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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1909, Nr. 1.
Diese hier möglichen sechs Aufgaben sollen, wie auch die nächstfolgende Gruppe, soweit das angängig
ist, rechnerisch behandelt werden, da Israel-Holtzwart die ausgesprochene Absicht, dies in einer
Spezialuntersuchung zu tun, unseres Wissens nicht verwirklicht hat.
In der IV. Gruppe müssen sich die Beobachtungen stets auf drei, in einem Falle sogar auf
vier Punkte des Sternparallels erstrecken. Die liier möglichen Fälle lassen sich einteilen:
1. in solche, bei denen drei Höhen (h, li, h"),
2. in solche, bei denen zwei Höhen,
3. in solche, bei denen nur eine Höhe zu den beobachteten Elementen gehört,
4. in solche, welche von Höhenbeobachtungen unabhängig sind.
1. Sind drei Höhen (h, li, li') gegeben, so bedarf man zur Ermittlung -der Polhöhe noch außerdem:
entweder a) der beiden zugehörigen Azimutdifferenzen Ja und Ja',
oder b) der beiden entsprechenden Zeitdifferenzen Js und Js',
oder c) einer Azimutdifferenz Ja und einer Zeitdifferenz Js'.
Zu la finden sich drei Auflösungen in Grunorts Elementen der ebenen, sphärischen und sphä-
roidischen Trigonometrie (S. 202, 205, 237j, darunter eine von Moll weide, der die Aufgabe zur Be
stimmung der Mittagslinie benützte (vgl. v. Zach : Monatl. Gorresp. Bd. 28 S. 390—420: „Erläuterung
einer in den scriptoribus rei agrariae pag. 170 u. 177; edit. Goesii gegebenen Vorschrift, aus drei be
obachteten ungleichen Schattenlängen die Mittagslinie zu finden“); ferner in K. 11. Scliel Ibachs
„Sammlung und Auflösung mathematischer Aufgaben“ (S. 1721L, Lösung von Gauss).
Zu lb findet sich ebenso eine sehr elegante Lösung von Moll weide (vgl. v. Zach: „Monatl.
Corresp., 20. Bd. S. 125 ff., reproduziert v. Grün er t a. a. 0. S. 221 ff.).
Wir werden die Lösung von lc ausführlich behandeln und zu la eine Art stereometrischer
Lösung hinzufügen.
2. Sind zwei Höhen aus Beobachtungen bekannt, so ist es nicht immer einerlei, ob h und li oder
h und li’ diese Höhen sind. Es können gegeben sein:
a) h, h', Ja und Js,
b) li, li, Ja, Ja' und Js,
c) h, li, Js, Js' und Ja,
d) h, h", Ja, Ja' und Js,
e) h, li', Ja, Ja und Js,
f) h, li’, Js, Js' und Ja.
3. Kennt man nur eine einzige Höhe — h oder li oder li' —, so bleibt nur der eine Fall zu betrachten:
a) Gegeben h, Ja, Js, Ja, Js'.
4. Im Falle man über gar keine Höhenbeobachtung verfügt, und ebensowenig Kenntnis des Meridians
und der Deklination vorausgesetzt wird, bleibt die eine Aufgabe zu lösen:
a) Gegeben: Ja, Js, Ja, Js', Ja, Js", gesucht wie jedesmal die Polliöhle <p.
Ehe wir in die rechnerische Behandlung der oben näher bezeichneten Aufgaben eintreten, sei noch
erwähnt, daß man eine übersichtliche Zusammenstellung der möglichen Fälle der Polhöhenbestimmung
auch bei Weyer: Allg. Enzyklopädie der Physik (Zeit- und Ortsbestimmung, S. 731) findet.
II.
Wir beginnen mit Aufgabe b der II. Gruppe, welche bekanntlich die Douwessche Aufgabe
heißt und infolge ihrer wichtigen Rolle, welche sie dereinst in der praktischen Nautik spielte — heute
ist diese Art der Ortsbestimmung zur See so gut wie außer Gebrauch —, eine oftmalige analytische
Behandlung erfuhr. Da die Schlußformel ziemlich unhandlich ausfällt, so war es das Bemühen zahlreicher
Mathematiker, möglichst elegante, zum logaritlmiischen Gebrauch bequeme Lösungen des anscheinend bis
auf Nun es (1542) zurückgehenden, zum erstenmal von Maupertuis (astronomie nautique 1751) genau
formulierten Problems zu geben. Seine Einführung in die Nautik verdankt man dem Niederländer
Douwes, der durch seine „Zeemans-Tafelen“ (1761) eine bequemere Handhabung für den praktischen
Gebrauch ermöglichte. Nicht selten begnügte man sich, besonders zur See, mit einer angenäherten Lösung.
(Vgl. z. B. die von Ligo wski im Archiv der Mathematik und Physik. 53. Teil, S. 107 ff.) Strenge Lösungen