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Full text: 24, 1901

W. Koppen: Erforschung der freien Atmosphäre mit Hülfe von Drachen. 
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Schnur unter die Nagelköpfe; zum Zusammenlegen des Drachens werden nur (in der Kegel nach vorher 
gehender Entspannung durch Abnahme des Lieks vom Hinterende) die Seitenecken von den Schraubköpfen 
abgeknöpft, die Arme aus den Blechhülsen gezogen, das Zeug zusammengelegt und mit den Armen zusammen 
an die Längsleiste gebunden (gezeist), durch zwei kurze Schnüre (Zeisinge), die sich an dieser befinden. 
Da die Arme aus weichem Fichtenholz bestehen, können die Endschrauben sich in der starken Spannung 
herausarbeiten, wenn sie nicht richtig (schräg) eingeschraubt und das Holz durch aufgesetzte Drahtlaschung 
verfestigt ist. Die Querschnitte sind ungefähr die folgenden: 
Bambus 
Holzleiste dickes Ende dünnes Ende 
Bei einem Drachen von 2—3 qm 7X11 mm 25 mm 20 mm 
> » » » 1—2 » 7X11 > 20 » 15 » 
Die Ecken des Zeuges sind zum Schutz mit Handschuhleder übernäht. 
Das Gewicht der Drachen in dieser Ausführung, mit Nanzuk-Bezug, beträgt 0.5 bis 0.6 kg pro Quadrat 
meter Fläche. Sie sind also relativ sehr leicht, dabei doch kräftig und dauerhaft. Sie fliegen, sobald der 
Wind auf dem Drachenplatze (2 m über dem Erdboden) 8 m pro Sek. und auf dem Thurme der Seewarte 
(28 m über dem Boden) 4‘/2 m pro Sek. übersteigt; thut er dies aber nur in kurzen Puffen von wenigen 
Minuten, so kommen sie nicht zum Stehen und lassen sich nicht über den ersten Sprung hinaus hoch bringen. 
Flaut der Wind unter diese Grenze ab, so schaukeln sie, legen sich vorn über und schweben langsam vor 
wärts und abwärts, die Leine hängen lassend; sind sie hoch genug, so erholen sie sich indessen meist noch 
vor Erreichung des Bodens und steigen wieder empor; wenn nicht, so gleiten sie gegen den Wind oder in 
grossen Kreisen zum Boden nieder. Ist der Wind stark — gemeinhin schon von 8 m pro Sek. an — so 
werden die beiden hinteren Schrägseiten eingedrückt, der Drachen erscheint in der Form Fig. 85. Dabei 
aber wird der Druck auf die Seiten ungleich, der Drache wird, der Kopf voraus, zur Seite und zugleich 
herab gedrückt und schiesst entweder in einem grossen Kreise herum oder, nach immer weiterem Nieder 
drücken, zu Boden. Dieser Mangel an Stabilität ist der grosse Vorwurf, den man diesen sonst vortreff 
lichen Drachen machen muss und der seine Verwendbarkeit sehr einschränkt. 
b) Kasten- oder Kar grave-Drachen wurden bei den Versuchen der Seewarte in verschiedenen 
Ausführungen angewandt; alle aber, bis auf einen Dreikanter, hatten sie die rektanguläre Kastenform und 
fast alle waren, nach amerikanischem Vorbild, an allen Kanten von durchgehenden Holzleisten eingefasst. 
Abgesehen von einem 5 qm grossen zusammenlegbaren Kastendrachen, der 1899 gebaut wurde und eine Reihe 
von Malen aufstieg, aber sich als nicht genügend stabil erwies, wurde einerseits der 6*/3 qm grosse Marvin- 
Drache aus Washington, andererseits eine Anzahl kleinerer Drachen von 2 bis 4 qm in den Versuchen be 
nutzt; deren Beschreibung soll nunmehr folgen. 
Bemerkt sei hier noch, dass die theilweise Ausfüllung der mittleren leeren Zelle der Hargrave-Drachen j 
die ich einige Male versucht habe, keine schädlichen, aber auch keine erheblichen nützlichen Wirkungen 
zeigte. Diese Ausfüllung ist in verschiedener Weise erfolgt; im Querschnitt (Fig. 36) waren es bald die 
Seitenflächen ac und bd, bald die obere Tragfläche ab, die beigefügt wurden, jedoch nur in vereinzelten 
Fällen; eine günstige Wirkung zeigte die Anbringung der schrägen Fläche amb insofern, als der Drache, 
bei guter Stabilität, ein besonders sanftes Landen aufweist: beim Fallen legt er sich horizontal und amb 
wirkt als Fallschirmfläche. Meine Erwartung, dass die Zeugfläche amb das erste Aufsteigen des Drachens 
erleichtern würde, bestätigte sich dagegen nicht; auch mit dieser Fläche steigen die Kastendrachen weit 
schwerer, als die weiter unten beschriebenen Treppendrachen, und verlangen annähernd 6m pro Sek. Wind 
geschwindigkeit. Doch verdienen diese Experimente weiter verfolgt zu werden, da ja erst die Erprobung 
unter den verschiedensten Windverhältnissen ein definitives Urtheil gestattet. Ein Verlust an Stabilität durch 
die Fläche amb hat sich, auch bei relativ hohen Aufstiegen, nicht gezeigt. 
61) Der grosse Marvin-Drache. Diese Varietät des Hargrave-Drachens, die zu allen Aufstiegen im 
Systeme des Washingtoner Weather-Bureaus während des Bestehens seiner 17 Drachenstationen gedient 
hat, ist von Prof. Marvin erst nach Veröffentlichung seiner grundlegenden, in der „Monthly Weather Review“ 
erschienenen Untersuchungen erfunden und ist nirgends eingehend beschrieben und begründet worden. Ab 
bildungen desselben sind wiederholt publizirt worden und eine knappe Anleitung zu seiner Zusammensetzung 
und Behandlung findet sich in den „Instructions for Aerial Observers“ (Washington 1898). Die Seewarte 
Archiv 1901. 1. 
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