Dr. J. B. Messerschmitt: Ergebnisse von Sextanteupriifnngen an der Deutschen Seewarte
i
Es wird bei Sextanten immer ein sog. „nachtragender“ Nonius verwendet, dessen Bezifferung in derselben
Richtung wie diejenige der Haupttheilung fortschreitet. Beträgt nun der Werth eines Theiles der Haupt
theilung a Minuten und umfasst der Bogen des Nonius n solcher Theile, so ist die Länge des ganzen Nonius
gleich an Minuten. Wird nun derselbe in n-f1 Theile eingetheilt, so beträgt der Werth eines jeden Theiles
am Nonius —Minuten. Der Unterschied zwischem einem Theile der Haupttheilung und einem Theile
des Nonius ist demnach:
an
n + 1
n + 1
Minuten.
Die Noniustlieile sind also kleiner als die der Haupttheilung und zwar kann man damit noch den
n + 1 Theil der Haupttheilung messen. Der Nonius giebt, wie schon oben angedeutet, bei Sextanten 10"
oder 15", in selteneren Fällen auch nur 30"; bei Halbsextanten 15" oder 20" und bei Oktanten 80" oder 1'.
Bei einem Theile der Sextanten, z. B. mit 10' Theilung, sind 59 Theile des Limbus (9° 50') in 60 Theile am
Nonius getheilt. Es beträgt also, ein Noniustheil 9'50" gegen 10' der Limbustheilung. Dabei wird der
Nonius ziemlich kurz und daher der lineare Unterschied sehr klein und die Ablesung ist dabei manchmal
etwas schwierig. Um daher grössere Intervalle zu bekommen, wird vielfach der sogenannte „erweiterte“
Nonius verwendet, bei welchen der doppelte Betrag, also 119 Theile des Limbus (19°50') in 60 Theile ge
theilt werden, wodurch ebenfalls der Nonius direkt 10" giebt. Bei 15' Theilung des Limbus werden ent
sprechend 14°45' in 60 Theile getheilt und dadurch die Ablesung 15" erhalten. Bei Oktanten mit 20'
Theilung entsprechen 40 Theile des Nonius 39 Theilen des Limbus, man erhält daher 30" Ablesung.
Theilt man den Nonius, welcher «Theile der Haupttheilung umfasst, in n—1 Theile, wobei also ein
Noniustheil grösser als ein Theil der Haupttheilung ist, so ist der Unterschied zwischen einem Theil der
Haupttheilung und einem Theil des Nonius
an a
n—1 n—1
In diesem Falle läuft die Bezifferung des Nonius entgegengesetzt wie die Bezifferung der Haupttheilung.
Dieser sogenannte „Vortragende“ Nonius wird jedoch bei Sextanten niemals verwendet.
Die Feinheit der Theilstriche bestimmt die zulässige Ausdehnung des Nonius. Es darf also der Unter
schied in den Intervallen der beiden Theilungen nicht so gering werden, dass man im Zweifel über die
Koinzidenz der entsprechenden Striche sein kann. Fällt kein Theilstrich des Nonius mit einem Striche der
Haupttheilung zusammen, was man am schärfsten erkennt, wenn man die Stellung der beiden dem best-
koinzidirenden benachbarten Striche vergleicht, so werden noch Bruchtlieile geschätzt. Eine solche Schätzung
lässt sich genauer ausführen, als die Ablesung an einem zu fein getlieilten Nonius. Da als ungefähre Grenze
einer praktisch noch brauchbaren Theilung beim Beobachten mit blossem Auge noch eine Noniusverschiebung
von ’/lui mm angenommen werden kann, so lässt sich leicht die Grenze ermitteln, wie weit man gehen darf,
um beim Beobachten mit einer Lupe noch deutlich ablesen zu können. Die Verschiebung darf um so viel
kleiner sein, als die Vergrösserung der Lupe beträgt.*)
Um die Koinzidenzen der Theilstriche in der Nähe des Anfangs- oder Endpunktes des Nonius genau
beurtheilen zu können, wird bei den meisten neueren und besseren Instrumenten auf dem Nonius noch eine
sogenannte Uebertheilung (auch Vorbogen, Exzedenz genannt) angebracht, welche sowohl vor dem Null
strich, als auch nach dem Endstrich des Nonius liegt.
Während nun aber die eigentliche Kreistheilung jetzt fast immer gut hergestellt wird, ist dies bei der
Noniustheilung nicht immer der Fall. Besonders häufig findet man die Ueberstriche unrichtig angebracht,
wodurch ein genaueres Abschätzen nicht möglich ist. Es sollten daher die Mechaniker darauf sehen, die
Nonien stets in gleicher Güte, wie die Theilung des Kreises herzustellen.
Auch kommt es öfter vor, dass der Nonius zu viel oder zu wenig auf die Limbustheilung geschoben ist,
so dass also z. B. nicht 60 Noniustlieile 59 Theilen des Gradbogens entsprechen, sondern einige mehr oder
weniger. Dann ist die am Nonius erhaltene Ablesung der Koinzidenz, mit Ausnahme des Nullstriches, nicht
richtig. Der Fehler wird um so grösser, je weiter der Koinzidenzpunkt zwischen den beiden Theilungen
vom Nullpunkt des Nonius abliegt. Meist ist der Fehler nur 10" bis 20" im Maximum, beträgt also bei
*) Karsten, „Vom Maass und Messen. 1