Dr Carl Sclioy: Arabische Gnomonik.
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Tafeln in ihrer Gesamtheit nicht erhalten. Caussin hat die ersten Kapitel des Leydener Manuskripts
übersetzt und die folgenden — es sind im ganzen 81 — nach Möglichkeit im Inhaltsverzeichnis aufgeführt. 1 )
Eine zusammenhängende Darstellung der Astronomie des Ihn Junis hat J. J. Sédillot für Delambre
geliefert, der in seiner Histoire de 1’astronomie du moyen äge davon Gebrauch machte, (pag. 76—156) aber
gerade für die Gnomonik sehr wichtige Kapitel (z. B. XXVII: Trouver la liauteur des heures marquees sur
le cadran) fehlen im Manuskript von Ihn Schátir, welches Sédillot zur Verfügung stand. Soviel aber
zu ersehen ist, hat Ihn Junis bereits ausgedehnte Tabellen für die Schattenlängen zu den einzelnen Stunden,
sowie über die Schattenrichtungen (Azimute) erstellt. Seine vorzügliche Festsetzung des Asr an der Verti
kaluhr wird uns im VI. Kapitel noch ausführlich beschäftigen. Auch scheint Ihn Junis der erste
gewesen zu sein, welcher die Horizontaluhr in den Dienst der Polhöhenbestimmung ge
stellt hat. 2 )
Bereits seit Beginn des 8. Jahrhunderts hatten die Araber die Wissenschaft auch nach dem Occident
getragen, um ihr in Spanien und Marokko in Al-Zarqäli, Dschabir ibn Aflah (Geber) und Abul
Has san drei Gelehrte zu schenken, die sich den ostarabischen Astronomen würdig an die Seite stellen
können. Es ist jedoch nicht möglich, astronomische Leistungen der zwei ersten Gelehrten festzustellen, die
speziell für unser Thema in Betracht kämen. Um so überreicher ist die Fülle der gnomonischen Berech
nungen, Konstruktionen von Sonnenuhren und anderen astronomischen Instrumenten, mit denen uns Abul
Hassan Ali von Marokko (+ ca. 1270 3 4 ) bekannt macht. 1 ) Es ist kaum anders möglich, als daß er eine
umfassende Literaturkenntnis besaß, die er sich auf seinen weiten Reisen durch Afrika und Spanien erwarb.
So zitiert er auch eine Reihe von Autoren als Al-Chwarizmi, Al-Battáni, Al-Fergáni, Abul Wefä,
Al-Birüni u. a. Daß er auf ihren Schultern steht, ist klar, allein ich kann nach eingehender Prüfung der
Sachlage nicht anders, als ihn für den größten Astronomen der Westaraber zu erklären, durchaus nicht für
einen geschickten Kompilator, sondern einen Meister voller Originalität. Der große Marokkaner ist der letzte
namhafte Gnomoniker der Araber, und wir können mit ihm zur eigentlichen Behandlung der Materie über
gehen, die ohne sein Werk nicht denkbar und durch dasselbe fast ausschließlich gegeben ist. Möge sie
zeigen, daß ich mit den eben ausgesprochenen Worten nicht zu viel behauptet habe.
') Notices et Extraits des manuscrits de la bibliotli. nation. VII, pag. IG—240.
^ Vgl. C. Schoy: Die geschichtliche Entwicklung der Polhöhenbestimmungen bei den älteren Völkern, S-Alten-
burg, 1911, pag. 19.
3 ) In dem Artikel des F. A. Brockhaus’schen Konversationslexikons (neueste Auflage) Abul Hassan habe ich
versucht, die Lebenszeit dieses noch so wenig gekannten Gelehrten etwas näher zu bestimmen.
4 ) Traité des instruments astronomiques des Arabes composé au treizième siècle par Aboul Hhassan Ali de Maroc,
par J. J. Sédillot; Paris, 1S34, 2 Tomes.