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Full text: 34, 1911

10 Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1911, Nr. 5. 
zum Ausdruck gebracht worden. In dieser sind der Deutlichkeit wegen die Gebiete, in denen der 
Gradient den mittleren Betrag von 0.5° pro 100 m überschreitet, schraffiert wiedergegeben. 
Im Jahresdurchschnitt gleichen sich oberhalb 1000 m die Unterschiede in den Jahreszeiten derartig 
aus, daß hier in Übereinstimmung mit allen andern bekannt gewordenen Untersuchungen der mittlere 
Wert des Temperaturgradienten von 0.5° pro 100 m als feststehend und auch für ausgedehnte Gebiete gültig 
betrachtetet werden darf. Die Werte unterhalb 1000 m lassen sich schlecht vergleichen, weil bis zu dieser 
Höhe die tägliche Periode wirksam ist und jo nach der Aufstiegzeit beträchtlich verschiedene Zahlen 
resultieren. Solange nicht die Frage der täglichen Periode einwandfreier als jetzt gelöst ist, dürften 
deshalb auch die Erörterungen über die Richtigkeit des v. Bezoldschen Satzes über den abkülilcnden 
Einfluß der Erdoberfläche keine genügende Unterlage haben. Eine Entscheidung hierüber wäre freilich 
aufs höclite erwünscht und für die Erkenntnis des Energiehaushalts der Atmosphäre von größter Be 
deutung. Da das Ergebnis je nach der geographischen Lage des Beobachtungsortes ein verschiedenes 
sein dürfte, könnte durch eine zahlenmäßige, exakte Fassung des umstrittenen Satzes ein neuer 
und vielleicht fruchtbarer klimatischer Faktor erhalten werden. Eine eingehende Untersuchung der 
täglichen Periode in der freien Atmosphäre unter gebührender Berücksichtigung der Nachtstunden und 
womöglich auch der verschiedenen Wetterlagen wäre dann ein aerologisclics Problem, dessen Lösung außer 
ordentlich dankenswert wäre. Das Material dafür läßt sich freilich bis jetzt fast nur den Aufzeichnungen 
vom Eiffelturm entnehmen. 
In einer Abhandlung über die Schichtung der Atmosphäre (Beiträge zur Physik der freien Atmosphäre 
Bd. III) hat A. Wegener die Ansicht vertreten, daß die Inversionen gewisse Höhenlagen bevorzugten und 
sich eine solche Erscheinung auch im mittleren Verlaufe nicht nur der Temperaturgradienten, sondern auch 
der relativen Feuchtigkeit, der Windgeschwindigkeit und der Windänderung zu erkennen geben müßte. 
In der vorliegenden Tabelle finden sich nur Andeutungen in dieser Richtung. Die hierauf bezüglichen 
Erscheinungen sollen aber erst nach Erörterung der Inversionen im Zusammenhänge erörtert werden. 
Nachdem wir in großen Zügen den Verlauf des mittleren Temperaturgradienten kennen gelernt haben, 
wenden wir uns dem nach Windrichtungen gesonderten Material zu. Schon in den Monatsmitteln findet sich 
manches interessante Detail vor, so die Tatsache, daß negative Gradienten bis 500 m nur in den Mittelwerten 
des November und Dezember bei SE-Winden auftreten, ferner aber zwischen 500 und 1000 m in den 
benachbarten Monaten Januar und Oktober, ebenfalls bei SE-Winden. Die am meisten stabile Schichtung 
bis zu 1500 m hinauf hat unzweifelhaft bei Winden aus demselben Quadranten der November mit seinem 
auffallend mächtigen und intensiven Inversionserscheinungen. 
In Anbetracht der vielfach noch ungenügenden Zahl der Beobachtungen (die Mittelwerte, denen 
weniger als 5 Messungen zugrunde liegen, sind in der Tabelle eingeklammert) soll im folgenden auf eine 
weitere Diskussion der Monatsmittel verzichtet und die Erörterung in der Hauptsache auf den jahres 
zeitlichen Verlauf des Gradienten bei den verschiedenen Windrichtungen beschränkt werden. 
Bemerkenswert ist zunächst im bodennächsten Intervall die Verschiedenheit der Temperaturabnahme 
bei nördlichen und südlichen Winden. Nicht nur die Jahreszeitenmittel, sondern auch fast sämtliche Monats 
mittel zeigen ein deutliches Überwiegen des Gradienten bei nördlichen Winden über die Temperaturabnahmc 
bei Winden mit südlicher Komponente, ein Unterschied, der sich bei der meist üblichen Vergleichung 
östlicher und westlicher Winde leicht der Beachtung entziehen kann. Da sich die Erscheinung nur im untersten 
Intervall zeigt, sind offenbar die südlichen Winde dem Auftreten von Bodeninversionen und solchen 
Umkehrschichten, die sich aus diesen entwickelt haben oder ihnen nahe verwandt sind, besonders günstig. 
Der Schluß liegt nahe, daß die Bodeninversionen wenigstens zum Teil dem in der Höhe früher und 
stärker auftretenden Transport warmer Luftmassen ihre Entstehung verdanken. 
Bereits oberhalb 500 m ist der Gegensatz zwischen Winden nördlicher und südlicher Herkunft 
verschwunden, statt dessen zeigt sich in den Schichten zwischen 500 und 1500 m der stärkere Gradient 
deutlich bei Westwinden gegenüber den Ostwinden, offenbar eine Folge der in diesen Schichten so häufigen 
mächtigen Inversionserscheinungen. In noch größeren Höhen verschwinden die Unterschiede mehr und 
mehr; es nimmt eben neben dem Einfluß der Jahreszeiten auch der der Windrichtung mehr und mehr ab 
und der Gradient weicht zwischen 2000 und 2500 m von dem allgemeinen Durchschnittswert 0.50 nur noch 
um ganz geringe Beträge ab. Im obersten Intervall zeigt sich indessen eine merkliche Verstärkung des
	        
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