R. Westermann: Der meteorologische Äquator im Stillen Ozean.
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Falle zeigten sich nach dieser Seite hin Mängel, indem die Temperaturablesimgen nur auf ganze Grade
oder weniger als sechsmal im Etmal ausgeführt waren. Die Journale, in denen dies vorkam, konnten nicht
benutzt werden. Dagegen wurden solche bevorzugt, die von Kapitänen geführt waren, die der Deutschen
Seewarte als besonders zuverlässige Beobachter bekannt waren. Die Fehler des Instruments, die sogenannten
Standkorrektionen, sind in den Journalen angegeben; wo sie aber fehlten oder die Prüfung der Psychro
meter vön der Zeit der Beobachtungen mehr als drei Jahre zurücklag, so daß eine merkbare Änderung
angenommen werden konnte, wurde auf Verwendung der Angaben verzichtet. Die meisten Ablehnungen
veranlaßte allerdings die kritische Untersuchung, der jedes Journal unterzogen wurde, ob die Aufstellung
der Thermometer die an Bord denkbar günstigste gewesen war oder nicht. Über die Größe der Fehler,
die daraus resultieren können, hat G. Schott Angaben gemacht 1 2 ). Es liefern alle auf Schiffen verwandten
trockenen Psychrometer zu hohe Temperaturen, selbst die genau nach den Vorschriften der Deutschen
Seewarte in Jalousiekästen angebrachten. In manchen Fällen, das sei vorweg bemerkt, wird in der An
bringung der Instrumente an Bord auch sorglos verfahren. Die erhöhte Temperaturangabe ist durch Ein
wirkung der vom bestrahlten Schiffsdeck reflektierten Wärme zu erklären. Diese zeigte sich in den Tropen
so stark, daß cs bei Versuchen mit dem Assmannschen Aspirationspsychrometer nicht gelang, bei gleich
zeitigem Operieren „in der Sonne“ und „im Schatten“ gleiche Resultate zu erhalten. Modifiziert wird die
Güte der Standpsychrometerangaben noch durch die Windstärke, indem bei flauen Winden und Windstille
die Luftbewegung in den Jalousiekästen ungenügend ist und diese dann besonders nachts geradezu ein
Wärmereservoir darstellen.
Als das beste Kriterium dafür, ob die geschilderten ungünstigen Faktoren das Resultat über eine
zugestandene Fehlergröße — von der weiter unten die Rede sein wird — hinaus beeinflußt hatten, wurde
die Untersuchung der täglichen Periode bezw. Amplitude der Lufttemperatur befunden. Um was für Größen
im Durchschnitt es sich dabei handelt, geht aus folgendem hervor. Auf der Challenger-Expedition wurden
für die tägliche Temperaturschwankung Werte 3 ) gefunden, die, in C. 0 umgerechnet, sich so darstellen:
Stiller Ozean
Nördl. Breite Äquator Südl. Breite
See O.G° 0.4° , 0.5°
Luft 1.7° 1.-3° 2.2°
Danach ist die tägliche Lufttemperaturamplitude drei- bis viermal größer als die der Oberflächen
schicht des Ozeans, geht aber kaum, jedenfalls nicht in sehr niederen Breiten, über den Betrag von 2 0 C.
hinaus. Das wurde bedacht, außerdem der Satz, daß innerhalb der Tropen positive Differenzen (Luft wärmer
als Wasser) äußerst selten sind und nur für die Mittagsstunden sich finden. Schließlich konnten auch
solche Beobachtungen nicht benutzt werden, die wohl an sich richtig waren-, hei denen aber abnorme
Witterungsverhältnisse geherrscht hatten. Im allgemeinen müssen ja auch solche Fälle zur Mittelbildung
mit herangezogen werden', liier aber würden sie bei der beschränkten Auswahl der Beobachtungen zu stark
ins Gewicht gefallen sein. Es mußte immer darauf gesehen werden, daß nur solche Temperaturen benutzt
wurden, bei denen die gleichzeitig beobachteten Wind- und Niederschlags Verhältnisse als typisch für den
Ort und die Jahreszeit angesehen werden konnten.’ Die Abkühlung durch starke Niederschläge, die Stunden
anhält, erreicht in tropischen Gewässern den Betrag von 3 0 C. (Schott); sie scheint bisweilen, wie auf
Jaluit 3 ), nocli bedeutender zu sein. Für den Calmengürtel, wo heftige Regengüsse die Regel bilden, mußten
naturgemäß auch Temperatur-Tagesreihen benutzt werden, von denen einzelne Angaben aus den geschilderten
Gründen von den normalen ab wichen.
Nach all den angegebenen Gesichtspunkten, skeptisch, doch objektiv, geschah die Auswahl der
Journale, wobei von den vorhandenen ca. 600 nur 150 gebraucht wurden. — Die Differenzen sind aus
den arithmetischen Mitteln von je sechs korrespondierenden Beobachtungen der Luft- und Wassertemperatur
gebildet und für das Zweigradfeld, das das Schiff im Etmal durchsegelt hat, angenommen.
’) Petermanns Mitt., Ergänzungsheft Nr. 109, 1893, S. 107 ff.
2 ) Segelhandbuch f. d. St. Ozean 1897, S. 187 und Challenger I, Report on the Scientific Kesults second. vol. 1882,
p. 998 und 999.
3 ) Dr. Steinbach berichtet (Danck. Mitt., Bd. VII, S. 306), dafs der Regen zeitweise bewirkt, dafs die Nachmittags-
temperatur 2° niedriger ist als die des Morgens. In einer halben Stunde kühlte sich die Luft um 5.8° ab.
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