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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1920 Nr. 5
Wir sahen früher bei der Betrachtung der Temperaturverhältnisse, wie einmal die kalten Temperaturen
auf der Balkanhalbinsel weit nach Süden Vordringen, wie ferner die Temperaturschwankungen in Anbe
tracht der südlichen Lage große Werte annehmen. Es sollen jetzt für Mazedonien die wesentlichsten
Begleiterscheinungen festgestellt werden, die mit raschen, intensiven Erkaltungen verbunden sind, und
zwar nur für die kältere Jahreszeit. Wir suchen aus den für Prilep, Hudova und Drama berechneten
interdiurnen Temperaturschwankungen die Fälle heraus, bei welchen wenigstens auf einer Station die
die mittlere Tagestemperatur um 5 sank (Tab. 42). Es werden sowohl für die Vergleichstage (2,3)
wie für den Vortag (1) und den Nachtag (4) die Tagesmittel der wichtigsten meteorologischen Faktoren
bestimmt. Als Bodenwind wurde der für den betr. Tag vorherrschende, meist der von 7a genommen.
Über Fall 3 vgl. die Untersuchung von B. Wiese. 1 ) *•
Das Ergebnis ist folgendes: Im Durchschnitt aller Fälle fällt der Luftdruck vom Vortage zum
1. Vergleichstag im Tagesmittel um 4.0 mm; zum 2. Vergleichstag, welcher die Kältewelle bringt, steigt
er um den bedeutenden Betrag von 7.1 mm und steigt auch zum Nachtage noch um 4.3 mm. Fall 10
bildet nur scheinbar eine Ausnahme; es ist auch hier ein ausgeprägter Anstieg zum 3. Tage vorhanden,
der nur durch das Zusammenfassen zum Tagesmittel verwischt wird. Die stärksten Anstiege vom 2.
zum 3. Tag betragen 13.9 und 13.3 mm, sind also beträchtlich (als Differenz der Tagesmittel). Das
Sinken des Luftdruckmittels vom 1. zum 2. Tag ist ebenfalls eine regelmäßige Erscheinung (im Maxi
mum 8.4 und 7.6 mm). Daß in Fall 4 ausnahmsweise ein Ansteigen stattfindet, erklärt sich daraus,
daß bereits vom 7. auf 8. März ein Temperatursturz von 5.2? eingetreten ist, so daß eigentlich die Tage
vom 6.—9. und 7.—10. zu besonderen Fällen hätten zusammengefügt werden müssen. Vom 1. zum
2. Tage fällt im Durchschnitt die Temperatur etwas. In 4 Fällen findet jedoch eine deutliche Erwär
mung statt, besonders an den Tagen, an welchen die gleichzeitige Abnahme des Luftdrucks am größten
war. Die Erkaltung zwischen den Vergleichstagen beträgt im Mittel der 11 Fälle fast 8° (Unterschied
der Tagesmittel), Max. 13.5°. Zum Nachtage hin sinkt die Temperatur, dem weiteren Ansteigen des
Luftdrucks entsprechend, durchschnittlich noch etwas (1°). Die relative Feuchtigkeit zeigt kein aus
gesprochenes Verhalten; es kommen zwischen allen Tagen Zunahmen und Abnahmen vor. Im Mittel
bleibt die Feuchtigkeit vom 1. zum 2. Tage dieselbe, steigt mit der Erkaltung um 2% und ändert sich
zum Nachtage kaum. Jedenfalls tritt die Tatsache hervor, daß die Kältewelle unmittelbar keine
Trockenheit mit sich bringt. Die Bewölkung nimmt zum 2. Tage hin etwas zu und bleibt zum Tage
des Kälteeinbruchs etwa dieselbe (8 Zehntel). Es kommen hier Zunahmen wie Abnahmen vor, die sich
im Mittel aufheben. Erst der 4. Tag bringt Bewölkungsabnahme, in einigen Fällen keine, in anderen
aber völlige Ausheiterung. Alle Fälle sind von Niederschlag begleitet. Der 1. Tag bringt von 11 Fällen
8mal Regen (1 Gewitter), der 2. Tag lOmal Regen (1 Gewitter). Deutlich tritt hervor, wie der Kälteein
bruch jedesmal Schneefall hervorruft, nur im warmen Oktober fällt noch Regen. Auch der Nachtag
bringt in 7 von 11 Fällen Niederschlag und zwar, bis auf den Oktober-Fall, Schnee. In 3 Fällen graupelt
es bei der Erkaltung. Der Bodenwind zeigt in allen Fällen vor dem Kälteeinbruch südliche Winde,
z. T. frisch (8—12 mps.), z. T. schwach (windstill), mit dem Tage des Temperatursturzes durchweg
frische, teils starke böige nördliche Winde, die oft,wenn auch abgeschwächt, am 4. Tage anhalten.
Als Gesamtergebnis erhalten wir demnach, daß mit der Erkaltung parallel gehen An starker
Anstieg des Barometers, geringe Zunahme der relativen Feuchtigkeit, starke Bewölkung wie am Tage
vorher, Verwandlung des am Vortage herrschenden Regens in Schnee (Graupeln), Umspringen der z. T.
starken südlichen Winde in meist stärkere nördliche. Die Größe und Änderung aller dieser Faktoren
kommt in den Tagesmitteln abgeschwächt zum Ausdruck. Die nähere Durchsicht der einzelnen Termin
werte und der Diagramme zeigt die Sprünge wesentlich schärfer.
Auch in Hudova und Drama wurden die typischen Witterungserscheinungen mit großer Regel
mäßigkeit ausgelöst. Sie lassen darauf schließen, daß die raschen starken Erkaltungen nicht die Folge eines
Ausstrahlungseffektes sind, denn dann mußte am Tage der Abkühlung heiterer Himmel und Wind
stille vorherrschen, sondern daß Umwälzungen in der Luftdruckverteilung und Advektion kalter nörd-
J ) Meteor»! Zeitschr. 1918 S. 132.