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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1911, Nr. 1.
differenz mit der graphischen Psychrometertafel II von Aselmann 1 ), die in ihrer Handhabung äußerst
einfach ist, abgelesen.
Zur Messung der Niederschläge diente ein kardanisch aufgehängter Regenmesser, der gleichfalls auf
dem Achterdeck etwa 1,5 m vom Verdunstungsmesser entfernt stand (Fig. 1, Tafel II). Staubregen in
nicht meßbarem Betrage sind durch 0,0 bezeichnet.
Die Sonnenscheindauer wurde auf halbe Stunden abgerundet geschätzt. Es ist darunter die Zeit
verstanden, während der die Sonne das Verdunstungsgefäß wirklich beschicn, da ja gelegentlich die
Besansegel das Gefäß beschatteten. Die Genauigkeit genügt, da man tagsüber ständig an Deck weilt, und
das Gefäß, wenn auch von mittschiffs aus, beobachtet.
Für die Windmessung kommt nicht der auf dem Meere wirklich herrschende Wind, sondern der am
Gefäß wirkende in Betracht. Anemometermessungen am Gefäß sind also direkt verwendbar.
Einen Unterschied müssen wir aber beachten. Der Wind, den wir an Bord direkt messen, ist der die
Verdunstung in unserem Gefäß beeinflussende Wind, der sehr verschieden sein kann von dem für die
Verdunstung an der Meeresoberfläche in dem Augenblick in Betracht kommenden. Besonders stark kann
der Unterschied bei Dampfern sein, die ihren Kurs unabhängig von Wind und Wetter absetzen. Auf der
Fahrt Santos—Lissabon mit dem Postdampfer „Rio Negro“ war der Nordostpassat fast stürmisch ent
wickelt. Es herrschte Stärke 6—7, d. h. die Windgeschwindigkeit war rund 12 m pro Sekunde.
Die Fahrt des Dampfers betrug 12 Seemeilen in der Stunde, gleich 0 m pro Sekunde. Daraus
ergibt sich, je nachdem, ob gegen oder mit dem Wind gefahren wird, eine Abweichung des gemessenen
von dem wirklichen Wind von 50 °/o. Auf Dampfern darf in solchen Fällen also die beobachtete Ver
dunstung keinesfalls mit der wirklichen verglichen werden. Auf Seglern ist die Sachlage ungünstig nur
beim Laufen vor dem AVinde. Das ist aber verhältnismäßig selten; einnial, weil Windrichtung und Kurs
meist nicht gleichlaufen, und wenn es doch der Fall ist, so versucht der Kapitän durch Segeln mit raumem
Wind ein Vollstehen aller Segel zu erzielen. In der Mehrzahl aller Fälle wird, wenn wir vom Westwind
gebiet und eventuell vom Nordostpassat auf der Ausreise sowie vom Südost bei der Rückfahrt am Kap
der Guten Hoffnung absehen, im behandelten Gebiet beim Winde gesegelt. Bei seitlichem Wind ist aber
der erwähnte Unterschied gering und für die Verdunstungsuntersuchungen zu vernachlässigen. Es wurden
trotzdem stets die Windstärken auf dem Meere und am Gefäß notiert, und aus den Tabellen geht hervor,
daß nur geringe Differenzen vorhanden sind, die bei der Bildung der Mittelwerte fast verschwinden.
Anfangs wurden auch mit einem F u e ß sehen Anemometer am Verdunstungsgefäß Terminbeobachtungen
angestellt. Da das Instrument, das sich für größere Geschwindigkeiten als zu schwach erwies, bald ver
sagte, und ein noch vorhandener Horlaclier-Windmesser mit elektrischem Glockensignal, der zwei Personen
zur Bedienung erfordert, für dauernde Borduntersuchungen nicht geeignet ist, so mußte die Schätzung
der Windstärke nach Beaufort an Stelle der Messung treten. Es dürfte, wie eine einfache Überlegung
zeigt, die Schätzung für diese Verdunstungsuntersuchungen die geeignetere Art der Bestimmung sein. Die
Anemometerablesung ergibt Momentanwerte dreimal am Tage für wenige Minuten und einen daraus be
rechneten Durchschnittswert, der unter Umständen ein ganz falsches Bild zeigt, die Schätzung dagegen
schon Durchschnittswerte, die dann auch einen besseren Durchschnittswert für den ganzen Tag liefern.
Der Luftdruck wurde nicht notiert. Er wird alle vier Stunden von den Schiffsoffizieren in dem für
die Seewarte geführten meteorologischen Journal verzeichnet. Die Verdunstungsmessungen auf
der Rückreise, die der Erste Offizier H. Siemer ausführte, konnten natürlich nur in vereinfachter
Weise geschehen. Als Gefäß diente das 3-1-Gefäß, das um 8 Uhr morgens beschickt wurde. Um 6 Uhr
nachmittags wurden dann Wassertemperatur im Gefäß und etwaige Regenmenge gemessen, Sonnenschein
dauer notiert und durchschnittliche Windstärke auf dem Meere wie am Gefäß festgestellt. Ebenso
am nächsten Morgen um 8 Uhr beim Entleeren. Fortlaufend wurden ferner Änderungen der Wind
richtung und Stärke, Regenschauer, Nebel, Salzstaubführung der Luft usw. aufgezeichnet. Die Luft
temperatur wurde nur im Schiffsjournal für die Seewarte wie stets alle vier Stunden notiert, während
Feuchtigkeitsmessungen nicht gemacht werden konnten. Die Proben wurden in Flaschen von etwa
200 ccm Inhalt, verschlossen mit paraffinierten Korken, aufbewahrt und später von mir in Hamburg titriert.
In der Tabelle sind in der Reihe Lufttemperatur die Schiffsbeobachtungen um 8 a und 8 p nach dem
') \V. Koppen, Graphische Psychrometertafel. Ami. d. llydrogr. naw. 1908, s. 17Ö.