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Full text: 26, 1903

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Dr. L. Großmann: Die Drehung der Winde an der deutschen Küste etc. 
bis Februar. Für die Unterschiede vou Rügenwaldermünde gegen seine Umgebung treten am Nachmittag 
hier sehr große positive Unterschiede, am Morgen viel kleinere und teilweise negative, am Abend große 
negative Unterschiede auf; es würde dies Verhalten zum größten Teil seine Erklärung finden, wenn der 
Landwind in Rügenwaldermünde am Nachmittag, etwa wie der Seewind zu dieser Zeit nicht senkrecht zur 
Küste stünde, sondern nach rechts abgelenkt wäre — eine solche Abweichung der Richtung der Landwinde 
würde, wenn auch geringer, bereits am Morgen hervorzutreten scheinen, am Abend aber nicht vorhanden 
sein. Am Abend zeigt das Gebiet der Seewinde, wie für den NE-Quadranten, eine geringere Ausdehnung 
als am Nachmittag und eine erheblich größere als am Morgen. Es erstreckt sich im April über die Ost 
see, im Mai bis Juli über die ganze Küste und im August noch von Wustrow bis Memel; die Verringerung 
der negativen Differenzen an der Nordsee im April und August deutet aber wie vorhin auch hier die ent 
sprechende weitere Ausdehnung der Herrschaft der Seewinde an. Die übrigen Differenzen sind negativ; 
soweit diese den Landwinden zuzuschreiben sind, weisen sie die zu erwartende kleine Abnahme vom 
Morgen zum Nachmittag und ebensolche Zunahme zum Abend auf, wobei der Abend meist etwas größere 
Werte zeigt. 
Wenden wir uns nun zur Untersuchung der von Ort zu Ort auftretenden Unterschiede der Prozent 
zahlen des NW-Quadranten. Für diesen finden wir zufolge Tab. IV in allen Monaten im Westen, ostwärts 
bis Kiel und meist noch bis Wustrow nur positive Differenzen, während das übrige Gebiet negative Diffe 
renzen aufweist, ausgenommen am Nachmittag von April bis September und noch am Abend durchweg im 
August und mehrfach im Juni, September und Oktober. Für den Westen tritt hier sehr deutlich der Einfluß 
der Lage der Minuend-Stationen Borkum und Keitum hervor, indem an diesen Orten die Winde im Bereiche 
der Minima häufiger als auf den mehr zurückliegenden eine Drehung nach dem NW-Quadranten erfahren. 
Aus dem gleichen Grunde sehen wir, um es vorweg zu nehmen, im Westen für den SE-Quadranten die 
Minuszeichen vorherrschen. In den Wintermonaten zeigen die Differenzen meist, wie zu erwarten, eine 
kleine Abnahme bis Nachmittag und eine kleine Zunahme vom Nachmittag bis zum Abend. In den Monaten 
April bis Juli und von Wustrow ostwärts im August und September nehmen die Unterschiede bis Nach 
mittag zu und dann bis Abend ab, wie dies unter der Einwirkung des Seewindes zu erwarten ist. 
Bei Tab. III wurde darauf hingewiesen, daß, wo zwei Vorzeichen auftreteu, die Differenz theoretisch 
das erste Vorzeichen haben müsse, falls die Seewinde an den betreffenden beiden Orten die gleiche Stärke 
hätten. Die in Klammern gestellten Vorzeichen kommen i. A. nicht in Betracht, soweit es sich um den 
Morgen handelt und das Gleiche dürfen wir vom Abend annehmen. Für den NW-Quadranten treffen 
wir am Morgen während der Zeit, die das Verhalten des NE- und SW-Quadranten als die der Herrschaft 
des Seewindes charakterisierten, an der Ostsee negative Vorzeichen der Differenzen. Es würde Dieses ein 
Ueberwiegen des Einwirkens der Subtrahendstationen auf die Differenzen bedeuten, also ansagen, daß am 
Morgen um 8 h der Seewind auf den zurückliegenden Stationen Swinemünde und Neufahrwasser stärker auf- 
tritt als bei den in das Meer vorgeschobenen Orten Wustrow, Rügenwaldermünde und Memel. Da nach 
allen Erfahrungen sich der Seewind dem Lande von See her nähert, so möchten gegen diese Erklärung Be 
denken vorliegen, wenn nicht zu ihren Gunsten für die auf dem Südufer der Buchten gelegenen Orte das 
zeitige Auftreten stärkerer thermischer Gradienten angenommen werden könnte. Die Zahlen lassen es auch 
möglich erscheinen, daß für Rügenwaldermünde vielleicht ähnliche Verhältnisse wie für Rio de Janeiro vor 
liegen. ln der Abhandlung „Ueber Land- und Seewinde und deren Verlauf“ in „Das Wetter, 1884“ bat 
Kapitän Seemann darauf hingewiesen, daß die am Morgen über dem Lande stärker als über dem Meere 
erwärmte Luft nicht allein nach oben drängt, sondern auch seitwärts drückt, und daß dieser seitliche Druck 
der Luft über dem Lande nicht allein den raschen Zutritt der Seewinde verzögert, sondern sogar unter 
Umständen eine von der Küste nach dem Meere wehende Luftströmung liervorrufen könne, die gewöhnlich 
als der Abschluß der nächtlichen Landwinde betrachtet werde; Seemann machte darauf aufmerksam, daß 
diese besondere Luftströmung in Rio eine sehr bekannte Erscheinung sei, wo dieser Landwind im Sommer 
bis 10 und ll h anhält, um 8 h am stärksten ist und den den Hafen verlassenden Schiffen von großem Nutzen 
ist. Nach dieser Theorie von Seemann würde am Morgen durch die Erwärmung des vorspringenden 
Küstenteils, der Rixhöft an seiner Spitze trägt, zunächst ein Abfließen von Luft nach beiden Seiten und 
somit eine Verringerung der Winde des NW-Quadranten in Rügenwaldermünde und eine Zunahme in Neu- 
fahrwasser hervorgerufen werden können, von welchen Erscheinungen die Abnahme des NW-Quadranten in 
Rügenwaldermünde stark hervortreten würde.
	        
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