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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1909, Kr. 3.
In seinem neuen Handbuch der Ozeanographie führt Krümmel 1 ) einige Hilfsmittel an, die ange
wandt werden, um die verschiedenartige Unebenheit auf dem Meeresboden und auf dem Festlande zum
Ausdruck zu bringen.
Ein einfaches Hilfsmittel der modernen Orographie ist, den mittleren Böschungswinkel unebener
Oberflächenteile zu bestimmen.
Nach Peucker 2 ) gilt für den mittleren Neigungswinkel mehrerer Stufen von gleicher Höhe die Formel:
h-L
tang « = —j-
wo L: die (mit dem Kurvimeter gemessene) Summe der Längen aller Höhenstufen (Isohypsen,
Isobathen) darstellt;
h: die vertikale Äquidistanz der Isohypsen (Isobathen);
A: das auf das Meeresniveau projiziert gedachte Gesamtareal aller Höhenstufen.
Peucker berechnet hiernach z. B. für den nördlichen Teil des Adriatischen Meeres einen mittleren
Böschungswinkel von 0° 30'; für das Schwarze Meer erhält Krümmel 3 ) 0° 37' 46"; der Tonga-Graben
hat nach demselben Autor trotz seiner gewaltigen Tiefe unterhalb 1000 m Tiefe nur eine mittlere Böschung
von 0°10'35", da dem steilen Abfall dos Grabens nach Westen ein um so sanfterer Abfall nach Osten
gegenübersteht.
Ohne jede weitere Angabe würde der mittlere Böschungswinkel des Bodens kein sehr anschauliches
Bild von dem verschiedenen Grad der Unebenheit bieten.
Penck 4 ) nennt den Oberflächencharakter solcher Gebiete eben, denen anschauliche Höhenunter
schiede fehlen, während das Vorhandensein solcher die Unebenheit der Oberfläche bedingt. Die größere
oder geringere Unebenheit verschiedener Gebiete sucht Penck nun dadurch zum Ausdruck zu bringen, daß
er in einer bestimmten Flächeneinheit den absolut größten Höhenunterschied feststellt. Je besser das zu unter
suchende Gebiet erforscht (ausgelotet) ist, um so kleinere Flächeneinheiten können zugrunde gelegt werden.
So findet Penck 5 ) in der Nordsee westlich von Helgoland zwischen 54 und 54VA N. B. für Fünf
minutenfelder nur Tiefenunterschiede von durchschnittlich 2,8 m, also ein außerordentlich geringes Maß
der Unebenheit.
In der Gegend des Faraday-Hügels in 40° 40' N. und 29° 10' W.) findet sich in den Fünfminuten
trapezen eine mittlere „Unebenheit“ von 650 m, „also ein Wert, wie er manchen Mittelgebirgen zukommt.“
Im Nordatlantischen Ozean zwischen 45° und 53° N. B. erhält Penck für die Flächeneinheit von
2°-Feldern einen mittleren Tiefenunterschied von 1200 m, im benachbarten Mitteldeutschland auf einer gleich
großen Flächeneinheit in dem Streifen zwischen 44° bis 54° N. B. eine „Unebenheit“ von 1520 m. „Danach
hat der Boden des nördlichen Atlantik in großen Zügen einen ähnlichen Wechsel der massigen Erhebungen
wie das mittlere, reich gegliederte Europa.“
Wie aber Krümmel 6 ) in der Kritik des Penckschen Verfahrens hervorhebt, gibt es nicht den
wesentlichen Unterschied an, der zwischen einem Oberflächenteil des Meeresbodens und der Festländer
besteht. Denn man kann in gleichgroßen Flächen verschiedener Gebiete nach dieser Methode gleiche Wei-te
für die „Unebenheit“ erhalten, trotzdem der eigentliche Landschaftscharakter in den meisten Fällen gar
keine Ähnlichkeit miteinander zu haben braucht. Es kann sich z. B. sehr wohl für ein 2°-Feld des Meeres
bodens, wie auch der festländischen Erdoberfläche, also in Gebieten von äußerst verschiedenem Belieftypus,
ein absolut gleicher mittlerer Höhenunterschied ergeben. Auf dem Meeresboden kann das 2°-Feld vielleicht
eingenommen werden von einer großen Ausmuklung, deren tiefster Punkt um irgend einen bestimmten Wert
tiefer liegt als der höchste; es kann sich aber auch um einen Abfall des Meeresbodens handeln, dessen
mittlerer Höhenunterschied gleich dem der Ausmuldung ist, dessen Oberflächengestalt aber gar keine Un
ebenheiten aufweist. Auf dem Festlande wird dem gleichen Wert der Penckschen „Unebenheit“, z. B.
in einer Hügellandschaft, im allgemeinen ein Gebiet entsprechen, dessen Oberfläche innerhalb desselben
V Krümmel, Ozeanogr. I, S. 92ff.
2 ) Peucker, Beiträge zur orometrischen Methodenlehre. Breslauer Diss. 1890, 8. 40.
3 ) Krümmel, Ozeanogr. I, S. 92.
4 ) Penck, Morphol. d. Erdoberfläche, Bd. I, S. 92.
5 ) Penck, Morphol. d. Erdoberfläche, Bd. II, 8. 60fi—008.
») Kr ümmel, Ozeanogr. I, S. 93.