Skip to main content

Full text: 24, 1901

92 
Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1901 No. 1 — 
und der sich selbstthätig ablösende Oberdrache (s. S. 87) wichtige Sicherheitsmaassregeln. Da die Spannung 
durch rasches Einholen vergrössert wird, so muss man, wenn die Spannungen gross werden, hauptsächlich 
die Zeiten, wo sie nachlassen, zum Einholen ausnutzen. Vor Gewittern sind die Drachen immer thunlichst 
zu bergen, weil ein Blitzschlag in den Drachen den Draht in feurigen Dampf auflöst, wie dies in Amerika 
vorgekommen sein soll. 
Scharfe Biegungen kommen am ehesten an den Befestigungsstellen von Zweigleinen oder bei Splissungen 
vor. Herr Teisserenc de Bort hat mir gegenüber die Ansicht ausgesprochen, dass es die an diesen Stellen 
stattfindende Unterbrechung der regelmässigen Vibrationen des Drahtes*) sei, die eine Lösung des inneren 
Zusammenhanges seiner Theilclien bewirke. Mir selbst erscheint es aber wahrscheinlicher, dass die Ursache 
in Knickungen des Drahtes zu suchen ist. Kann man doch den härtesten Stahldraht durch wiederholtes 
Biegen mit der Zange oder selbst mit den Fingern abknicken. Am 5. Dezember 1899 ist der 0.8 mm starke 
Hauptdraht dicht oberhalb der Klemme, an der das Instrument hing, anscheinend infolge der Schwan 
kungen des letzteren, abgeknickt. Auch bei Anbringung des obersten Instruments im Drachen bleiben ähn 
liche Gefahren beim Anklemmen von Nebendrachen oder eines unteren Instruments bestehen. Die An 
wendung der oben erwähnten Knopp’schen Klemme, deren Beschreibung wir demnächst vom Ivönigl. Preuss. 
Aeronaut. Observatorium erwarten dürfen, wird dieselben gering machen und zugleich die Hantierung be 
schleunigen. 
Muss man das Instrument an die Leine hängen, so empfiehlt es sich, einen Schutz gegen Stösse an 
demselben anzubringen. Es braucht dies nicht gerade eine ganze Korbhülle zu sein, auch drei elastische 
Stangen nach den drei Richtungen des Raumes genügen, um einen Theii von der Gewalt des Stosses abzu 
mildern; die Erfahrung zeigt, dass selbst das ungeschützte Instrument viel mehr verträgt, als man von 
seinem zarten Bau erwarten sollte. Sind die Enden dieser Stangen durch Bäusche gedeckt und durch 
Schnüre verbunden, so ist auch die Gefahr, dass das herabfallende Instrument eine Person beschädigen 
werde, nicht gross. 
Wenn ein Drache mit einem beträchtlichen Stück von der Leine fortfliegt, so kommt bei seinem all 
mählichen Sinken naturgemäss diese viel früher in Berührung mit dem Erdboden, als der Drache selbst. 
Besteht sie aus Schnur, so schlingt sie sich bald um irgend ein Hinderniss und der Drache bleibt schweben, 
ist weithin sichtbar und kann leicht geborgen werden. Glatter Draht dagegen gleitet über diese Hindernisse 
hinweg, legt sich beim Fallen des Drachens auf den Boden und kann hier Unheil anrichten und zugleich selbst 
unbrauchbar werden. Es wird sich daher unter Umständen empfehlen, im oberen Theile des Hauptdrahts 
— nur dieser Theii kommt in Frage, da die Spannung nach unten zu abnimmt — einen oder mehrere kleine 
Anker anzubringen, namentlich über gefährdet erscheinenden Stellen. Fig. 86 zeigt einen solchen Anker: 
h ist der Hauptdraht, k eine der S. 88 beschriebenen Klemmen, a das als Anker dienende Stück Stahldraht, 
das zu einer Schlinge gebogen ist und ausserdem die Schnur s trägt. Es ist freilich schwer zu sagen, ob 
man ein solches Festhaken mehr wünschen oder fürchten soll. Geschieht es in der Nähe und dauernd ge 
nug, so enthebt es einen freilich so gut wie aller Sorge. Schon mehrmals ist so in Hamburg ein fort 
geflogener Drache, der sich in geringer Entfernung an einem Zaune oder dergl. verankert hatte, fliegend 
ohne Schaden zurückgeholt worden. Findet aber ein immer erneutes Verankern und Wiederlosreissen statt, 
so kann die Reise des Gespanns, wie die Berliner Erfahrung vom 26. Juli 1900 zeigt, auf abenteuerliche 
Entfernungen ausgedehnt werden und die Gefahr für allerhand Unfälle während derselben ist nicht un 
bedeutend. 
Selbstverständlich müssen alle oder doch einige Drachen des Gespanns eine Aufschrift tragen, die an- 
giebt, wo sie abzugeben sind oder welche Stelle zu benachrichtigen ist, und eine Belohnung hierfür ver 
spricht. Auf die Drachen der Seewarte wird ein auf Leinwand deutlich gedrucktes Plakat dieses Inhalts 
aufgenäht; seit dieses geschieht, ist kein Drache verloren gegangen, sondern stets sehr.rasch der Drache 
oder Nachricht von ihm überbraclit worden. 
Reisst die Leine und sieht man den oder die Drachen fortfliegen, so hat man sich, wenn sie ausser 
Sicht kommen, zwar die Richtung ihres Fluges zu merken, aber seine Aufmerksamkeit zunächst der Bergung 
des Instruments und des Drahtes zuzuwenden. Werden beide noch von einem Drachen getragen, so holt 
*) Der Draht giebt, wenn er unter starker Spannung ist und mehrere hundert Meter von ihm ausstehen, fast stets 
ein mehr oder weniger schrilles Summen von sich.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.