Beiträge zur Klimntogrnphie von Norclspanien und -Portugal.
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angewendet. Die Ergebnisse dieser Rechnungen sind in Tabelle 2 zusammengostellt worden. Die dort
in der Kolonne „Jahr“ mitgeteilten Jahresmittel sind gebildet als Summe der einzelnen Monatsmittel. Der
Wert dieser Jahresmittel unterscheidet sich natürlich etwas von demjenigen, den man durch eine direkte
Reduktion der Gesamtjahrossummen erhalten würde. Doch wurde dem ersteren Wert der Vorzug gegeben,
weil er wegen der durch das häufige Fehlen einzelner Monatssummen an v erschiedenen Stationen bedingten
Unzuverläßigkeit der Jahressummen als der mit größerer Sicherheit bestimmte Wert anzusehen ist.
6. Mehrjährige Schwankungen der Niederschlagsmenge.
Die Frage nach den periodischen Klimaänderungen in historischer Zeit ist in entscheidendster Weise
durch die Untersuchungen Eduard Brückners 1 ) gefördert worden. Er hat festgostelJt, daß die meteoro
logischen Elemente zyklischen Schwankungen unterliegen, die sich auf der ganzen Erde gleichzeitig in einer
35jährigen Periode vollziehen. In welcher Weise Nordspanien und -Portugal von diesen, bezüglich ihrer
Ursache ganz rätselhaften Klimaänderungen betroffen werden, soll hier zunächst an den langandauernden,
rhythmischen Oszillationen der Niederschlagsmenge gezeigt werden, und zwar im Anschlüsse an die
erwähnten grundlegenden Untersuchungen Brückners.
Um von den absoluten, von Ort zu Ort verschiedenen Mengen der Jahrossummen des Niederschlages
unabhängig zu sein, stellt man die beobachteten Jahressummen jeder Station in Prozenten ihres Normal-
mittels dar. Um aus den so erhaltenen relativen Mengen zufällige Einflüsse auszuscheiden und Gesetz
mäßigkeiten besser hervortreten zu lassen, werden sie einer Ausgleichung unterzogen. Jedem Jahre wird
nämlich statt der beobachteten ihm angehörenden prozentischen Regensumme diejenige zugeschrieben,
welche sich als arithmetisches Mittel aus dieser, zusammengefaftt mit den beiden vorangehenden und den
zwei folgenden, ergibt. Da die normale Niederschlagsmenge mit 100 beziffert erscheint, so empfiehlt es
sich, statt der ausgeglichenen Prozente deren Differenzen gegenüber 100 abzuleiten. Diese zeichnen als
dann ein anschauliches Bild der Schwankungen von Jahr zu Jahr; denn sie lassen durch das Vorzeichen
sofort erkennen, ob der Regenfall über dem Normalwert ( + ) war oder unter demselben blieb (—). Auf
diese Weise wurde folgende Übersicht 22 der mehrjährigen Schwankungen des Niederschlages in dem uns
interessierenden Gebiete erhalten.
Nach den Untersuchungen Brückners greifen die regelmäßigen Klimaschwankungen in die zweite
Hälfte des 19. Jahrhunderts — welche allein in unserer Ausführung in Betracht kommt —- über die Land-
flächen der Erde folgendermaßen ein: Die Jahre 1841—1855 brachten durchschnittlich bei niedriger Tem
peratur zu reichlichen Regenfall, das Maximum ergab das Lustrum 1840—1850, hierauf hatte die warme
Jahresreihe 1850—1870 zu spärlichen Niederschlag mit dom Minimum von 1801—1805. Dann folgte wieder
Abkühlung und eine Zunahme des Regenfalles 1871—1885 mit dem Höchstbetrage um 1870—1880. Seitdem
gehen wir durchschnittlich warmen, trockenen Jahren entgegen. Das Minimum dürfte annähernd um die
Wende des Jahrhunderts eintroten. Die Hauptphasen dieser rhythmischen Änderungen koinzidicren nicht
genau auf allen Erdteilen; ihre Lage scheint Einflüssen zugänglich zu sein, welche nicht im Zusammen
hänge stehen mit den Ursachen der großen Schwankungen selbst. Dieses Verhalten widerspricht jedoch
nicht der Allgemeinheit und Gleichzeitigkeit der Schwankungen. Es gibt ja keine einzige periodische
Erscheinung in der Atmosphäre, die sich von Fall zu Fall mit mathematischer Exaktheit vollziehen würde.
An dem Vorhandensein einer Jahresperiode der Temperatur oder des Regenfalles zweifelt man nicht, und
doch sehen wir die Wendepunkte von Jahr zu Jahr nicht genau auf den gleichen, sondern bald auf den
einen, bald auf den andern Monat fallen — infolge Eingreifens störender Faktoren, die sich von Jahr zu
Jahr und von Ort zu Ort verschieden verhalten. Es wäre sehr merkwürdig, wenn solche Storungen nicht
auch den Rhythmus der 35jährigen Schwankungen des Regenfalles beeinflussen würden.
Durchmustert man nach den soeben skizzierten Gesichtspunkten die Tabelle 22, so überraschen die
dort mitgeteilten Zahlenreihen nicht. Der übernormale Niederschlag in den Fünfzigerjahren läßt sich aus
den zur Verfügung stehenden Reihen nicht nach weisen, da die Beobachtungen der einzelnen Stationen
nicht bis in diese Epochen zurückgehen, doch ist seine Existenz durch Brückners Untersuchungen für Süd
frankreich erwiesen. Die dieser Periode reichlichen Niederschlages folgende Periode spärlichen Regenfalles
') E. Brückner, Klimaschwankungen seit 1700 in Pencks geographischen Abhandlungen. Bund IV, 2. Wien 1S90.