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Full text: 24, 1901

W. Koppen: Erforschung der freien Atmosphäre mit Hülfe von Drachen. 
in Thätigkeit kommt; einer Messung während des Einholens selbst, die bei Verwendung eines Motors wohl 
räthlich ist, bedarf es bei Handbetrieb nicht. Mittels der angeschraubten Handhabe h und einer ebensolchen 
auf der Rückseite werden Tisch und Kasten in das passende Azimut gedreht. 
Der Umstand, dass in diesem bezw. dem Washingtoner Modell der Draht der Leine direkt von der 
Trommel zum Drachen abgeht, ohne eine vorgelegte Rolle zu passiren, macht beim Einhieven die Beihülfe 
einer dritten Person, neben den beiden die Kurbeln drehenden, zum Leiten und Vertheilen des Drahtes 
nothwendig. Dies wird in der Regel zwar nur lästig, und nicht ein wirklicher Uebelstand sein, da ein den 
Aufstieg Leitender in der Regel doch dabei sein wird und diese Aufgabe übernehmen kann. Doch wird 
seine Aufmerksamkeit dabei von anderen wichtigen Dingen abgelenkt, insbesondere von den nöthigen Be 
obachtungen und Notirungen. Andererseits gestaltet sich dadurch manches viel einfacher. 
Wo ein dauernder Drachenbetrieb für meteorologische Zwecke eingerichtet wird, muss man suchen, so 
bald als möglich einen Motor an Stelle der Menschenkraft zu setzen. Drachenhaspeln mit Motorbetrieb 
giebt es, so viel mir bekannt, zur Zeit nur auf dem Blue Hill, in Washington, in Trappes und in Berlin- 
Tegel. Von diesen sind die beiden ersteren mit Dampf, die beiden letzteren mit Elektrizität getrieben. 
Ausser in demjenigen in Trappes, der einfacher gebaut ist, geschieht in ihnen der ganze Betrieb automatisch, 
indem der Draht über eine Reihe von Rädern geleitet ist, die auf den Antrieb der Maschine auch die Ver- 
tlieilung des Drahtes über die Trommel und die beständige Aufzeichnung der Spannung im Drahte, in Berlin 
auch die seines Abgangswinkels, besorgen. Dadurch werden freilich diese Winden sehr komplizirt und 
sehr theuer. Eine Beschreibung und Abbildung der Winde des Observatoriums zu Berlin-Tegel wird in 
kürzester Zeit von diesem herausgegeben werden. Diejenige vom Blue Hill ist wiederholt dargestellt worden, 
z. B. im Quarterly Journal R. Met. Soc., 1898, S. 253; am eingehendsten im Blue Hill-Bulletin No. 3, 1899. An 
dieser Stelle führen wir als Beispiel die in Washington angewandte Maschinerie in Fig. X, Taf. 4 vor, nach 
einer Photographie, welche die Seewarte der Gefälligkeit des Weather Bureaus verdankt. Links sieht man 
die Tanks für das Heizmaterial (Petroleum) und das Wasser, in der Mitte die Dampfmaschine, rechts den 
Haspel, an und in dessen Kasten man, wenn auch nur undeutlich, die Vorrichtungen zum beständigen Auf 
schreiben der Drahtspannung (die weisse Trommel) und zur automatischen Vertheilung des Drahtes auf die 
Magazintrommel erkennt. Wird das hochstehende Azimutrad abgenommen, so kann der Kasten durch einen 
Deckel geschlossen werden. Auch ist in diesem Deckel eine Oeffnung, durch die dieses Rad hindurchgeht, 
so dass, wenn man bei Regenwetter arbeitet, wenigstens der Rest der Maschinerie trocken bleibt. 
ln ähnlicher Weise werden im Washingtoner System auch die Handwinden unter freiem Himmel auf 
einer hölzernen Plattform aufgestellt und gegen Regen und unbefugte Hände nur durch einen Kasten nebst 
Deckel, letzterer mit verschliessbarem Schlitz, geschützt. Auch auf dem Blue Hill ist das Personal, während 
die Drachen fliegen, Wind und Wetter ausgesetzt. Demgegenüber bedeutet die Einrichtung auf dem Ob 
servatorium des Herrn Teisserenc de Bort zu Trappes eine wesentliche Erleichterung des Betriebes: die 
Winde ist in einer drehbaren Hütte aufgestellt, zu dessen weit offener Thür hinaus der Draht zum Drachen 
geht. Maschine und Personal sind auf diese Weise stets, da doch die Drachen nach Lee fliegen, vor Wind 
und Regen geschützt, während doch die Kontrole des Drachens und des Drahtes, sowie die Kommunikation 
zwischen Drachen und Haspel beim Auflassen und Landen einfach sind. Endlich auf dem äronautischen 
Observatorium des Preuss. Meteor. Instituts zu Berlin-Tegel ist der grosse, von einem 7-pferdigen Elektro 
motor getriebene Haspel in einem 25 m hohen Thurme aufgestellt, in dessen Mitte der Draht senkrecht 
aufwärts geht bis zur obersten Plattform, wo er in einem kunstvoll gearbeiteten Dreharme zwischen zwei 
führenden Rädern das Freie erreicht; durch ein Kugellager ist eine so leichte Drehung des Armes auch bei 
grösster Spannung des Drahtes gesichert, dass das Einstellen des Drahtes auf das Azimut des Drachens 
völlig dem Zuge des letzteren überlassen werden kann. Das Auflassen der Drachen geschah am Observa 
torium im Sommer 1901 in der Weise, dass sie von einer fahrbaren Winde aus an einem Vorläufer aus 
dünnem Stahlkabel steigen gelassen wurden und dieser darauf an das von der Thurmplattform ausserhalb 
des Thurms zur Erde herabgezogene Ende des Stahldrahts befestigt wurde. 
In Hamburg ist, wie schon im 1. Abschnitt erwähnt, das System von Trappes zur Anwendung ge 
kommen. Es hat sich befriedigend bewährt und wird voraussichtlich auch nach der im Frühjahr 1903 
bevorstehenden Uebersiedelung auf einen zum regelmässigen Betriebe geeigneten Platz innegehalten werden. 
Die drehbare Hütte ist geräumig genug, um einen Elektromotor oder auch einen nicht zu kleinen Benzin 
motor (etwa Daimler-Motor) aufzunehmen.
	        
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