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Full text: 31, 1908

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1908, Nr. 3. 
Bei den zehnjährigen Monatsmitteln für den Morgentermin, deren Kurve im allgemeinen der von 
Emden fast überall parallel verläuft, fällt ein Wechsel des Vorzeichens im April und Mai auf wobei die 
sonst ausnahmslos negativen und nicht unbeträchtlichen Differenzen in positive von ebenso hohem Betrage 
umspringen. Im Juni werden sie zwar in ganz geringem Betrage wieder negativ, bleiben aber auch im 
Juli und, wenn auch abgeschwächt, sogar im August noch erheblich hinter denen des September und 
Oktober zurück. Dieses Verhalten, das einer beträchtlich höheren Frühjahrstemperatur der Küstenstation 
gegenüber der Inselstation, und einem steigenden Wärmeüberschuß der letzteren in den Sommermonaten 
entsprechen würde, muß aus dem Grunde auffallen, weil nach den örtlichen Bedingungen eigentlich das 
Gegenteil vorhanden sein müßte. Zur Lösung dieses Rätsels scheint nun die oben gegebene Stations 
beschreibung den Schlüssel zu liefern: der revidierende Beamte des Königlich Preußischen Meteorologischen 
Instituts, Herr Professor Kremser, konnte feststellen, daß die vor 1890 an der Ostnordostwand des 
Hauses angebrachte Thermometeraufstellung vormittags der Sonnenbestrahlung ausgesetzt gewesen sei. 
Eine nach Ostnordost schauende Wand wird aber von der Mitte des April an zur Zeit des Sonnenaufganges 
bestrahlt und zwar um so stärker, je mehr sich dessen Ortim Laufe des Mai und Juni nach Nordost verlegt. 
Nicht nur „vormittags“, sondern auch frühmorgens, offenbar schon vor und während der 7-Uhr-Ablesung 
dürften deshalb die Thermometerstände durch die Besonnung beträchtlich erhöht worden sein. Weshalb 
trotz steigenden Einflusses im Juni und Juli eine Abschwächung dieser Störung eingetreten sein mag, 
kann mangels genauerer Kenntnis der näheren Umgebung nicht ermittelt werden: die Thermometer 
könnten vielleicht durch einen erst gegen Ende Mai belaubten Baum der nahen Promenade beschattet 
worden sein. 
Die Vermutung, daß diese auffallenden Abweichungen der Morgentemperaturen von Jever im April 
und Mai von den in Norderney beobachteten, die übrigens nicht auf dem starken Übergewicht einiger 
besonders hohen Differenzen beruhen, sondern fast in allen Jahren im gleichen Betrage vorhanden gewesen 
sind, wirklich durch die fehlerhafte Thermometeraufstellung bewirkt worden sind, wird aber dadurch fast 
zur Gewißheit, daß sie mit dem Jahre 1890 vollständig verschwinden, in dem diese Aufstellung durch eine 
andere, fehlerfreie ersetzt wurde! Die Differenzen werden in diesem Jahre negativ, d. h. Norderney ist. 
dem maritimeren Inselklima entsprechend, im April und Mai noch ein wenig wärmer als die Küsten 
station Jever. 
Diese mit gutem Bedacht etwas eingehender wiedergegebene Betrachtung scheint mir außer anderem 
auch in methodologischer Beziehung nicht unwichtig zu sein, indem sie zeigt, daß man auf diesem Wege zur 
Aufklärung auffallender Abnormitäten gelangen kann; zugleich liefert sie einen Beweis für die Nützlichkeit 
und Notwendigkeit sorgfältiger und stets auf dem laufenden gehaltener Revisionen und Beschreibungen 
der Stationen, ohne welche es wohl im vorliegenden Falle kaum hätte gelingen können, den Grund der 
Fehler zu ermitteln. Nun war aber das Jahr 1890 dasselbe, in dem, wie wir oben gesehen haben, auch 
in Norderney auffallende Abnormitäten, besonders des Morgentermins festgestellt werden konnten, welche 
ich auf den dort stattgehabten Beobachterwechsel nach Ommens Tode zurückführen zu sollen geglaubt 
habe. Man könnte aber auch auf die Vermutung kommen, daß nicht Jever, sondern Norderney die Ver 
anlassung zu dem Vorzeichen weehsel der Differenzen Norderney-Jever gegeben hätte. Die Unhaltbarkeit 
dieser Erklärung ergibt sich aber aus der einfachen Überlegung, daß, wie wir sehen, Jever im April bis 
Juni gegen Norderney zu warm war, in Norderney aber ebenfalls eine abnorm hohe Temperatur beobachtet 
worden war. Hiernach würden die Differenzen zwischen Jever und Norderney in dem gleichen Sinne noch 
größer geworden sein, wenn an letzterer Station richtige, d- h. niedrigere Temperaturen abgelesen 
worden wären! 
Die Differenzen der Mittags- und Abendtemperaturen von Jever gegen Norderney sind in ihrem 
jahreszeitlichen Verlaufe denen von Emden gegen Norderney so ähnlich, daß die nach ihnen gezeichneten 
Kurven fast miteinander vertauscht werden könnten; die analoge Lage der beiden Landstationen ließ auch 
eine derartige Übereinstimmung erwarten und kann als ein weiterer Beweis dafür gelten, daß sich die von 
unserem Altmeister Hann in die meteorologische Praxis eingeführte Methode der Differenzenbildung 
zwischen ähnlich liegenden benachbarten Stationen in der Tat bis in enge Einzelheiten hinein bewährt! 
Im zehnjährigen Mittel ist Jever morgens 7 Uhr um 0.5° kälter, mitttags 2 Uhr um 0.6° war me r 
und abends 9 Uhr um fast 0.8° kälter als Norderney; die Schwankungen in den einzelnen Jahren waren
	        
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