E. K u h 1 b r o d t: Klimatologie und Meteorologie von Mazedonien.
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Die vektorielle Addition geschah jedes Mal aut' mehreren Wegen. Hieraus ergab sich die
Fehlergrenze ,für die Richtungsangaben auf ± 54°, für die Versetzungsgeschwindigkeit in den unteren
Schichten bis 2000 m auf ± 0.01 mps, darüber auf ± 0.02 und in 4000 ni auf ± 0.03 mps. Der Boden
wind hat die Richtung NNE, der Wind in 2000 m NNW und in 4000 m NW. In den Bodenschichten
dreht der Wind zuerst etwas rechts, was durch den Aufbau des Prileper Talkessels erklärlich wird,
dann aber durchweg links. Unsere Strömung steht hierin im Gegensatz zu den Winden
in Mitteleuropa, welche Rechtsdrehung zeigen. Sie stellt eine besonders geartete, selbständige Er
scheinung dar mit antizyklonalem Charakter. Die stärkste Drehung findet zwischen 1500 und 2000 m
statt (32 für die 500 m Schicht). Hier besteht im Richtungsverlauf ein schärferer Knick, worauf
bereits früher hingewiesen wurde. Die Drehung oberhalb dieses Sprunges ist gering, zuerst 8°,
schließlich nur noch 4° pro 500 m. Von 2500 m ab erscheint die Strömung nach Beständigkeit und Rich
tung sehr konstant*. Dasselbe gilt für die Versetzungsgeschwindigkeit. Diese steigt von nicht ganz
Imps am Boden bis 514 mps in 4000m Höhe an. Sie nimmt wie die skalare mittlere Windstärke zuerst
rasch zu, dann von 1000 bis 2000 m relativ wenig (0.41 mps für die 500 m Schicht) und wächst oberhalb
2500 m rascher an. Die Schicht von 2000 m bis 2500 m stellt sich auch hier als rasche Übergangsschicht dar. ln
wieweit hieran neben der örtlichen Beeinflussung das Verhalten der Luftdruckverteilung beteiligt ist,
läßt sich hier nicht entscheiden. Es ergibt sich weiter aus Tab. 45 d), daß in 4000 m Höhe die Ver
setzungsgeschwindigkeit 6.14 mal so groß ist als die am Boden, und die Versetzungsrichtung um 68'
gegen die am Boden links gedreht ist.
Schließlich wurde noch die Gesamtversetzung der sommerlichen Strömung zwischen Boden und
der 4000 m Schicht über Prilep berechnet unter der Annahme, daß für die einzelnen Schichtdicken das
arithmetische Mittel aus den Versetzungen an den Schichtgrenzen gültig ist. Die unter Berücksichtigung
der Verschiedenheit in den Schichtdicken durchgeführte vektorielle Addition ergab als Richtung
N 27 VV und und als Geschwindigkeit der Gesamtversetzung 2.8 mps.
XIII. Allgemeine klimatische Betrachtungen (Einteilung des Landes).
Einige klimatische Betrachtungen allgemeiner Art mögen die bisherigen Darstellungen ergänzen.
Wenn man von Serbien her nach Überschreitung der Wasserscheide zwischen Morava und Wardar in
das Becken von Üsküb herabkommt, so ist man, wie Verf. mehrfach an sich erfahren hat, überrascht
von dem Klimawechsel. Im Frühjahr tritt der Vorsprung, den die Vegetation. im Wardartal hat, be
sonders hervor. Dieser Eindruck steigert sich, je weiter man nach Süden kommt. Umgekehrt steht im
Hochsommer das frische von waldbesetzten Bergen eingefaßte grüne Moravatal in auffälligem Gegen
satz zu der kahlen, von nackten Bergen umgebenen, von den sengenden Strahlen der Sonne ausgedörrten
Wardarebene. Man ist vom mitteleuropäischen in den subtropischen Sommer versetzt. Weiter
wardarabwärts, in der Gegend der Cernamündung, erscheint die Landschaft völlig wüst (Tikves). Kein
Baum, kein Strauch auf den Bergen, nur verdorrtes, mit hoher Staubschicht bedecktes Gras hier und da;
keine Quelle, kein Bach. Unbarmherzig brennt die stechende Sonne herab. Steht man auf dem Paß
nördlich Prilep und schaut auf die pelagonische Ebene, so ist der Eindruck nicht anders. Von kahlen,
felsigen Bergen umrahmt, liegt die Ebene grau in grau vor den Blicken, waldlos, wüst, trostlos. Reisende
aus früheren Zeiten bringen in der Literatur entsprechende Ausführungen. So sagt Heinrich Barth, 1 )
daß er betroffen war Von dem trostlosen Aussehen; nur wenige kleine und armselige Gemüsegärten
(er hat die Stadt Negotin im Auge) ohne einen einzigen Baum vermögen die Dürre und Öde der um
liegenden Landschaft nicht zu beleben. Cvijic schildert die unerträgliche Hitze in diesem mittleren Teil
Mazedoniens, die nach ihm beinahe noch größer ist als in den südlicheren Gegenden. 2 ) „Den ganzen
Sommer hindurch herrscht im Tikvesbecken eine erstickende Hitze, da der Himmel über ihm fast
*) I’eisPii ilnreli lins Innere der europäischen Türkei. Berlin 1864, S. 121.
2 ) a. a. O. S. 221.