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Full text: 34, 1911

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1911, Nr. 5. 
Nur im Juni und Juli kommen größere Abweichungen von diesem allgemeinen Verlauf vor. In 
diesen Monaten liegt die Schicht größter Veränderlichkeit oberhalb 500 m entsprechend dem selteneren 
Auftreten von Inversionen in der Nähe des Erdbodens und öfterer Bildung von Störungsschichten erst in 
größerer Höhe. Erhebliche Unterschiede ergeben sich zwischen Frühling und Sommer einerseits, Herbst 
und Winter andererseits. Die besonders in der Nähe des Erdbodens im Herbst und Winter typisch 
auftretenden großen Umkehrschichten müssen auch hier für die starke Veränderlichkeit des Gradienten 
verantwortlich gemacht werden. 
Oberhalb 2000 m findet in den Unterschieden der Jahreszeiten ein Ausgleich statt. Die 
Veränderlichkeit ist in dieser Höhe im Herbst und Winter sogar noch etwas geringer als im Frühling 
und Sommer. 
Die recht bedeutende Abnahme der Veränderlichkeit des Gradienten mit der Höhe hat eine schätzenswerte 
praktische Bedeutung. Es ist ein sehr unzuverlässiges Unternehmen, aus der am Erdboden beobachteten 
Temperatur auf die Zustände in höheren Schichten zu schließen. Gelingt es aber, aus den unteren 
Schichten bis etwa 1500 oder 2000 m genaue Kenntnis zu erhalten, so würde eine Extrapolation über 
diese Höhe hinaus, unter Berücksichtigung der für die Jahreszeiten und eventuell auch der für die Wind 
richtungen abgeleiteten Mittelwerte, brauchbare Daten geben, die zur eingehenden Untersuchung von 
Einzelphänomenen und zur synoptischen Vergleichung höherer Schichten von hohem Werte sein können. 
Nach den Ergebnissen der Registrierballonaufstiege herrscht in den Höhen von 3000—7000 m fast stets 
dieselbe verstärkte Temperaturabnahme von 0.5° bis 0.8°, bis dann in 7—12 km Höhe die bekannte obere 
Inversion erreicht wird. Für die täglichen Aufstiege haben also die Höhen unterhalb 3000 m viel größere 
Wichtigkeit als diejenigen zwischen drei und sechs km Höhe. 
Außer der Kenntnis der mittleren Veränderlichkeit des Temperaturgradienten wollen wir nun auch 
Gewißheit darüber haben, welche Abweichungen überhaupt möglich, und wie oft sie zu erwarten sind. 
Um hierüber Klarheit zu schaffen, wurden die Abweichungen, welche die jeweiligen Gradienten von ihrem 
monatlichen Mittelwerte ergeben, nach Schwellenwerten geordnet und ausgezählt. Der Bequemlichkeit 
wegen sind hierbei nicht die bisher zur Darstellung gelangten Gradienten pro 100 m benutzt, sondern die 
Differenzen gegen die für die 500 m-Stufen gültigen mittleren Gradienten gebildet. Das -f Zeichen bedeutet 
dabei, daß die Temperaturabnahme nach oben stärker als normal ist, das —Zeichen, daß sie schwächer ist 
oder in eine Temperaturzunahme (Inversion) übergeht. Ferner sind die Summen gleich in Jahreszeiten 
zusammengefaßt. Die wenigen Fälle, in denen die beobachteten Gradienten mit dem Mittelwerte überein 
stimmten, also die Abweichungen den Betrag 0,0 ergaben, wurden prozentual den Stufen + oder — 0,0 bis 1,0 
zugeschrieben. 
Die in Tab. 12 enthaltenen Zahlen lehren zunächst, daß überall die negativen Abweichungen weit größere 
Beträge erreichen als die positiven; — begreiflicherweise, da die positiven eine Verstärkung des Temperatur 
gefälles nach oben und einen bald labil werdenden Zustand bedeuten. In allen Höhen liegen infolgedessen 
die am häufigsten eintretenden wirklichen Werte auf der Seite der positiven Abweichungen. Der sogenannte 
Scheitelwert ist also durchweg größer als der Normalbetrag des Gradienten und liegt hier überall in der 
Gruppe der Werte, die um +0,0° bis 1,0° von der für die 500 m-Stufen normalen Temperaturabnahme 
abweichen. Die Tabelle zeigt aber auch deutlich, wie wenig die Bestimmung eines mittleren Temperatur 
gradienten unter den strengen Begriff des arithmetischen Mittels fällt. Er stellt deshalb keine Natur- 
konstante dar, die bei der Vermehrung der Beobachtungen einem festen Werte zustrebt, ist vielmehr 
lediglich ein rechnerischer Ausdruck. Eine Anwendung der auf das arithmetische Mittel bezüglichen Sätze 
wäre nicht zulässig. So würde die Berechnung eines wahrscheinlichen Fehlers beziehungsweise der wahr 
scheinlichen Abweichung nicht durchführbar sein und zu illusorischen Resultaten führen. 
Wesentlich anders läge der Sachverhalt, wenn es sich um eine Untersuchung über den mittleren 
Gradienten in solchen Schichten handelte, die nicht mit Störungsschichten durchsetzt wären, oder wenn 
man der Untersuchung dadurch einen anderen Charakter gäbe, daß man beide Phänomene getrennt behandelte, 
was bisher allerdings kaum geschehen ist. 
Die in den erdnahen Schichten so häufig auftretenden Inversionsbildungen geben naturgemäß den 
Anlaß zu den in der Tabelle stark hervortretenden großen negativen Abweichungen in geringen Höhen, 
insbesondere im Herbst und Winter. In höheren Schichten, wo die Inversionsbildungen geringer werden 
und insbesondere Inversionen von bedeutender Intensität nicht mehr Vorkommen, verschwinden die großen
	        
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