E. Knhlhrodt: Klimatologie und Meteorologie von Mazedonien. 53
gehört hatten, setzten mit ihm erneut ein (Schnee). Den Kältewellen gingen z.T. ausgesprochene Wärme
wellen voraus. Die N-Strömung erreichte nicht immer größere Mächtigkeit; manchmal blieb sie als
seichte Strömung einige Zeit bestehen, um dann bald in andere Winde überzugehen.
Die Luftdruck Verteilung an den Tagen unseres Beispiels vom 8.—11. Januar 1*918 war folgende:
Bei hohem Luftdruck über 765 mm im SE der Balkanhalbinsel und über Kleinasien zieht am
7. eine starke Depression mit Kern unter 780 mm von der Nord- zur Ostsee. Am 8. wandert sie weiter
nach Rußland hinein, zugleich stößt sie mit einem Tiefdruckausläufer nach Süden vor. Innerhalb dieser
ausgedehnten Randdepression bildet sich über Ungarn und der Nordadria ein sekundäres Minimum
unter 745 mm aus. Die westlichen Winde, die allmählich an Stärke zugenommen haben, drehen über
der Balkanhalbinsel unter weiterem Anwachsen nach südwestlichen Richtungen. Der südöstliche hohe
Druck wird gleichzeitig nach Kleinasien zurückgedrängt. Von Westen her drängt am Nordrande der
Alpen höherer Luftdruck scharf nach. Am 9. morgens liegt die Rinne tieferen Druckes (nach Schwen
kung mit der Nordadria als Drehungspunkt) unter 750 mm zwischen Ukraine im NE und dem Adria
tischen Meere im SW (Fortsetzung nach beiden Seiten ungewiß). Am 9. mittags liegt sie quer über der
Balkanhalbinsel (Richtung Bessarabien, Albanien). Der höhere Druck im SE wird weiter zurückgedrängt,
der Hochdruck über den Alpen und ihrem nördlichen Vorlande drängt als Keil von NW her nach. Am
9. abends liegt die Rinne in der Linie Ionisches—Agäisches — Schwarzes Meer, mit flachen Teil
depressionen, soweit erkennbar, über dem West- und Ostende. Der NW-Keil schiebt sich weiter vor.
Am 10. morgens ist der Trog nach SE abgewandert, Konstantinopel zeigt die Reste. Der Hochdruck vom
NW her nimmt von der ganzen Halbinsel Besitz (770 mm). Die Tiefdruckfurche ist mithin sehr rasch
quer über die ganze Balkanhalbinsel gezogen.
Der NW-Keil auf der Rückseite der Tiefdruckfurche stellt die in die Balkanhalbinsel von N her
mit großer Gewalt einbrechende kalte Luftmasse dar. Er löst auch an andern Orten die für die maze
donischen Stationen ausführlich beschriebenen meteorologischen Erscheinungen aus.
Es wurden alle 11 Fälle bezüglich der Änderung in der Luftdruckverteilung untersucht. Es
ergab sich im wesentlichen derselbe Verlauf: die Bildung des Trogphänomens, sein Wandern senkrecht
zur Längsrichtung quer über die Halbinsel nach SE und das Nachstoßen des NW-Hochdruckkeils.
Es kommt vor, daß durch den scharf nachstoßenden NW-Keil die Furche durchschnürt wird und
der südwestliche Teil über der Adria längere Zeit stationär bleibt. Während die Furche in der Linie vom
Jonischen zum Schwarzen Meer zum Schluß aller Kälteeinbrüche immer ausgesprochen vorhanden ist,
ist sie vorher zuweilen weniger gut ausgebildet. Teilweise erscheint sie mehr als V- Depression der
nördlichen, in einem Falle auch der Adria-„Resonanz“depression.
Wir erhalten für unser Gebiet dasselbe Resultat wie v. Ficker für NE-Europa. Während durch
die Tiefdruckfurche erst die warme südliche Luft nach N gesaugt wird, ergießt sich auf der Rückseite
des "Troges die kalte Luftmasse vom Sammelbecken am Nordkamm der Alpen her über die Balkanhalb
insel. Wie bei einer großen Wellenbewegung kommen auf der Vorderseite immer neue warme Luft
massen in den Bereich der Welle, welche durch die die Halbinsel überflutenden kalten Luftmassen in
die Höhe gedrückt werden, v. Ficker betont, daß die Existenz von großen Temperaturdifferenzen Vor
bedingung ist für das Vordringen von Kältewellen, daß die Richtung des stärksten Temperaturgegen
satzes maßgebend ist für die schnellste Ausbreitung. Das Adriatische, Jonische, Ägäische, Schwarze
Meer bedingen als große Wärmegebiete, nach N in den kalten Kontinent vorgeschoben, die Entstehung
und Zugrichtung der Tiefdruckfurchen, welche die Kältewellen zur Folge haben.
Es wurde in diesem Kapitel sowie bei der Besprechung der allgemeinen Windverhältnisse auf die
besonders im Winter auffallend großen Geschwindigkeiten der Nordwinde in der Wardarsenke bei
Hudova hingewiesen. Die geringere relative Feuchtigkeit in den Wintermonaten von Hudova ließ auf
Fallwindcharakter schließen. Die Wardanvinde sind eine typische, für das Klima wichtige Erschei
nung; wir bezeichnen sie mit dem Namen „Vardarac“, den Cvijic 1 ) als ortsübliche Benennung mehrfach
erwähnt. Der Vardarac als Wardarwind schlechthin ist eine Mistralerscheinung. So wie im unteren
') S. Anmerkg. :! ) S. 6.