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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1910, Nr. 2.
18. Die Häufigkeit des Schneefalles.
Neben dem Regen verdient unter den Formen des Niederschlages vor allem der Sc. nee eine
besondere Berücksichtigung.
Als Tag mit Schneefall gilt jeder Niederschlagstag, an welchem entweder Schnee allein oder Schnee
und Regen gefallen sind und die Quantität des Niederschlages nach dem Schmelzen des Schnees im Regen
messer eine Wasserhöhe von mindestens 0,1 mm ergeben hat. Ganz geringe Schneeniederschläge entziehen
sich der Wahrnehmung zwar weniger leicht als geringe Regenfälle, trotzdem aber bleibt die Notierung
der Schneehäufigkeit an den einzelnen meteorologischen Stationen von dem Malle der Aufmerksamkeit
abhängig, welche die Beobachter dem herrschenden Witterungscharakter zuzuwenden in der Lage sind.
In Anbetracht dieses Umstandes und angesichts der relativen Seltenheit der Schneefälle namentlich an
den Küstenstationen können die Ergebnisse der Untersuchung über die Häufigkeit des Sclineefallcs nicht
als vollständig verbürgt gelten, sie sind vielmehr nur als eine erste rohe Annäherung an die tatsächlichen
Verhältnisse zu betrachten.
Nach den Untersuchungen von Hans Fischer 1 ) reicht die Iberische Halbinsel nicht über die
Äquatorialgrenze des Schneefalles hinaus. Im äußersten Süden der Halbinsel, an der Süd-, Südost- und
Südwestküste stellen sich zwar höchst selten einmal Schneefälle ein, ihre Häufigkeit wird aber um so
größer, je weiter man in den Küstenlandschaften nach Norden fortwandert. Dennoch werden an den
Stationen des gesamten Küstenrandes nicht in jedem Winter Schneefälle notiert. Auf dem Iberischen
Tafellande dagegen kehrt der Schnee als regelmäßiger Gast in jedem Jahre wieder. Die rauhen Hoch
flächen Kastiliens bilden mit ihren Randgebirgen und der Pyrenäenkette ein zusammenhängendes Gebiet
des regelmäßigen Schneefalles, welches nach Süden bis 38 1 2 n. B. reicht, und dessen untere Grenze von
Norden (über 300 in) nach Süden (bis ca. 650 m) beträchtlich ansteigt.
In der Tabelle 36 (S. 60) bringen wir für eine Anzahl von Stationen mit langjährigen Beobachtungs
reihen des uns interessierenden Gebietes die mehrjährigen Mittelwerte der Schneehäufigkeit. Mit Hilfe
dieser mitgeteilten Mittelwerte gelingt es vor allem, ein Bild der geographischen Verteilung der Sclmce-
häufigkeit in Nordspanien und -Portugal in seinen Hauptzügen zu entwerfen. Die jährliche Anzahl der
Sehneetage eines Ortes ist abhängig von seiner Lage, und zwar wird ihre Zahl um so größer ausfallen,
je höher der Ort liegt, und je mehr er den Landwinden ausgesetzt ist, welche den Schnee mitbringen.
Daher erhalten die Flanken der Gebirge, welche den kalten Landwinden zugekehrt sind, häufiger und
reichlicheren Schneefall als die den Küsten zugewendeten Hänge. Letztere bilden die Luvseite für den
Regenfall, erstere für den Schneefall.
In dem allseitig von Gebirgsmauern umgebenen Becken der Altkastilisclien Hochebene, wo die
winterlichen kalten Luftströmungen sich frei entfalten können, nimmt die durchschnittliche jährliche Zahl
der Schneetage von seinem Herzen um Valladolid aus nach den Rändern hin zu. In der Mitte zählt man
im Durchschnitte rund 6 Schneetage jährlich. (Valladolid 6,0; Toro 4,2; Salamanea 8,0.) In dem östlich
sich anschließenden Teile erhöht sich die Zahl in La Vid bereits auf 14 und steigert sich in dem nördlich
des Duero gelegenen Teile in Palencia und Leon auf durchschnittlich 19 Tage. Am Südabhang des
Kantabrischen Gebirges werden in Ona im Mittel jährlich 17 Tage mit Schneefall notiert, und auf den
rauhen Hochflächen des östlichen Randgebirges zählt man in Bürgos durchschnittlich 18,7 jährliche Schnee
tage. Einen noch größeren Betrag erreicht ihre Anzahl auf den unwirtlichen Parameras von Soria, wo im
Jahresmittel auf 10,6 Schneetage zu rechnen ist. Daß die Ketten des Kastilischen Scheidegebirges die
Wahrscheinlichkeit des Schneefalles ganz bedeutend steigern, ist begreiflich. So erhält Segovia in 1005 m
Meereshöhe nicht weniger als 20,3 Schneetage jährlich, und die Station Avila, in einem Hochtale der
Sierra de Grcdos gelegen, weist 27 jährliche Schncetage aus. Das Ebrobecken ist durch das „östliche
Randgebirge“ vor dem Einbruch kalter westlicher Luftströmungen geschützt. Demgemäß weist Logrono
wieder erheblich weniger Schneetage auf (5,7), und ihre Zahl nimmt, je weiter man in das Becken hinab-
steigt, allmählich ab bis auf 2,1 Schneetage. (Zaragoza 2,1; Huesca 2,7; ßarbastro 2,2.)
Wenn kalte Landwinde das Hochland von Nordportugal und das galicisclie Bergland zu über
schreiten haben, so ist die Gelegenheit zur Bildung von Schneefällen in Verstärktem Maße gegeben. In
’) Hans Fischer, Die Aquatorialgrenze des Sehneefalls. Mitteilungen des Vereins für Erdkunde zu Leipzig. 1888.