E. lv u li 1 b r o <11: Klimatologie und Meteorologie von Mazedonien
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I. Geographische Uebersieht,
Mazedonien, im Altertum eins der bekanntesten Kulturländer, gehört heute zu den am wenigsten
* durchforschten Gebieten Europas. Es gibt oder gab bis vor dem Weltkriege im mazedonischen Bergland
Gegenden, die noch gar nicht von „europäischen“ Reisenden betreten wurden und eine terra incognita
darstellten. 1 ) Während des Krieges — der mazedonische Kriegsschauplatz bestand fast drei Jahre —
wurde das Interesse für das fast in Vergessenheit geratene Land neu geweckt. Viele Lücken in unserer
Kenntnis des mazedonischen Landes, welches sonst nur unter größeren Schwierigkeiten zugänglich war,
wurden jetzt ausgefüllt.
Die Grenzen Mazedoniens sind nicht feststehend. Im allgemeinen versteht man unter dieser
Landschaft den Teil des zentralen Gebietes der Balkanhalbinsel, welcher zwischen den Breitengraden
40° und 42° und den Längengraden 20'A ° und 24A°
(östl. Greenwich) liegt (Fig. 1). Mazedonien um
faßt das Wardargebiet, reicht im Westen bis zu
den Dessaretischen Seen (Ochridasee) und den
albanischen Gebirgsketten, umfaßt im Süden den
Vi st ricabogen, erstreckt sich nach Osten bis zum
Mestastrom und hat zur Nordgrenze den Sardagh
und die Wasserscheide zwischen Wardar- und
Moravagebiet. Das Land fällt zum Ägäischen Meere
hin ab, welchem seine Flüsse zufließen. Maze
donien hat eine außerordentlich mannigfaltige Ober
flächengestaltung. Die Kampania, die Küstenebene
am Golf von Saloniki, bildet den zentralen Teil.
Sie wird umfaßt von einem stark gebirgigen
Hinterland. Die Gebirge im Westen gehören zu dem
mächtigen Dinarischen Gebirgssystem, welches die
Balkanhalbinsel in ihrer ganzen Längsausdehnung von Nordwest nach Südost durchstreicht. Diese
Streichrichtung ist von klimatischer Bedeutung. Das serbische Moravatal und anschließend das Wardar-
tal bilden eine nordsüdliche Talflucht. Der mittere und östliche Teil Mazedoniens stellt den Übergang
dar zwischen den Dinarischen Falten und dem Rhodopemassiv. Das Bergland zerfällt hier in ein Gewirr
von Gebirgsstöcken und eingesenkten Ebenen. Der große Formenreichtum spiegelt sich in den
klimatischen Verhältnissen im einzelnen wieder.
Es ist von Wichtigkeit, sich die allgemeine Lage der Balkanhalbinsel zu vergegenwärtigen. Sie
wird im Westen vom Adriatischen, im Süden vom Jonischen und Ägäischen, im Osten vom Schwarzen
Meer umspült. Es besteht eine starke Durchdringung von Wasser und Land. Durch die verhältnis
mäßig große Breite der südosteuropäischen Halbinsel stößt der europäische Rumpf hier am meisten
nach Süden und in das Mittelmeer. vor. Während Italien und Spanien durch hohe Bergketten vom
Kontinent abgesperrt sind, befindet sich nördlich der Balkanhalbinsel keine solche Trennungslinie.
Die geographischen Bedingungen unseres Gebietes sind von ausschlaggebender Bedeutung für die Ge
staltung der klimatischen Verhältnisse. Das Klima Mazedoniens wird dem Übergangscharakter des
Landes, welcher hier besonders zum Ausdruck kommt, angepaßt sein.
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Kig. 1. Mazedonien.
') Vergl. N. Krebs und Kr. Ui-.iun: Die Kriegsschauplätze auf der Balkanlialbinsel, Leipzig 1916.