No. 1.
Ueber die Berechnung von Mond-Distanzen
mit Hülfe der Mercator’scheu Funktionen.
Von Prof. Dr. C. Bürgen.
Ergänzende Arbeit zn dem Aufsätze in „Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte“,
Jahrgang XXI (1S9S), No. 1.
In den „Annalen der Hydrographie etc.“, 1900, S. 384, spricht sich Herr Navigationslehrer Reuter
in Leer etwas verwundert darüber aus, daß ich in meiner, von ihm sonst sehr anerkennend besprochenen
Arbeit über die Anwendung der Mercator-Funktionen auf die Probleme der nautischen Astronomie nicht
auch die Berechnung von Monddistanzen aufgenommen habe, welche sich für diese Art der Behandlung ganz
besonders eignen würden, wenn man die Witcliell’sche Rechnungsmethode anwendete. Es war mir natürlich
auch nicht entgangen, daß das Problem der Berechnung einer Monddistanz sich für die Behandlung mittels
der Mercätor-Funktionen besonders gut eignen würde, ich unterließ es damals aber, dasselbe in den Kreis
der behandelten Aufgaben anfzunehmen, einesteils, weil es doch nur eine ziemlich geringe Bedeutung für
die nautische Praxis hat und dann auch, weil ich der Ansicht war, daß die Tafeln, welche in der Aus
dehnung, in der ich sie zu geben wünschte, etwa der Rechnung mit fünfstelligen Logarithmen entsprechen,
für eine genaue Berechnung, wie sie für Monddistanzen, wenigstens nach der strengen Methode, gefordert
werden muß, nicht ausreichend sein würden. Die Korrektionsrechnungen der indirekten Methoden durch
die Mercätor-Funktionen auszuführen, schien mir nicht recht zu lohnen, obwohl die Methode von Witchell
sich unmittelbar für die Anwendung der genannten Funktion würde verwenden lassen. Am einfachsten und
übersichtlichsten ist mir von jeher die direkte Methode erschienen, welche von dem am Beobachtungsorte
gesehenen Dreieck: Zenith—Mond—Stern auf das vom Erd-Mittelpunkte gesehene gleiche Dreieck übergeht
und ich habe mich inzwischen durch Berechnung einiger Distanzen mit der Tabelle der Mereator-Funktionen
davon überzeugt, daß hei Anwendung gewisser Vorsichtsmaßregeln diese Tabelle, wenigstens in den meisten
Fällen, für den Zweck ausreichend ist und deshalb möchte ich hier die Formeln mitteilen und sie durch
ein Paar Beispiele erläutern.
Aber auch die indirekte Methode von Witchell bietet eine sehr bequeme Rechnung dar, welche vor
der direkten Methode den Vorzug hat, daß man die Funktionswerte nicht so ängstlich zu entnehmen braucht,
da es sich mir um die Berechnung von Korrektionsgliedern handelt, die leicht mit aller nur wünschens
werten Genauigkeit gefunden werden können. Durch die Anwendung des Legendre’schen Prinzips, überall
die Mittelwerte zwischen den scheinbaren und den' wahren Größen (Höhen und Distanz) zu nehmen, werden
die Korrektionsgrößen zweiter Ordnung (die sogenannte dritte Korrektion) vollständig berücksichtigt und
es sind nur zwei Glieder zu ermitteln. Unter diesen Umständen kann die Anwendung der Methode von
Witchell sehr empfohlen werden und sie verdient vor der direkten Methode auch wohl in Hinsicht der Ge
nauigkeit den Vorzug, zumal die Unterscheidung verschiedener Fälle, welche gewöhnlich als ein erheblicher
Nachteil der Methode angeführt zu werden pflegt, hei Beachtung der für die Mercätor-Funktionen ein-
gefühx’ten Zeichen wegfällt.
Im nachfolgenden soll zuerst die direkte Methode behandelt werden. In umstehender Figur sei Z
das Zenith (die Erde vorläufig als Kugel angenommen), M der scheinbare Ort des einen, 8 der scheinbare
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