Archiv 1902. 4.
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No. 4.
Ergebnisse von Sextantenprüfungen an der Deutschen Seewarte.
Bearbeitet von
Dr. 3. B. tlesserschinitt, Assistenten bei der Seewarte.
Einleitung.
Die Untersuchung der nautischen Instrumente und im besonderen der Sextanten ist eine der Haupt
aufgaben der Abtheilung II der D. Seewarte. Es soll dadurch einestlieils dem Nautiker heim Ankauf ein
Anhaltspunkt über die Güte der Instrumente geliefert und nach längerem Gebrauch desselben ihm über
allfällige Aenderungen Auskunft gegeben und andererseits dem Fabrikanten über die Ansprüche, welche an
solche Instrumente gestellt werden können und sollen, Aufklärung verschafft werden. Durch solche Maass
nahmen hinwiederum ist die deutsche Industrie in der Erzeugung der Reflexions-Instrumente, deren Sitz sich
hauptsächlich in Berlin und Hamburg befindet, unabhängig von dem Auslande geworden, und es haben
deren Erzeugnisse sowohl in optischer als auch in mechanischer Beziehung einen hohen Grad von Voll
kommenheit erreicht, die sie auch bei sorgfältiger und sacligemässer Behandlung in der Praxis auf die
Dauer bewahren.
Bei dem Ankauf von Instrumenten, sei es neuen oder gebrauchten, kann nur gerathen werden, solche
zu kaufen, die vorher auf der Seewarte oder in einem anderen Institut geprüft sind und ein gutes Attest
aufweisen. Es ist dabei namentlich auf die gute Konstruktion und sorgfältige Ausführung zu sehen. Bei
manchen Instrumenten, deren mechanische Ausführung befriedigend oder doch noch genügend ist, finden
sich schlechte Spiegel und Schattengläser, Mängel, welche leicht beseitigt werden können. Instrumente
aber, welche wesentliche mechanische Mängel aufweisen, besonders deren Axenfiihrung unsicher ist oder
andere grobe, schwer zu beseitigende Fehler haben, sollten ganz aus der Praxis verschwinden. Kleinere
Exzentrizitätsfehler dagegen, wenn sie sicher bestimmt sind und bei den Beobachtungen berücksichtigt
werden, sind unschädlich. Freilich wird man heim Ankauf eines neuen Sextanten kein Instrument mit zu
grosser Exzentrizität nehmen, und es wäre wohl wünschenswert!», dass Sextanten mit Exzentrizitätsfehlern,
welche mehrere Minuten betragen, nicht auf See benutzt würden.
Gute Instrumente ändern, wie die Untersuchungen gezeigt haben, auch nach jahrelangem Gebrauch
ihre Konstanten nicht oder nur wenig; dagegen können z. B. durch Stösse, oft auch leichterer Natur, starke
Veränderungen hervorgebracht werden. Meist wird dadurch, abgesehen von der Verstellung der Spiegel,
insbesondere des kleinen Spiegels, die Axenfiihrung stark beeinflusst, und damit eine Exzentrizität erzeugt,
bezw. die vorhandene vermehrt und überdies die Sicherheit der Einstellung vermindert, so dass die Beob
achtungen ungenau werden. Bei stärkeren Verletzungen wird auch der Kreis gekrümmt, wodurch Unregel
mässigkeiten auf verschiedenen Kreisständen hervorgebracht werden und das Instrument unter Umständen
fast unbrauchbar wird. Es ist daher unbedingt nothwendig, nach stattgehabten Unfällen den Sextanten
nicht nur dem Mechaniker zur Reparatur, sondern auch einer Prüfungsstelle zur Untersuchung und Fest
stellung allfälliger Fehler zu geben.
Ueber die Art und Weise der Prüfung der Spiegelinstrumente an der Seewarte ist bereits mehrfach
Mittheilung gemacht worden; eine grössere Abhandlung über diesen Gegenstand, welche zugleich einen
ersten Versuch darstellt, die aus den Prüfungen erhaltenen Erfahrungen weiter zu verwerthen, ist von
H. Eylert „Der Sextant“ in der Publikation „Aus dem Archiv der D. Seewarte“ 1881 erschienen. Während