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Full text: 34, 1911

Nr. 2. 
Die geschichtliche Entwicklung der Polliöhenbestimnnmgen 
bei den älteren Völkern. 
(Mit einer Tafel.) 
Einleitung. 
In seinen „Beiträgen zur Nautischen Astronomie“ (Rechnerische Behandlung einiger Gruppen 
theoretisch möglicher Fälle der Polhöhenbestimmung) („Aus dem Archiv der Deutschen Seewarto“, 1910, 
Nr. 1) hatte der Verfasser (S. 19) angekündigt, eine spezielle Studie darüber anzustellen, wie in der prak 
tischen Astronomie und Nautik die Ortsbestimmung sich im Laufe der Zeiten entwickelt hat. Diese Ab 
sicht hat er in der vorliegenden Arbeit zum Teil verwirklicht durch Darstellung der verschiedenartigen, 
oft nicht uninteressanten Methoden zur Ermittlung der Breite eines Ortes bei den Griechen, Indern 
und Arabern. Der ursprüngliche Plan, den Gegenstand bis in die neuesten Zeiten fortlaufend zu behandeln, 
erschien bei der Fülle des Materials auf einen Wurf nicht durchführbar; auch spx-icht eine unausbleibliche, 
durch das Thema selbst bedingte Heterogeneität des Inhalts für seine Zweiteilung, und so soll die zweite, 
viel umfangreichere Hälfte in einem späteren Abschnitt behandelt werden. Außerdem ergibt sich auch 
bei Vorführung der zahlreichen konstruktiv-gnomonischen Verfahren des Spätarabers Abul Hassan von 
Marokko (f ca. 1250) inhaltlich wie formell eine deutliche Cäsur. 
Daß die Arbeit dieselben Schwierigkeiten verursachte, auf die sich der historische Forscher in 
den älteren Zeiten bei der nur lückenhaft erhaltenen und oft schwer zugänglichen Literatur stets geführt 
sieht, war von vornherein zu erwarten. Außereuropäischer Sprachen nicht mächtig, war der Verfasser auf 
die leider noch sehr spärlichen Übersetzungen indischer und arabischer Handschriften an 
gewiesen. Da unseres Wissens bis jetzt noch kein Versuch einer Darstellung der Geschichte der Breiten 
bestimmungen vorliegt, so stellt die Arbeit vollständiges Neuland dar, und wir haben den Mangel an jeg 
licher Vorarbeit oft genug dadurch empfunden, daß wir eine sehr große Zahl von Schriften, die für unser 
Thema etwas Wertvolles zu enthalten schienen, vergeblich durchblätterten. Hätten wir uns nicht der 
brieflichen Unterstützung bekannter Fachmänner in so reichlichem Maße zu erfreuen gehabt, wäre uns 
selbst diese in allen Teilen noch mangelhafte und unvollständige Durchführung der Arbeit unmöglich ge 
worden. Wir erwähnen gerne und dankbarst der Aufklärungen des Herrn Geheimrats M. Cantor (Heidel 
berg), des Herrn Geheimrats S. Günther (München), des Hochwürdigen Herrn Paters Professor F. X. Kugler 
(Valkenburg in Holland), des Herrn Geh. Regierungsrats Professor H. Martus (Halensee), des Herrn 
Professors H. Suter (Zürich) und des Herrn Professors E. Wiedemann (Erlangen). Während er den 
beiden letztgenannten Herren zahlreiche Literaturangaben der arabischen Zeit verdankt, hat ihn aber in 
erster Linie Herr Geheimrat Günther, dessen Anregung das Entstehen der Arbeit zuzuschreiben ist, 
sowohl mit seinem reichen Wissen als auch durch Beibringung von Literatur vielfach unterstützt. In 
dieser Hinsicht leisteten ihm auch die Herren Dr. A. Wedemeyer (Berlin) und Professor A. Wolf er, 
Direktor der Sternwarte (Zürich), die dankenswertesten Dienste, die er bei seiner großen Entfernung von 
bedeutenden Bibliotheken, welche vorwiegend in Frage kamen, besonders zu schätzen weiß. 
Wir haben es grundsätzlich vermieden, in den Text Vermutungen und problematische Darstellungen 
einzubeziehen. Wir begnügen uns damit, an dieser Stelle zu erwähnen, daß die Babylonier und 
Chaldäer nach den Aufhellungen durch Pater F. X. Kugler eine ganz entwickelte Sternkunde gehabt haben 
müssen. Nach einer gütigen brieflichen Mitteilung Herrn P. Kuglcrs an den Verfasser läßt sich für 
Babel ein Maximaltag von 14 1 » 24'" aus babylonischen Tafeln nacliweisen. Seine Dauer ist wohl un 
mittelbar durch Beobachtung (mit einer Wasseruhr) bestimmt worden. Daß man in Babel die bei den 
Indern befolgte Methode der Polhohenbestimmung angewandt habe, ist nach Kugler a priori wahr 
scheinlich, aber aus keiner der ihm zugänglichen Tafeln zu erweisen. 
Essen (Ruhr), im September 1910. 
C. Sehoy. 
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