesen Auftrieb verantwortlich zu machen ist.
Es wäre auch nicht zu verstehen, warum der Guineastrom sich aus der Tiefe Ersatz holen sollte,
wenn er selbst noch Überfluß an Wasser hat. Folgende Beobachtungen sollen es zeigen;
*) Krümmel, Ozeanographie II, 1911, S, 573,