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Full text: 38, 1920

E. KuUlbrodt: Klimatologie und Meteorologie von Mazedonien. 
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In den Sommermonaten sich vorzustellen, daß statt der jetzt herrschenden subtropischen Hitze 
und Dürre im Winter eisige Kälte und Schneestürme dasselbe Land beherrschen sollen, ist schwer. 
Die an sich intensiven Erkaltungen im Winter werden in ihrer Wirkung verstärkt durch die voran 
gehende Erwärmung bei schirokkoartigen Südwinden, ferner durch die große Stärke und Böigkeit der 
Nordwinde, die große Luftfeuchtigkeit, die blizzardartigen Schneestürme. Diese Umstände lassen die 
Kälte besonders schneidend erscheinen. Windschutz im Freien ist kaum vorhanden; die Häuser in 
ihrer oft unzulänglichen Bauart werden von den eisigen Winden durchdrungen. Die Kälteeinbrüche 
sind deshalb allenthalben auf der Balkanhalbinsel gefürchtet. In Siebenbürgen ist als kalter Fallwind 
aus NE der Nentere bekannt; in Rumänien ist der Crivet der Kälte- und Schneebringer aus NE. Von 
den Borawinden wurde schon gesprochen, ln unserem Gebiet ist der Vardarac eine typische Erschei 
nung. Bei den alten Griechen war es der Boreas oder Olympias, weil er vom mazedonischen Olymp 
nach Griechenland wehte. Ami Boue sagt vom N Wind: „sein Einfluß beschränkt sich keineswegs auf 
die Walachei, auf Bulgarien und Thrazien, sondern er erstreckt sich durch das obere Mösien in die 
niederen Teile der Gebirge, welche die Mitte Mazedoniens einnehmen, und selbst bis in die Täler des 
Hindus und jene von Epirus.“ 1 ) Nach ihm machen diese Winde das Klima weniger mild, als man nach 
seiner geographischen Breite glauben würde. Ähnlich spricht sich vor ihm Eduard Spencer aus: „The 
climate of Macedonia is by no means so warm, as might be expected in such a latitude. This is owing 
to the cold (N) winds . . . The piercing blast of the anatolekonmeros, as tlie natives call it, will not be 
easely forgotten by the traveller, who has once experienced it“ 2 ) 
Philippson gibt eine ausführliche Beschreibung eines Falls von Eisbildung auf der Bucht von 
Saloniki im Januar 1903 3 ), welche auch Cvijic übernimmt, 4 ) Abgesehen von der Nordküste des Adria 
tischen und Schwarzen Meers ist ein Einfrieren längs der Küste des Mittelmeers nicht bekannt. 1876 
war bei Saloniki schon einmal Eisbildung beobachtet worden. Der Fall im Januar 1903 war folgender: 
Nachdem mit rasch ansteigendem Luftdruck starke N Winde eine rasche Erkaltung mit Schneefällen 
herbeigeführt hatten, setzte bei weiterhin hohem Luftdrucke Aufklärung und Windstille ein; die Tem 
peratur sank infolge Ausstrahlung auf fast —8 . In der Nacht vom 22. und 23. Januar fror der Golf 
bis 2 km Entfernung von der Küste zu. An der Küste hatte das Eis eine Dicke von 3 cm. Die Eis 
decke hielt sich nur bis zum Abend. Am nächsten Tage wiederholte sich in abgeschwächtem Maße 
der Vorgang. Im Januar 1903 war auch der Doiransee zugefroren. Der Winter 1904/1905 war ebenfalls 
sehr kalt. Nach heftigem Wehen des Varderac trat Windstille ein und in der Nacht vom 11. auf 
12. Januar bildete sich längs des Ufers von Saloniki 300- 400 m weit eine dünne Eiskruste, welche aber 
nur einige Stunden vorhielt. Ein abermaliges Zufrieren erfolgte in der Nacht vom 3. auf 4. Februar. 
Bedingung für das Zufrieren war in diesen Fällen Windstille. Wenn der Vardarac wehte, gefror das 
Wasser nicht trotz tiefer Temperatur. Der Vardarac wühlt im Golf das Wasser auf, kühlt es ab, 
bewirkt aber, daß die wärmeren Schichten aus der Tiefe an die Oberfläche kommen. Erst wenn bei 
Windstille infolge Ausstrahlung die Oberfläche genügend erkaltet, kann sich Eis bilden. In den beiden 
letzten Fällen war der Wardar in der Gegend von Ghevgheli ganz vereist, so daß man über das Eis 
gehen konnte. Der Doiransee gefriert jedes Jahr an den Ufern, selten aber wird er von einer Eis- 
kruste ganz bedeckt. 1905 war der See vom 7. Januar bis 23. März völlig zugefroren. Die Dicke des 
Eises wuchs an der Südküste bis Vt m an. (Absol. Temperaturminimum in Monastir, wie früher 
erwähnt, im Januar 1905: —28 im Februar —24°). Auf dem Ochridasee' bildete sich ebenfalls Eis an 
den Ufern, wo keine Strömung war, ebenso auf dem Presbasee. Hier konnte man längs des Ufers auf 
dem Eise gehen. Der Kleine Presbasee, der auch sonst oft zufriert, war ganz mit Eis bedeckt. 
Die Einbrüche der kalten Luftmassen sind fast immer von der charakteristischen Bergwolken 
bildung begleitet. Trotz der Heftigkeit der Winde stehen dann oft unbeweglich Wolkenmauern über 
4 ) Die europäische Türkei. 1. Band Wien 1889, S. 327. 
3 ) Travels in European Turkey in 1850, London 1851. 
*) Meteorol. Zeitschrift 1903 S. 369 (Auszug), sonst Veterniann* Mitteilungen 1903. Heft IV. 
*) a. a. O. S. 362.
	        
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