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l)r. A. Franz: Ozeanographie und Klimatologie der D.-Südvvestal'rik. Küste nach Beobacht, v. S. M. S. „Möwe“. 21
stärkten Maße auch für andere Punkte unseres Gebietes annehmen. Fraglich bleibt aber immer noch,
ob die Verteilung der Lufttemperaturen untereinander in derselben Weise erfolgt, wie die der Wasser
temperaturen, d. h. also, ob die Wassertemperatur nicht nur lokal den Grad der Lufttemperatur, sondern
auch die regionale Anordnung derselben bestimmt, oder kürzer ausdrückt, ob die Isothermen der Luft-
und Wassertemperatur im gleichen Sinne verlaufen.
Eine kartographische Darstellung der Lufttemperatur mit Isothermen wurde für die Monate Juli
bis Oktober 1912 versucht. Wie jedoch schon in der Einleitung auseinandergesetzt wurde, können diese
Karten keinen allzu großen Anspruch auf Richtigkeit, wenigstens in gradueller Hinsicht machen.*)
Immerhin lassen sie aber die Beziehung der Verteilung der Lufttemperatur zu der des Oberflächen
wassers erkennen. Die Isothermen der Luft und des Wassers verlaufen im gleichen Sinne. Wir finden
auch bei der Lufttemperatur in der Regel die kältesten Werte an der Küste und Temperaturzunahme
nach der See zu. Auch ist wie beim Oberflächenwasser eine Zone der kältesten Luft zu erkennen, um
die sich die Isothermen konzentrisch anordnen, doch fällt diese nicht unbedingt mit dem Gebiete des
kältesten Wasers zusammen, sondern ist gegen dieses nach Norden verschoben. Der Grund hierfür
liegt darin, daß bei der Landnähe unseres Gebietes, die Wasserwärme für die Lufttemperatur nicht allein
bestimmend ist, sondern noch andere Faktoren hierbei eine Rolle spielen.
Es kann nämlich nicht nur der Wärmegrad der Unterlage, der Luft, von der diese Wärme emp
fangen, bezw. an die sie welche abgeben kann, für deren Temperatur von Bedeutung sein, sondern es
wird auch der Wärmegrad des Herkunftsortes und vor allem der des Weges, den sie durchfließen muß,
um in das Beobachtungsgebiet zu gelangen, mitbestimmend sein und schließlich wird die Lufttempe
ratur auch noch eine Funktion der Zeit sein, während welcher sich die Luft über der kälteren Unterlage
befindet. Je konstanter nun für ein Gebiet die Windrichtung ist, desto mehr wird eine Lufttemperatur
von dem Einfluß der Unterlage und der Zeit, während sie sich darüber befindet, abhängig sein.
Der Herkunftsort der Luft für unser Beobachtungsgebiet ist für die bei weitem vorherrschenden
Windrichtungen ein einheitlicher, indem die an der Südküste' unseres Schutzgebietes auftretenden
SSE—SSW- und die an der Nordküste auftretendui SSW—SW-Winde nichts weiter als der nach dem
erhitzten Kontinent abglenkte SE-Pasat sind, von dem Supan sagt: 25 ) „Wie eine Garbe teilt sich der
Passat, um als SW—S gegen Afrika, als E—NE gegen Südamerika abzufließen.“
Je südlicher also unser Beobachtungsgebiet liegt, desto mehr nähert es sich der Gegend, wo der
SE-Passat aus dem Kaplande herausweht, und nur einen kurzen Bogen über dem kalten Auftriebswasser
zu beschreiben braucht, um als abgelenkter SSE oder S-Wind die Küste wieder zu erreichen; je nörd
licher es aber liegt, desto größer wird dieser Bogen sein, desto länger wird sich also die Luft über dem
kalten Auftriebwasser befinden, ehe sie als SW an das Festland gelangen kann. Dieser Weg über dem
Auftriebwasser wird also im S am kürzesten sein, dann an Länge immer mehr zunehmen, bei Swakop-
mund schließlich ein Maximum erreichen und dann wieder kürzer werden, da jetzt der Bogen des ab
gelenkten SE-Passates schon soweit in den Ozean hinausreicht, daß er schließlich nur noch das nörd
liche Ende des Auftriebgebietes zu kreuzen vermag, bis er auch bei immer weiterer Fortsetzung nach
Norden dieses nicht mehr ereicht.
Je länger nun der Weg über dem kalten Wasser ist, desto mehr wird sich die Luft abkühlen, und
so kommt es, daß die Luft nicht bei Lüderitz-Bucht, wo das kälteste Wasser ist, ihren Kältepol hat,
sondern bei Swakopmund, wo der über das kalte Auftriebwasser zurückzulegende Weg am längsten ist,
wozu allerdings noch die jährlichen Schwankungen kommen, die erst später besprochen werden.
Dieser Gegensatz wird noch dadurch verstärkt, daß bei Lüderitz-Bucht die relative Feuchtigkeit
der SSE—S-Winde infolge ihrer geringeren Temperaturerniedrigung noch nicht zu Nebel- und Wolken-
*) Es wurden hieran die Beobachtungen des Standthermometers benutzt. Wenn nun diese auch, wie in der Einleitung
gezeigt wurde, für streng wissenschaftliche Zwecke unbrauchbar sind, so dürfte das Verhältnis der einzelnen Werte untereinander
doch ungefähr dem der tatsächlichen Werte entsprechen. Nur auf sich bezogen, können diese AVerte also ein ganz leidliches Bild
von der Temperaturverteilung geben, während sie in gradueller Hinsicht falsch sind (in der Tat zeigen die Karten durchweg zu
niedrige Werte) und zu Vergleichen mit anderen Temperaturen erst recht nicht verwendet werden können.