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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1907, Kr. 1.
gegen mit 97 Tagen berechnet, trotzdem Antofagasta zwischen den beiden anderen Häfen liegt. Ferner
wurde die mittlere Reisedauer nach Iquique mit 88, die nach Caleta Buena schon mit 94 und die nach
Pisagua sogar mit 98 Tagen berechnet, obwohl Caleta Buena nur etwa 20, Pisagua etwa 60 Sm nördlicher
liegt als Iquique. Da nun aber die Windverhältnisse an der Küste für alle eben genannten Plätze die
gleichen sein dürften, so muß der Unterschied, der bei Antofagasta, Taltal und Tocopilla hervortritt, vielleicht
auf das Schiffsmaterial selbst oder deren Ladung — vielleicht segelten nach Taltal und Tocopilla mehrfach
Schiffe in Ballast, während die nach Antofagasta bestimmten immer schwer mit Kohlen beladen waren —,
der bei Iquique, Caleta Buena und Pisagua dagegen wohl zum größten Teil auf die ungleichmäßig ver
teilte Anzahl von Beobachtungen zurückzuführen sein.
13. Noch bedeutend zahlreicher als die Ausreisen sind die Rückreisen von der Westküste Süd
amerikas, da außer den direkt von Europa kommenden Schiffen noch eine große Anzahl Schiffe von
Australien und teilweise auch von Japan aus die Häfen Nord-Chiles aufsuchen, um von da mit Salpeter
beladen nach Europa zurückzukehren. Der ganze Verkehr von der Westküste Südamerikas mit Europa
gilt fast ausschließlich den Salpeterplätzen von Nord-Chile; die Häfen von Peru und Ecuador kommen für
Rückreisen fast gar nicht mehr in Betracht, wenigstens wurden im letzten Jahrzehnt nur vereinzelte Reisen
von dort aus unternommen.
Obwohl die bei den Ausreisen für die mittlere Reisedauer so schwer ins Gewicht fallende Umsegelnng
von Kap Horn den heimkehrenden Schiffen gewöhnlich keine Schwierigkeiten bereitet, da sie fast
immer mit günstigen Winden und Strömungen ausgeführt werden kann, so dauern doch im allgemeinen
die Rückreisen durchweg eine Woche länger als die Ausreisen. Wenn auch dieser Unterschied zum einen
Teil auf die infolge des unreinen Schiffbodens geringere Segelfähigkeit der Schiffe zurückzuführen sein
dürfte, so haben doch-auch zum anderen Teil die Windverhältnisse die Schuld, die es den heimkehrenden
Schiffen nicht gestatten, den direkten Weg einzuschlagen. Die Schiffe werden vielmehr gezwungen einen
Umweg zu machen, wodurch die abzusegelnde Entfernung auf den Heimreisen um etwa 1700 Sm länger
wird als auf den Ausreisen 1 ). Wie störend die Winde schon im Stillen Ozean auf die Heimreisen ein
wirken, ist daraus zu ersehen, daß die Heimreisen auf der ersten Strecke von Iquique bis Kap Horn
durchschnittlich 2 Tage länger dauern als die Ausreisen von Kap Horn bis nach Iquique (25.6 gegen
23.5 Tage). Auf der Weiterreise von Kap Horn bis Lizard ist dann ein weiterer Unterschied von 4 Tagen
zu ungunsten der heimkehrenden Schiffe zu verzeichnen (70.4 gegen 66.5 Tage), der sich aber erst auf
der letzten Strecke der Reise, vom Äquator nach Lizard, geltend macht, wo die Schiffe durch den
NO-Passat gezwungen werden, zunächst einen ziemlichen Umweg nach Westen zu machen, ehe sie mit den
vorherrschenden Westwinden auf höheren Breiten nach Ost abhalten können. Die Strecke von Kap Horn
bis zum Äquator wird dagegen meistens mit günstigen Winden zurückgelegt; nur beim Übergang vom
Gebiete der westlichen Winde zum SO-Passat werden häufig anhaltende nördliche Winde angetroffen,
die dann die Reise erheblich verzögern.
Ähnlich wie bei den Ausreisen stellt sich auch bei den Heimreisen ein eigentümlicher Unterschied
in der mittleren Reisedauer von den einzelnen Salpeterplätzen heraus. Von Iquique beträgt die mittlere
Reisedauer nach Lizard, wenn die Reisen von Caleta Buena, Junin und Pisagua mit zur Mittelbildung
herangezogen werden, 96 Tage, von Tocopilla (Antofagasta mit eingerechnet) und Taltal 100 und 102 Tage,
obwohl diese Hafenplätze südlich von Iquique liegen. Ein besonderer Grund für diesen Unterschied scheint
aber nicht vorzuliegen, denn nach dem „Segelhandbuch für den Stillen Ozean“ 2 ) ist es für von Tocopilla
und Taltal auslaufende Schiffe leichter, von der Küste ab und in den SO-Passat zu gelangen, als für die
von Iquique kommenden, und der weitere Verlauf der Reise ist der gleiche, einerlei von welchem der
Häfen die Reise angetreten worden ist.
Außergewöhnlich schnelle Reisen wurden von der Westküste Südamerikas auch nicht so häufig
gemacht als nach dieser Küste, wenn auch Reisen von 70 Tagen und darunter mehrfach vorgekommen
sind. Den Rekord hielt für längere Zeit die Viermastbark „Pindos“, die 1900 die Reise von Tocopilla
nach Lizard in der außerordentlich kurzen Zeit von 60 Tagen ausführte. Erst 1903 gelang es der Fünfmast
’) Vergl. Annal. der Hydrogr. usw. 1898, S. 509.
2 ) Vergl. Segelkandbucli für den Stillen Ozean, S. 718.