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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1920. Heft 6.
Grade abgeschätzt, worauf die Temperatur eingetragen wurde. Es wurde davon abgesehen, die Tages
mittel der Temperatur zu berechnen. Zwar kommen auf diese Weise die täglichen Schwankungen zum
Ausdruck, aber diese sind in unserem Tropengebiete nur gering. Sie fallen noch weniger ins Gewicht, sobald
dasselbe Gebiet von mehreren Schiffen durchfahren wird. Bedenken muß man außerdem, daß durch
die unperiodischen Schwankungen der verschiedenen Jahre eine bedeutend größere Fehlerquelle ent
steht, die hier des verhältnismäßig geringen Materials wegen, das die einzelnen Monate bieten, doch
teilweise zu Tage treten muß. Auch bietet die Eintragung der Einzeltemperaturen den Vorteil, daß
man die Grenzen verschieden stark erwärmten Wassers genauer bestimmen kann. — Mit jeder Mitter
nachtstemperatur wurde gleichzeitig Strom und Wind des Etmals angegeben. Grüne Pfeile und Zahlen
bezeichneten die Stromrichtung und die Stromstärke in Seemeilen, rote Pfeile mit Fähnchen die Wind
richtung und die Windstärke in Beaufortgraden. Die Pfeile zeigten nach der sechzehnstrichigen Rose.
Stillen wurden durch Kreise bezeichnet.
Diese Arbeitsweise wäre an der Küste nicht angängig gewesen. Einmal wäre hier infolge der
Fülle an Material die Übersichtlichkeit verloren gegangen, ferner hätte der Kartenmaßstab nicht genügt.
Dann wäre es auch in den wechselvollen Auftriebgebieten unmöglich gewesen, auffallende Einzelfälle
ausfindig zu machen. So wurde zur tabellarischen Methode geschritten. Es wurden, wie es die Beispiele
zeigen, Listen vorgedruckt, in die, nach Monaten getrennt, die nötigen Angaben eingetragen wurden.
Materialverarbeltung. Die Verarbeitung des Materials betraf zunächst die Darstellung der Tempe
raturverhältnisse mittels Isothermen. Aus dem Kartenmaterial wurden für die Eingradfelder die
DurohsChnittstemperaturen berechnet. Ebenso wurden in den Tabellen die Temperaturen nach Eingrad
feldern geordnet und die Mittel daraus bestimmt. Da aber im Küstengebiet zum Teil sehr starke Tempe
raturgradienten vorhanden sind, wurde hier die Berechnung außerdem nach Halbgradfeldern ausge
führt. Sämtliche Werte fanden in Arbeitskarten von 1:8 630 000 Aufnahme mit Angabe der Zahl der
Beobachtungen. Die Seitenlange eines Eingradfeldes betrug demnach gegen 1.8 cm. Ein Versuch, nun
mehr unter Berücksichtigung der Zahl der Beobachtungen die Isothermen zu ziehen, mißlang, besonders
in dem südlich des Gleichers gelegenen Gebiete des offenen Ozeans. Zum Teil waren nur recht wenig
Beobachtungen vorhanden. Zum Teil lag gar kein Material vor. Die eine Lücke befand sich in der
Südwestecke unseres Gebietes. Die andere bestand in einem sich im Laufe des Jahres verschiebenden
Dreieck, das begrenzt wird von der Route der Segler, die von der Oberguineaküste zurückkehren, weiter
von den Routen der Niederguineaküste und schließlich von der Überfahrtsroute Monrovia-Swakopmund.
Diesen Mängeln wurde abgeholfen durch die Darstellung des jährlichen Temperaturverlaufs der ein
zelnen Eingradfelder in Isoplethendiagrammen. Zu diesem Zwecke wurden die Monatskarten in nordsüd
licher Richtung in Streifen von ein Grad Breite zerlegt gedacht, und die Werte der Eingradfelder dieser
Streifen mit den Beobachtungszahlen in besondere Diagrammkarten übertragen, und zwar so, daß die
in der zeitlichen Folge benachbarten Streifen nebeneinander zu liegen kamen. So wurden die
gleichen Streifen sämtlicher Monate zu einer Jahreskarte vereinigt. So erhielt man auch für
jedes Eingradfeld des betreffenden Streifens den jährlichen Wärmegang. Um nun die Isoplethen
leichter und sicherer zeichnen zu können, wurde noch einiges fremde Material zu Hilfe genommen.
Eng eier 1 ) hat auf Grund eines achtjährigen Beobachtungsmaterials auf dem deutschen Seglerwege
Afrika-Europa den normalen Temperaturgang berechnet. Diese Werte wurden in die Diagrammkarten
eingetragen und beim Zeichnen der Isoplethen mit berücksichtigt. Auf diese Weise konnten in der
Südwestecke unseres Gebietes die Isothermen eine sichere Lage erhalten. Ebenso wurden die Normal
temperaturen benutzt, die E n g e 1 e r auf Grund achtjährigen englischen Materials für den englischen
Dampferweg Kapstadt-Europa gefunden hatte.
Diese Darstellung in den Isoplethendiagrammen bot nun nicht nur den Vorteil, Lücken im Beob
achtungsmaterial auszugleichen. Es wurden hierdurch auch zufällige Unregelmäßigkeiten erkannt und
i) Engeier, Periodische und imperiodische Temperaturschwankungen der Benguelg-Ströimuig. In: Aimaler
der Hydrographie, 1910, Heft 9,