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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1913 Kr. 1
wir vermissen sowohl eine durchsichtige Ableitung als auch — was in diesem Fall nicht unwesentlich ist
— eine anschauliche Zeichnung. Wir wollen deshalb im
z folgenden eine neue Theorie der Vertikaluhren vortragen,
die von den angedeuteten Mängeln frei ist. Voraussetzung
ist für uns dabei, daß der Zeiger senkrecht auf dem Ziffer
blatt steht, da wir ja eine arabische. Gnomonik schreiben.
In allen anderen Werken ist solche Voraussetzung nicht
a) Die Abbildung
des Himmels-
aequators auf
dem Zifferblatt.
gemacht.
Zuerst entwickeln wir die Theorie des Déclinants,
aus der sich dann die Formeln für die Vertikaluhren über
den Kardinalrichtungen sehr einfach ergeben. Wir beziehen
uns dabei auf die sehr anschauliche Figur 9, welche Herr
Geheimrat Martus in Halensee vor 2 Jahren für den Ver
fasser zeichnete. 1 )
Das Zifferblatt dieser Uhr ist in der Ebene D Z D' Z'
enthalten, welche von der Aequinoctiale um den Winkel «
abweicht. Der Gnomon JM ist horizontal nach dem Punkte
G gerichtet. (<$[ SM G = «). Die Schnittlinie des Horizontes
mit dem Déclinant ist JJ D\ über ihr steigt der Durchschnitt
mit der Aequatorebene FF' ostwärts an zu der Höhe h,
welche sich aus dem rechtwinkligen sphärischen Dreieck F D 0 mittels der Formel
tang h = sin « . cot g <p I)
findet. Das nach Süden gewandte Zifferblatt dieser Sonnenuhr wird von der Sonne beschienen erst t Stun-
vor dem Mittagsaugenblicke
den
Sinussatz zu
(* =
Diese Zeit t ergibt sich aus dem Dreieck PZF durch den
sin s = cos a. cos h II)
Um diese Zeit läuft der Schatten des Zeigers MJ = q auf MF' hin ins Unendliche. Wenn die Sonne
das Azimut a hat, also in L steht, kommt der Strahl L M herab aus der Höhe h', die aus dem recht
winkligen sphärischen Dreieck L G W hervorgeht durch
tang h' — cos u, cotg <p III)
Der Schatten des Gnomong geht in diesem Augenblick senkrecht herab, also rechtwinklig gegen die Wage-
rechte JJ D' und wird
L M ist. Also ist
begrenzt von dein durch seine Spitze J gehenden Sonnenstrahl, welcher parallel
MJK = <£ LMJ = /t' (Wechselwinkel)
Daher die
Schattenlänge
MK = q . tang h' = q . cos a . cotg <p IV)
In der durch K parallel mit FF' gehenden Graden liegen zur Zeit der Aequinoctien die Endpunkte
aller Schatten, Soviel zur Ablotung des Himmelsaequators.
b) Abbildung Wir lösen jetzt die allgemeinere Aufgabe, die Schattenlinien des Zeigers für eine beliebige Stunde
e " ,e so b nnen b ' Sen bei beliebiger Sonnendeklination zu finden. Es seien also gegeben: s, d, <p und «; gesucht sind Schatten-
paraiieis. richtung und Schattenlänge, die der Stylus q auf der Uhrebene des Déclinants verzeichnet. Zuerst wollen
wir jedoch auch für diesen Fall Eintritt und Dauer der Besonnung eines solchen Zifferblattes berechnen.
Wenn das Azimut des Stylus = a ist, so hat die Uhrebene das Azimut «) = 90° — « (auf der Ostseite).
Die Sonne möge beim Stundenwinkel s dies Azimut erreichen. Dann ergibt sich s aus der Gleichung:
sin (p . cos s = cos (p . tang ô + sin s . cotg a\ V)
J ) Seit 9. September 1912 haben wir den Heimgang dieses ausgezeichneten Gelehrten zu beklagen.