52 Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1911, Nr. S.
l'ierersehe Mofbnolnlruckerei Stephan Geibel & Co. in Allonlmrg,
Einen guten Überblick über die mittlere Änderung der relativen Feuchtigkeit vom Erdboden bis
3000 m geben die vorstehenden fsoplethendarstelliingcn. Sie sind in der Weise zustande gekommen, daß
der berechnete mittlere Gradient pro 500 m (in Prozenten) für die Mitte der 500-m-Schichtcn eingetragen
und danach die Linien gleicher Änderung gezogen wurden.
Ausgehend von den am Erdboden bestimmten mittleren Werten der Feuchtigkeit (zu Beginn der
Aufstiege) wurden die Gebiete der Zunahme durch Schraffur hervorgehoben. Die erste Darstellung nach
Monaten zeigt deutlich die für die warme Jahreshälfte charakteristische Zunahme der Feuchtigkeit nach
oben, die aber durchweg schon unterhalb 1000 in in Abnahme aberzugehen beginnt. Deutlich markiert
ist ein Gebiet stärkster Abnahme zwischen 1500 und 2000 m um den November herum, eine ausgeprägte
Begleiterscheinung der für diese Zeit typischen großen Inversionen.
Die weiteren Isoplcthendarstellungen lassen erkennen, wie sich das oben betrachtete Bild der
mittleren Verteilung der Feuchtigkeitsgradienten zusannnensetzt aus den Anteilen, die sich bei verschiedenen
Windrichtungen ergaben. Die jahreszeitliche Verteilung tritt hier deutlicher hervor durch Zusammen
fassung der Monate zu Jahreszeiten. Die Unterschiede bei den fünf Windgruppen sind beträchtlich und
ergeben merkwürdige Einzelheiten.
Bemerkenswert ist vor allem, daß bei SE-Winden die liier ziemlich hoch hinaufreichende Zunahme
der Feuchtigkeit auf den Sommer beschränkt ist, dafür aber oberhalb 2000 m fast allgemein kräftige Zunahme
cintritt. Diese Zunahme der Feuchtigkeit in den obersten hier untersuchten Schichten findet sich hei
NE-Winden im wesentlichen nur im Sommer, bei NW-Winden fast gar nicht, bei SW erst von 2500 m an,
und zwar bei Winden aus WSW—W lediglich im Frühjahr.
Allen Windrichtungen gemeinsam ist die kräftig ausgebildete Zone größter Feuchtigkeitsabnalime
um 1500 m herum im Herbst, und Winter. Ob aber die teilweise unterhalb 3000 m auftretende neue
Zunahme der Feuchtigkeit wirklich normal ist, steht hei der zu geringen Zahl der Aufstiege dahin. Die
Berliner Reihe zeigt wenigstens bis 3500 m kein Anzeichen davon.
Die allgemeine starke Abnahme der mittleren relativen Feuchtigkeit mit wachsender Höhe oberhalb
1000 m ist eine höchst merkwürdige Erscheinung, da sie doch mit einer beträchtlichen Abnahme der
Temperatur verbunden ist. Es sinkt also die wirkliche Dampfspannung erheblich rascher mit wachsender
Höhe als das mögliche Spannungsmaximuni des Wasserdampfs. Ob das schnellere Fallen kalter Tropfen
und Eisteilchen (Graupeln usw.) in der dünneren Luft dieser Höhen, verglichen mit den Schichten am
Erdboden, die häufigere Anwesenheit von Eis resp. Schnee und der kleinere Krümmungsradius der Wasser
tröpfchen an dieser Erscheinung einen Anteil haben, müssen wir unentschieden lassen. Daß die Anwesenheit
solcher Objekte die relative Feuchtigkeit herabsetzt, steht außer Zweifel 1 ); ob sie aber zur Erklärung von
deren durchschnittlicher Abnahme nach oben zu ausreicht, bleibt zu beweisen.
') Vgl. A. Wegener, Thermodynamik der Atmosphäre, 8.271 277.
I iihalt.
Einleitung. 8. 3. — Tageszeit. 8. 3. — Die mittleren Temperaturgrn dienten. S. 9. — Die Veränderlichkeit der
Temperaturgradienten. 8. ly. - Die mittleren Temperaturen nach Höhenstufen. 8. 21.
Die Inversionen. 1. Jahreszeit, Intensität, Höhe, Mächtigkeit und Temperaturgradient. 8. 23. — 2. Häufigkeit
und Intensität nach Itöhenschichten und Windrichtung. S. 28. — 3. Zusammensetzung der wirklichen Temperaturverteilung
aus der Tendenz zur Erhaltung der potentiellen Temperatur und den Inversionen. S. 35. — 4. Beziehungen der Temperatur
inversionen zu Luftfeuchtigkeit und Bewölkung. 8. 42. •— 5. Entstehung der vertikalen Temperaturverteilung. Entwicklung
der Inversionen. Charakteristik der verschiedenen Höhenschichten. 8. 45.
Anhang. Die mittlere Verteilung der relativen Feuchtigkeit, 8. 49.