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Full text: 34, 1911

Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1911, Nr. 2. 
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Viertes Kapitel. 
Die Polliölienfrage bei den Ostarabern. 
Wenden wir uns jetzt zu jenem Volke, welches vom 8. Jahrhundert ab die Führerrolle in der 
Mathematik und Astronomie übernahm. Wie ein glänzendes Meteor plötzlich am nächtlichen Himmel er 
scheint, so treten die Araber fast wie mit einem Schlage aus der Dunkelheit ihres Nomadenlebens auf 
den Plan der Wissenschaft, die sie unter 500jähriger liebevoller und eifriger Pflege auf erstaunliche Höhe 
brachten. „Daß ein Volk jahrhundertelang jedem Kultureinflusse von seiten seiner Nachbarvölker un 
zugänglich war, daß es selbst in jener ganzen Zeit keinen Einfluß üben konnte, daß es dann plötzlich 
seinen Glauben, seine Gesetze und mit diesen seine Sprache weiten Ländern aufzwang, ist für sich eine 
so regelwidrige Erscheinung, daß es wohl der Mühe lohnt, ihren Ursachen nachzuforschen, daß aber zu 
gleich mit ihr die Gewißheit gegeben ist, die plötzlich auftretende, anderen Entwicklungen ebenbürtige 
Geistesreife könne aus sich selbst unmöglich zustande gekommen sein.“ (M. Gant or, Vorlesungen usw., 
I. Bd., S. (393.) 
In erster Linie floß den Arabern die Wissenschaft aus griechischen Quellen zu. Besonders in 
Syrien, das in den ersten Jahrhunderten n. Ghr. eine vollständige griechische Kolonie war, lebte in den 
Akademien zu Antiochia, Emesa, Edessa und Damaskus der einstige wissenschaftliche griechische Geist 
fort, und auch in Persien fehlte es nicht an Beziehungen zu Griechenland. Als nun die Omaijaden 
Damaskus zur Residenz wählten, erwachte in ihnen, im Kontakt mit griechischer Bildung, das Bestreben, 
diese dem arabischen Volke durch Übersetzungen zugänglich zu machen. Die erste Tat in dieser Hinsicht 
war die Übertragung des Euklid und des Ptolemaeus (Almagest) 1 ), und wie sehr der ostarabische 
Astronom Al-Battäni noch unter Ptol emaci schein Einfluß stand, werden wir sofort sehen. 
Wie aber die indische Trigonometrie und Astronomie zu den Arabern kam, ist uns in einer Er 
zählung des arabischen Astronomen Ihn Al-Adami erhalten, wonach im Jahre 773 ein des „Sindhind“ 
sehr kundiger Mann zu dem Khalifen Al-Man sû r kam, der seine Kenntnisse angeblich aus den 
„Kardadjas“ * 2 3 ) hatte, von denen er einen Auszug besaß. Sofort befahl der Khalif dessen Übersetzung ins 
Arabische, eine Arbeit, welche Mohammed ben Ibrâhîm Al-Fazâri übertragen wurde. Heute wissen 
wir, daß der in der Erzählung erwähnte Sindhind nichts anderes war, als der Siddhänta Bralnnaguptas. 
Leider ist bis jetzt von der großen Menge arabischer Handschriften erst eine sehr spärliche Zahl 
in europäische Sprachen übersetzt, so daß eine lückenlose Darstellung der Entwicklung irgendeiner wissen 
schaftlichen Disziplin bei den Arabern nicht möglich ist. In vollständiger lateinischer Ausgabe besitzen 
wir das Buch: „Über die Bewegung der Sterne“ (De motu stellarmi!) des Astronomen 
1. Al-Battäni (Albategnius) :! ). 
Wir verdanken sie einem Gelehrten des 12. Jahrhunderts, Plato von Tivoli 4 ), besitzen aber seit 1903 
eine vorzüglich kommentierte Neuausgabe des Al-Battäni unter dem Titel Opus astronomicum von 
Nallino 5 ), welche an Klarheit die Übersetzung des der Mathematik wenig kundigen Plato weit über 
trifft. Diese ist deshalb im folgenden ausgiebig benutzt. 
Zuerst begegnen wir im Opus astronomicum der PolhöhenbeStimmung der Zirkumpolar 
st er ne, und zwar unter den beiden Formen 
A j —- h 2 , , hi + h > 
<p =—g-— + h., und o= V) - . 
Es heißt darüber bei Nallino (a. a. 0. Kap. VI, S. 15): „Wenn du einen Stern beobachtest, der 
in einem Kreise am Hirnme 1 heruingcführt wird, welcher seinen Mittelpunkt im 
r ) Wohl entstanden aus dem arabischen Artikel al und dein Superlativ von p.lya;: tsro«. 
2 ) D. i. Sinustafeln. 
3 ) I). i. Mann aus Battau in Syrien. 
Uns lag vor die von Regiomontan kommentierte Ausgabe mit einem Vorwort von Melanehthon: De Scieutia 
Stellarum, Nürnberg 1537. 
B ) Publikation der Sternwarte der Brera zu Mailand.
	        
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