W. Koppen: Erforschung der freien Atmosphäre mit Hülfe von Drachen.
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ebene einstellen kann. Allein wenn der Abstand beider Drachen unter 100 m bleibt, und der obere Drachen
nicht mehr als ’/a» höchstens die Hälfte, der Tragfläche des unteren hat, so kommt dieser Zwang praktisch
nicht in Betracht. Denn der Winkel, den die Leine des oberen „Pilot“-Drachens mit der des „Haupt“-
Drachens bildet, ist ein so stumpfer, dass zu seiner Bildung eiu sehr kleiner Theil vom Winddruck auf den
letzteren ausreicht. Im übrigen aber wird durch die Beigabe des Piloten sowohl das Auflassen, als das
Landen des Hauptdrachens in schwachen und starken Winden sehr viel leichter und gefahrloser, und der
Zug im Draht, sowie anscheinend auch die Bewegungen des Hauptdrachens gleichmässiger.
Eine Einrichtung zum Abfliegen des oberen Drachens bei übermässigem Gesamtzuge der beiden
Drachen, bez\v. Verwendung fles oberen als „Sicherheitsdrachen“, ist wohl zuerst auf dem Berliner Aero
nautischen Observatorium nach dem auf S. 6 erwähnten Unfall zur Durchführung gekommen. Dieselbe
funktionirt, soviel mir bekannt, zur Zufriedenheit, ist aber ziemlich voluminös und schwer. Fig. 82 zeigt
eine kompendiöse Vorrichtung für diesen Zweck, im Anschluss an die S. 72 beschriebene Schlangenkausch.
Der schwarze Strich rs bezeichnet ein Stück harten Stahldrahtes (etwa 0.8 mm Durchmesser), um das die
dünne Reissschnur geschlungen ist, deren Kürze ihr nicht gestattet, vom Draht abzugleiten. Der Draht ist
bei r an die Schlangenkausch gelascht und an deren anderem Ende, entweder einfach durch deren Oeffnung
durchgesteckt oder sonstwie festgehalten. Die zum Oberdrachen führende Schnur sitzt mit einem Knoten
auf dem Draht rs; die zum Hauptdrachen führende greift sowohl durch die Schlinge der Reisssclmur, als
durch diejenige der stärkeren und etwas längeren Reserveschnur, die beide durch die Oeffnung der Kausch
gehen. Beide Drachen hängen zunächst nur an der Reissschnur; steigt der Gesamtzug beider Drachen über
die doppelte Zerreissfestigkeit der Reissschnur, so reisst diese, die zum Oberdrachen führende Schnur gleitet
vom Draht und dieser Drache fliegt ab, während der Zug des Hauptdrachen, in dem sich das Instrument
befindet, von der Reserveleine aufgenommen wird. Hat z. B. der Stahldraht der Leine 90 kg Zerreissfestig
keit und -wollen wir mit 3 /j Sicherheit arbeiten, so müssen wir eine Reissschnur nehmen, deren Festigkeit
30 kg beträgt und die also, doppelt genommen, bei ca. 60 kg reisst. Uebt nun der obere Drache, weil er
halb so gross ist, wie der untere, die Hälfte von dessen Zug aus, so sinkt, wenn die Schnur unter einem
Zuge von 60 kg reisst, der Zug auf 40 kg, und es ist nun wenig wahrscheinlich, dass er noch bis nahe an
die Grenze der Zerreissfestigkeit des Drahtes steigen könne.
Hält man die Zerreissfestigkeit einer Schnur für allzu veränderlich für diesen Zweck, so kann man an
die Stelle der Schnur eine Feder setzen, die die beiden Drachenleinen hält und die des oberen freigiebt,
wenn sie sich bis über das Ende des Drahtes rs ausgedehnt hat. Wird die Leine zum Oberdrachen um
einen Theil des Hauptdrachens herumgeführt, besteht sie also unten aus zwei Zweigen, so ist es zweckmässig,
die einfache Schnur des Oberdrachens mit einem Ringe endigen zu lassen und durch diesen den untersten
doppelten Theil so durchzustecken, dass er beim Abgleiten des Knotens vom Drahte rs durch diesen Ring
durchschlüpft, aber mit seinem anderen Ende an der Kausch bezw. dem Hauptdrachen hängen bleibt. Natür
lich muss der Oberdrache mit dem Aufdruck einer Belohnung für den Wiederbringer versehen sein.
Für die Hilfsdrachen, die zum Tragen des Drahts weit unter seinem Ende angebracht werden, ist das
Eddy’sche System wohl ohne weiteres angezeigt. Eine Durchführung der Leine durch den Drachen würde
hier entweder ein Zerschneiden des Drahts oder Schwierigkeiten beim Bau des Drachens bedingen. Zudem
können diese Drachen auch nach dem Eddy’schen System im Falle eintretender Windstille am Boden durch
die oberen an kurzer Leine bis in eine Windströmung emporgetragen werden und hier ihre richtige Lage
annehmen. Im Falle die Windrichtung erheblich mit der Höhe sich ändert, lässt die Eddy’sche Koppelung
jeden Drachen sich frei nach dem örtlichen Winde einstellen. Die angefügten Hilfsdrachen dürfen keinen
Schwanz haben, da dieser sich in dem Hauptdraht verwickeln würde. Auch dürfen die Nebendrachen keiner
lei Stellen haben, in denen sich der Hauptdraht verfangen könnte, sondern müssen von diesem bei Berührung
frei abgleiten.
Das Anheften von Zweigleinen an den glatten Stahldraht erfordert besondere Vorrichtungen. Dieselben
müssen auch unter grossem Zuge nicht nachgehen, den Draht nicht beschädigen und sich schnell festmachen
und wieder ablösen lassen. Bei meinen Versuchen habe ich anfangs zu diesem Zweck abgeschnittene Flaschen
hälse mit dem bekannten Patentverschluss verwendet; diese lassen sich zwar schnell anklemmen und ab
nehmen, gefährden aber die Festigkeit des Drahtes. Später habe ich es mit dem Auflaschen von Schnür
enden auf die Splissungen im Draht versucht; die Enden -wurden mittels getheerten Garns auf die rauhe
Stelle gelascht und an sie dann der Nebendrache gebunden. Analog, aber zweckmässiger, verfuhr das