44 Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1901 Ko. 1 —
scheint in Ostasien ziemlich verbreitet zu sein, u. A. auch in Japan. Eddy's Drache ist ungefähr eben so
breit wie lang; sein Gerüst besteht aus nur zwei Stöcken, deren einer die gerade Mittelrippe bildet, während
der Querstock rückwärts gebogen ist und in einer Entfernung von etwa 19°/ 0 der Länge vom Kopfe des
Drachens an die Mittelrippe angesetzt ist. In Fig. 26 stellt a die Mittelrippe, b die durch die Schnur c ge
krümmt gehaltene Querrippe dar, die gewöhnlich ebenfalls hinter dem Zeuge liegt.
Die ersten Versuche des Hebens von llegistrir-Apparaten auf dem Blue Hill fanden mit diesen Drachen,
zu mehreren in ein Gespann vereinigt, statt. Dabei ergab sich als der mangelhafteste Theil des Drachens
die Stange 6, da es schwer ist, eine gleichmässige Krümmung derselben und die nöthige Festigkeit zu er
reichen. Unter starkem Winddruck verloren die Drachen daher oft die Symmetrie oder brach der Quer
stock. An Stelle des gebogenen Stockes wurden deshalb zwei gerade gewählt, die unter einem stumpfen
Winkel von ca. 154° auf einander stossen, wie dies Fig. 27 veranschaulicht. BB ist ein viereckiges Blech
rohr, das in der Mitte einen Ausschnitt zur Aufnahme des Längsstockes A hat und seitlich die Querstöcke
DD aufnimmt. Als Stütze dient ferner das dreieckige Brett e, an das die Querstäbe angelascht werden,
eventuell noch die Strebe F.
Als Material für das Gerüst dienten auf dem Blue Hill Fichtenstäbe (spruce sticks) von rechteckigem
Querschnitt, dessen grösserer Durchmesser gleich etwa Vioo der Länge des Stabes und dessen kleinerer etwa
halb so gross genommen wurde; ihre Länge betrug zwischen IV2 und 3 m. Als Bezug wurde erst Papier,
später leichtes Baumwollzeug angewendet; Nanzuk (nainsook) erwies sich als das beste, weil es grosse
Leichtigkeit mit genügender Dichte und Festigkeit verbindet.
Drachen dieser Art sollen auf dem Blue Hill gut geflogen sein bei Windstärken zwischen 5 und 18 m
pro Sek. (am Boden), und zwar unter Höhenwinkeln von 55° bis 65° (bei kurzer Schnur). Bei 10 m pro Sek.
Windgeschwindigkeit betrug der Zug an der Leine ca. 5 kg für das Quadratmeter. Die Verbesserung be
stand vorwiegend in der Vergrösserung des Zuges, der Höhenwinkel hat nicht wesentlich zugenommen.
Die Malay-Drachen stehen ohne Schwanz sehr steil, aber nur bei Winden von 5 bis 8 m pro Sek. fliegen
sie ruhig und zuverlässig. Bei anderen Windstärken sind sie recht unruhig. Mindestens in den unteren
Schichten, bis über 100 m hinauf, ist es nicht selten, dass ein solcher Drache, selbst wenn er einige Stunden
gut geflogen ist, entweder anfängt schief zu fliegen und herabschiesst oder, trotz langer Schnur, zu „schwimmen“
und zu „tauchen“ beginnt, d. i. sich horizontal legt, die Leine sinken lässt und allmählich, wie ein grosser
Vogel, sich vorwärts, auf den Beobachter zu, niedersenkt und so, zuweilen in Kreisen, zum Erdboden herab
kommt, wenn er nicht rechtzeitig sich noch erholt. In grösseren Höhen ist zwar ihr Flug stetiger, ohne
doch volle Gewähr für seine Dauer zu bieten. Die Hinzufügung eines Schweifes erhöht die Stabilität dieser
Drachen bedeutend, sei es, dass man einen gewöhnlichen Drachenschwanz mit Papierwickeln oder Zeug-
streifeken, sei es, dass man die Archibald’schen Kegel dazu benutzt, wie sie Fig. 28 zeigt. Der Kegelmantel
ist aus leichtem Zeug, die dem Drachen zugekehrte Basis ist offen; es ist zweckmässig, auch die Spitze der
Kegel durch einen Drahtring offen zu halten. Es ist sehr schwer, die Wirkung des Schweifes klar zu be-
urtheilen. Während sein beruhigender Einfluss in den meisten Fällen offensichtlich ist, tritt in manchen
Fällen mehr schädliche, als nützliche Wirkung von ihm hervor, oder ist auch überhaupt keine Wirkung er
kennbar. Mit der Hinzufügung des Schwanzes geht aber auch ein Theil der guten Eigenschaften des Malay-
Drachen verloren: erbrauclit mehr Wind zum Steigen und fliegt unter etwas geringerem Höhenwinke], seine
Behandlung ist etwas zeitraubender und er lässt sich, mit andern zu Gespannen vereinigt, nur als oberster
Drache verwenden, da sonst sein Schwanz sich in den Hauptdraht verwickeln könnte, in welchem Falle der
Drache sofort umfällt.
Aus diesen Ursachen ist der Malay-Drachen, trotz seiner vielen vortrefflichen Eigenschaften, für meteoro
logische Zwecke überall durch, den Hargrave-Draclien verdrängt worden, der zwar viel unbequemer zu bauen
und zu hantieren, auch zerbrechlicher ist und mehr Wind zum Steigen braucht, der aber mehr Stabilität,
auch in starkem Winde, besitzt, und dabei z. Th. unter noch besserem Höhenwinkel fliegt, wie der schwanz
lose Malay-Drache.
C. Har ff rave-Drachen. Herr Lawrence Hargrave zu Sydney in Australien hat bereits in der
Mitte der 80er Jahre, bei seinen Bemühungen zur Herstellung einer Flugmaschine, einen Drachen von eigen
artigem Prinzip erfunden, der wegen seiner günstigen Eigenschaften jetzt der am meisten in der meteoro
logischen Arbeit verwendete Drache ist. In den Schriften der Boyal Society of N. S. Wales hat. er ihn