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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1910, Nr. 2.
Hieraus ergibt sich im besonderen die Veranlassung zu der Mannigfaltigkeit in der jährlichen Verteilung
des Niederschlages, die unser Gebiet auszeichnet.
Da nun die zeitliche Verteilung der Niederschläge in ihrer letzten Ursache von der jeweilig vor
herrschenden Verteilung des Luftdruckes abhängig ist, so haben wir auf dieses Moment zurückzugreifen
und ihm eine besondere Beachtung zu schenken I ).
Im Herbst und Winter liegt im Südwesten von Spanien über dem Atlantischen Ozean eine Region
hohen Luftdruckes mit dem Zentrum bei Madeira. Dieses Hochdruckgebiet dehnt sich einerseits nach der
Mitte des Ozeans aus und umfaßt andererseits auch noch Iberien und das stark abgekühlte Nordafrika.
Im Norden des Mittelmeergebietes liegt über Mitteleuropa ebenfalls eine Zone hohen Luftdruckes, und im
Osten befindet sich ein sehr ausgedehntes Maximum über Vorder- und Innerasien. Das Mittclmeergebiet
ist also rings von hohem Luftdruck umgeben. Da nun die Oberfläche des Mittelmeeres jetzt erheblich
wärmer als die umgebenden Landmassen ist, bildet das Mittelmecrbecken ein Gebiet niedrigen Luftdruckes,
das durch die vorspringenden Halbinseln in einzelne Teilmimina aufgelöst wird. Ein solches bildet sich
auch über dem nordwestlichen Becken des Mittelmeeres. Im Oktober sinkt liier der Luftdruck unter 701 mm,
während er auf der Iberischen Halbinsel über 762 mm beträgt. Im Nordwesten der Halbinsel bildet sich
sogar ein selbständiges Gebiet hohen Luftdruckes von 764 mm, von dem der Druck nach allen Seiten hin
abnimmt. Infolgedessen wehen in diesem Monate über der Iberischen Halbinsel veränderliche, aber vor
herrschend westliche, nordwestliche und südwestliche Winde, welche Niederschläge bringen. Hierin liegt
der Ursprung der das Innere der Halbinsel auszeichnenden Oktoberregen. Im November vertieft sich die baro
metrische Teildepression über dem Mittelvneer noch mehr und rückt weiter südwärts. Gleichzeitig steigt
aber infolge der Abkühlung des zentralen Tafellandes der Druck über der Iberischen Halbinsel, so daß diese
im Januar mit 766 mm Luftdruck ein eigenes Hochdruckgebiet bildet. Von diesem nimmt der Druck nach
dem Mittelmeere und nach Norden zu ab; es wehen also vornehmlich westliche, südwestliche und nord
westliche Winde, welche in den Küstengebieten reichliche Niederschläge bringen und somit diese Jahreszeit
hier zu einer ausgesprochenen Regenzeit gestalten. Im Gegensatz zu den Küstendistrikten zeichnet sich
das Innere der Halbinsel im Winter durch Trockenheit und Himmelsklarheit aus.
Die Auflockerung des winterlichen Hochdruckgebietes über der Iberischen Halbinsel beginnt bereits
im Februar. Der Luftdruck sinkt vom Februar zum März rasch, er bildet aber jetzt mit 762,5 bis 763 mm
das dominierende Maximum für ganz Mittel- und Südeuropa. Da sich ferner gegen den März hin die
Depression des westlichen Mittelmeerbeckens nach Norden verschoben und vertieft hat, tritt im Norden
der Halbinsel eine Zunahme der Niederschläge ein.
Im Mai sinkt der Luftdruck über dem Innern der Iberischen Halbinsel bis auf 762 mm. Infolge
der Erwärmung des zentralen Hochlandes stellen sich in diesem Monate, wie auch bereits im vorhergehenden,
über dem Innern aufsteigende Luftströme ein, die auf den Hochebenen die Veranlassung zur Bildung von
Niederschlägen geben. Daß diese Annahme richtig ist, beweist vor allem die jährliche Gewitterperiode
der auf dem zentralen Tafellande gelegenen Stationen 2 ): die Häufigkeit der Gewitterbildung wird im Mai
bereits eine so große, daß sie das sommerliche Maximum fast erreicht 3 ). Hierin liegt der Ursprung der
für die zentralen Landschaften typischen Frühlingsregen.
Im Sommer hat sich das subtropische Maximum der üstseite des nordatlantischen Ozeans nach
Norden verschoben; sein Zentrum liegt nunmehr bei den Azoren.
Gleichzeitig bildet sich jetzt über den stark erhitzten Landflächen von Nordafrika und Vorderasien
ein Gebiet niedrigen Luftdruckes aus. Der Drnck nimmt daher von dem subtropischen Maximum in süd
östlicher Richtung gegen die südöstliche Sahara ab, es herrschen somit nordwestliche und nördliche Winde
vor. Auf der Iberischen Halbinsel tritt nun infolge der fortschreitenden sommerlichen Erhitzung des
Innern eine weitere Luftauflockerung ein , so daß der Luftdruck bis auf 761 mm sinkt und die Halbinsel
] ) Litteratur: Toisserenc de Bort, L., Etude de la circulation atmosphérique sur les continents. Péninsule
ibérique. Annales du bureau central météorologique de France. Année 1879. Paris 1880, S. '21 ff. Hann, J., Die Ver
teilung des Luftdruckes über Mittel- und Südeuropa. Geographische Abhandlungen von A. Penck. Band II, Heft 2.
Wien 1887, p. 40. Philippson, A., Das Mittelmecrgebiet. Leipzig 1904, S. 9:1 ff.
2 ) Supan, A., Die Regenverteilung in Europa, Westasien und Nordafrika. Petermanns geogr. Mitteilungen.
36. Band. 1890. S. 297.
3 ) Wir werden auf diesen Punkt itn Abschnitt über die Gewitter zurückkommen.