Nr. 3.
Ein Beitrag* zur
Morphograpliie des Meeresbodens im südwestlichen Pazifischen Ozean.
Von Friedrich Henjes.
Einleitung.
Unsere ersten Versuche, eine Kenntnis von der Gestalt des Meeresbodens zu erlangen, reichen noch
nicht sehr weit zurück. Die tastenden Anfänge der Tiefseeforschung haben wir erst gegen Ende des
18. Jahrhunderts zu suchen.
Als dann der gesteigerte Weltverkehr im Laufe der Zeit Kabelverbindungen durch alle Teile des Ozeans
forderte, wurde schon aus rein praktischen Gründen die Erforschung des Reliefs des Meeresbodens notwendig.
So traten in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Kabel- und Vermessungs
dampfer in den Dienst der Wissenschaft. Durch ihre Tätigkeit gewann man die erste genauere Kenntnis
vom Relief und der Beschaffenheit des Meeresbodens bestimmter Strecken. Kleinere wissenschaftliche
Expeditionen (Lightning 1868, Porcupine 1869—70 u. a.) setzten diese Arbeiten fort und begannen auch
schon das organische Leben gewisser Meeresteile zu untersuchen.
Die sichere Grundlage für unsere Kenntnis über alle die Tiefsee betreffenden physikalischen und
biologischen Verhältnisse ist uns aber erst seit den siebenziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gegeben,
als die gröberen wissenschaftlichen Tiefseeexpeditionen (Challenger: 1872—1876, Tuscarora: 1873—1874,
Gazelle: 1874—1876), ausgerüstet mit zuverlässigen Instrumenten und geleitet von seemännischen und
wissenschaftlichen Kräften, nach allen Richtungen hin ausgesandt wurden, um auch die „schweigenden
Tiefen des Ozeans zum Reden zu zwingen“. Mit wohlberechtigtem Stolze hat Sir John Murray im Reise
berichte der Challenger-Expedition 1 ) sagen können, „daß seit den Tagen des Kolumbus und Magellan die
Aufhellung der Oberfläche unseres Planeten keinen solchen Fortschritt gemacht habe wie durch die Welt
umsegelung des Challenger und die sich daran schließenden anderen ozeanographisclien Expeditionen im
letzten Viertel des 19. Jahrhunderts“.
Zu den Gebieten, in denen die Vermessungsdampfer, vor allem der britischen Marine, gerade in
den letzten 20 Jahren eine besonders lebhafte Tätigkeit entwickelt haben, gehört der inselreiche West-
teil des Südpazifischen Ozeans, der überhaupt als ein „klassisches Gebiet“ der Tiefseeforschung
angesehen wird. Dank diesen langjährigen Vermessungsarbeiten sind wir über die außerordentliche Unruhe
und Mannigfaltigkeit der Bodengestaltung dieser ostaustralischen Gewässer vortrefflich unterrichtet.
Erst vor kurzem ist das Gebiet zwischen Äquator und 50 0 S.Br., zwischen der ostaustralischen
Küste und 160° W. einer Betrachtung unterzogen von Sir John Murray 2 3 ). In dieser Arbeit beschränkt
sich der Verfasser aber im wesentlichen darauf, Serien von Tiefentemperaturen und eine Beschreibung
einzelner typischer Bodenablagerungen zu geben und dieses Material in kleinen Karten niederzulegen.
Nach Schott 8 ) sucht die Arbeit wohl ihren Hauptzweck in einer übersichtlichen Materialsammlung.
Nach einer ganz anderen Richtung hin ist in der hier vorliegenden Arbeit nur ein Teil dieses süd
westlichen Pazifischen Ozeans, und zwar der am besten ausgelotete, bearbeitet worden: nur die Gestalt
des Meeresbodens ist untersucht. Auf Grund einer detaillierten Tiefenkarte werden die Böschungsver
hältnisse der verschiedenen Groß- und Kleinformen, die mittlere Tiefe der 1 °- und 5°-Felder berechnet und
dann der Versuch geinaclit, den Unterschied zwischen der Unebenheit des Meeresbodens und der der
festen Erdoberfläche nach einer neuen Methode zum Ausdruck zu bringen.
') Krümmel, Handbuch der Ozeanographie, Bd. I, Stuttgart 1907, S. 73.
2 ) John Murray, On the Depth, Temperature of the Ocean Waters and Marine Deposits of the South Pacif. Ocean.
(R. G. S. of Australia, Queensland, Brisbane 1906.)
3 ) Petermanns Mitt. 1908. L. B. p. 251, Nr. 816.
1*