Die Stürme und die Sturmwarnungen an der deutschen Küste in den Jahren 18% bis 1905. 7
während des Nachmittags- und Abenddienstes erlassene, falls die stürmische Witterung erst während der
folgenden Nacht oder des folgenden Tages eintrat. In den Fällen, wo auf Grund der auf der Seewarte ein
laufenden Wettertelegramme nach der Warnung während des Vormittagsdienstes schon zur Zeit der Nach
mittagsbeachtung und nach einer Warnung während des Nachmittagsdienstes bereits zur Zeit der Abend-
beobaclitung stürmische Winde wehten, wurde in den Tagebüchern der Sturmwarnungsstellen weiter nach
geforscht, um ein Urteil über die Eintrittszeit der stürmischen Witterung zu gewinnen, und es wurden die
Warnungen dann als verspätet angesehen, falls unter Zugrundelegung einer normalen Zustellungsfrist zur
Zeit des Einlaufens der Telegramme bereits stürmische Witterung bestand. Die Aufgabe, in derartigen
Fällen angesichts der rund 10000 bearbeiteten Tagebücher für jede Station jede zeitigste Notierung eines
stürmischen Windes in bezug auf die Rechtzeitigkeit der Warnung zu prüfen, ist eine so große, daß die
Sicherung gegen eine gelegentliche falsche Beurteilung außerordentlich schwer ist; gleichwohl darf der
Überzeugung Ausdruck gegeben werden, daß bis auf vereinzelte Fälle die Beurteilung als zutreffend anzu
sehen ist.
Die Anweisung zum Hängenlassen der Signale (v) wurden nur dann als gelungen erachtet, wenn
am folgenden Tage noch stürmische Witterung bestand, und ebenso wurde verfahren, wenn nach einer
Sturmwarnung am folgenden Tage eine Anweisung zur Änderung der Signale ausgegeben wurde. Da eine
Verlängerung der Signale jedoch in allen Fällen gerechtfertigt ist, wo die stürmischen Winde in der zweiten
Nacht nach einer Sturmwarnung (oder einer Verlängerung) noch anhalten, die stürmischen Winde der
Nacht aber dem vorhergehenden Tage zugerechnet wurden, so ist die hier geübte Beurteilung des Er
folges der Verlängerung von Sturmwarnungen zu ungünstig, maßgebend für die hier auftretende Abweichung
von der ersten Abhandlung war, daß eine sichere Feststellung der Fortdauer der stürmischen Winde in
der zweiten Nacht nach der Warnung zu viel Nachschlagen in den Tagebüchern erfordert haben würde.
Da in den Auszügen die Fälle, wo am Tage nach einer Warnung die Signale geändert wurden, nicht als
solche kenntlich waren, und allen derartigen telegraphischen Anweisungen jenes Kriterium für die Richtig
keit einer Verlängerung von Sturmsignalen bei der Beurteilung zugrunde gelegt wurde, so haben auch
viele Fälle der Anordnung zum Hissen der Signale (h) eine zu ungünstige Beurteilung erfahren. Ein ge
wisser Ausgleich ist darin zu suchen, daß die Fälle von Stürmen in den auf Sturmwarnungen folgenden
zweitnächsten Nächten durchweg als gelungen gezählt und damit in manchen Fällen zu günstig beurteilt
worden sind, da die Sturmsignale bei Eintritt der Dunkelheit an dem auf den Tag der Warnung folgenden
Abend mit Ausnahme derjenigen Fälle, wo die Witterung dann noch stürmisch ist oder stürmische Winde
von dem Signalisten erwarten läßt, zu senken sind, so daß jene günstige Zählweise nur für diese Ausnahme
fälle zutrifft.
I. Teil.
Die Stürme und die Sturmphänomene an der deutschen Küste
in (len Jahren 1896 bis 1905.
Aus den ca. 10000 Monatsabschriften der Tagebücher der Sturmwarnungssteilen wurden für alle
Tage, an denen auf einer Station die Windstärke 7 erreicht wurde, die Richtung der beobachteten Winde
von 7 aufwärts und die größte Stärke, bei stürmischen Winden aus mehreren Quadranten meist auch
die größten Stärken innerhalb der einzelnen Quadranten, sowie in der Regel auch die etwa in der folgenden
Nacht erreichten Windstärken notiert, falls diese höher als die am Tage beobachteten waren. Aus diesen
Auszügen wurden nach den Bestimmungen von § 4 und 5 die Gruppenwindrichtung und die Gruppen
sturmrichtung für die einzelnen Küstengruppen abgeleitet, und es erfolgte dann an der Hand der Wetter
karten und unter teilweisem Zurückgreifen auf die Tagebücher die Gruppierung der Sturmtage zu Sturm-
phänomenen; für diese würde dann nach § 7 die Richtung und Stärke der Sturmphänomene bestimmt. Es
darf wohl erwartet werden, daß die Bestimmungen über die Gruppensturmstärke die Mängel der Windstärke
schätzungen zum größten Teil beseitigt haben.
Vergleicht man die ermittelten Gruppenstärken mit den Windstärken aus den Wetterkarten der
Wetterberichte der See warte, so tritt ein großer Unterschied des gegenseitigen Verhaltens bei einem Ver
gleich der Nordsee mit der preußischen Küste auf, indem unsere Wetterkarten für die den Tagebüchern