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Full text: 32, 1909

32 
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1909, Nr. 2. 
Einem Vergleiche des Erfolges des Sturmwarnungswesens des Zeitraumes 1886 bis 1895 mit dem voran 
gehenden Jahrzehnt stellen sich hier verschiedene Schwierigkeiten entgegen, die eingehend dargelegt worden 
sind. Ln ganzen kann das Ergebnis dahin ausgesprochen werden, daß eine Besserung der Sturmwarnungen 
für die Nordsee nicht nachzuweisen ist, während der Nachweis für die Ostsee und besonders deren Osten 
geliefert sein dürfte. Betreffs der Beweisführung möge hier nur hervorgehoben werden, daß eine Wert 
steigerung eine gleichzeitige Abnahme der ohne Warnung eintretenden Stürme und der Sturmwarnungen 
ohne nachfolgenden Sturm fordert, und daß die letztere Feststellung infolge einer Abweichung bei der 
Bearbeitung des vorliegenden Jahrzehnts nicht genau stattfinden konnte. Diese beiden Vorkommnisse, 
Überraschungsstürme und Fehlwarnungen, können ohne eine Vertiefung der Grundlage des Sturmwarnungs 
wesens jede für sich allein beliebig vermindert werden, doch nur mit dem Erfolge, daß dann die Abnahme 
der Häufigkeit der einen Erscheinung mit einer Zunahme der Häufigkeit der anderen erkauft wird; insofern 
ergänzen sich beide bei der Feststellung des Erfolges und damit auch die Sturmerfolg- und Signalerfolg 
prozentwerte. Die zu erstrebende gleichzeitige Verminderung der Zahl der Überraschungsstürme und der 
Fehlwarnungen ist nur durch Verbesserung der Sturmwarnungen zu erreichen. So lange unsere Sturm 
warnungen nicht vollkommen sind , werden vielfach Erwägungen stattzufinden haben, mit welchem der 
beiden Übel man sich vorteilhafter abzufinden habe, da uns die Erfahrung gelehrt hat, daß eine größere 
Zahl von Fehlwarnungen dem Ansehen und dom Erfolge eines Sturmwarnungswesens kaum minder ver 
derblich zu werden vermag, wie eine entsprechende Anzahl von Stürmen, denen keine Warnung voranging. 
Als ein besonders häufiger Fall, wo die Gefahr einer Fehlwarnung verhältnismäßig leicht in den Kauf genommen 
werden muß, möge der folgende erwähnt werden, wo es sich um die Entscheidung handelt, ob eine tele 
graphische Anordnung zum Hängenlassen der Sturmsignale zu erlassen sei oder die Signale mit dem Eintritt 
der Dunkelheit ohne Anweisung gesenkt werden sollen: bestellt zur Zeit der Entscheidung noch eine 
verhältnismäßige gering zu bemessen de Sturmgefahr, die zu anderen Zeiten keine Sturmwarnung veranlassen 
würde, so gilt in solchem Falle die Erwägung, daß bei einer Nichtverlängerung der Signale und deren damit 
verbundenem Senken am Abend die Schiffer leicht zu einem Verlassen des schützenden Hafens veranlaßt 
werden können und später im allgemeinen nicht mehr in Reichweite der Sturmsignale sein werden, falls 
nach 6 oder 12 Stunden bei etwaigem bestimmterem Hervortreten der neuen Gefahr die Signale von neuem 
gehißt werden. In der letzten Hinsicht muß überhaupt das Bestreben allgemein darauf gerichtet sein, die 
Signale möglichst zeitig zu hissen, da ein zu spätes Warnen meist keinen Zweck hat; diese erhöhte Recht 
zeitigkeit muß aber ohne eine vermehrte Zahl von Fehlwarnungen erreicht werden. 
Wenn für unser Sturmwarnungswesen auch bei weitem noch nicht vollkommene Leistungen vorliegen, 
so können ihm doch bestimmte Erfolge nicht abgesprochen werden; eine Anerkennung seiner Leistungen 
findet sich beispielsweise in dem Umstand ausgesprochen, daß die Zahl der von Provinzialregierungen 
errichteten Sturmwarnungsstellen beständig im Zunehmen begriffen ist. Und der Nutzen der jetzigen Sturm 
warnungen könnte sicher eine bedeutende Steigerung erfahren, wenn die von der Seewarte ausgegebenen 
Sturmwarnungen durch Funkspruch über die deutsche Küste ausgebreitet würden, so daß jeder mit Funk 
spruchapparat ausgerüstete Dampfer die Telegramme auffangen und womöglich durch Signale bekannt geben 
könnte; das letztere würde vor allem betreffs der Fischdampfer zu wünschen sein, damit die auf den Fang 
plätzen befindlichen Fischerflottillen rechtzeitige Kunde von der herannahenden Gefahr erhalten. Natürlich 
würden auch bei diesem Ausbau der bestehenden Einrichtungen und selbst bei vollkommenen Sturm 
warnungen in gewissen Fällen schwere Unglücksfälle nicht zu vermeiden sein, solange es nicht gelingt, 
auch für diese Fahrzeuge eine größere Widerstandsfähigkeit gegen schwere Stürme zu schaffen, da unsere 
Stürme und besonders die schweren zum Teil so schnell heranziehen, daß es den Fischern nicht immer 
gelingen würde, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.
	        
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