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Full text: 24, 1901

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1901 No. 1 
Zur Zeit kann man aus der am Haspel gemessenen Spannung noch nicht mit Bestimmtheit die Spannung 
an höheren Stellen der Leine berechnen. Eine Abnahme der Spannung am unteren Ende des Drahtes beim 
Höherlassen des Drachens ist thatsächlich nur ausnahmsweise zu beobachten; die mir zu Gebote stehenden 
Anemometer-Messungen reichen aber nicht aus, um zu entscheiden, ob nicht gleichzeitig die Spannung an 
dessen oberem Ende, wegen Eindringens des Drachens in stärkeren Wind, bedeutend gewachsen ist. 
In dieser Hinsicht nun haben dickere Drähte einen Vorzug vor dünnen, weil bei ihnen der Luftwider 
stand relativ geringer ist. Denn dieser Widerstand wächst nur etwa mit der ersten Potenz des Draht 
durchmessers, während die Festigkeit beinahe, wenn auch nicht ganz, proportional mit dessen zweiter Potenz 
wächst. Ein senkrecht zur Windrichtung ausgespannter Draht von 0.7 mm Durchmesser stellt dem Winde 
auf jeden km Länge 0.7 qm entgegen, ein solcher von 1 mm Durchmesser 1.0 qm; die Zugfestigkeit des 
letzteren ist aber ungefähr das doppelte von jener des ersteren, er kann also eine fast doppelt so grosse 
Drachenfläche halten und das Verhältniss von Tragfläche der Drachen zu der abgetriebenen und nieder 
gedrückten Fläche der Leine ist günstiger. Auf dem Blue Hill wird auf diesen Umstand für hohe Aufstiege 
so viel Gewacht gelegt, dass in einem kürzlich (Science, 5. Okt. 1900) erschienenen Artikel von Fergusson 
die Absicht erklärt wird, künftig Draht von 1.5 bis 1.6 mm Durchmesser zu verwenden, statt von 0.8 und 
1.0 mm wie bisher, und die Drachenfläche dementsprechend von 30 qm auf fast das dreifache zu vermehren. 
Natürlich ist das Vorhandensein eines sehr kräftigen Motors und der feste Bau aller Theile des Haspels 
Voraussetzung, wenn man mit so grossen Spannungen arbeiten will, und ist nicht nur die erforderliche 
Kraftleistung entsprechend grösser, sondern kann auch im Falle eines Abreissens die mechanische Gewalt 
des über den Boden in Ringen hinschleifenden Drahts mehr Unheil anrichten. Ob der erstrebte Vortheil 
von der Anwendung dickerer Drähte sich ergeben wird, muss die Erfahrung lehren; das hängt von dem An- 
theil ab, den der Druck des Windes auf den Draht an der Krümmung des letzteren hat, und dieser Antheil 
ist noch nicht genau bekannt. Aus Fergusson’s sogleich wiederzugebender Tabelle folgt, dass das Verhältniss 
T: w mit zunehmendem Durchmesser des Drahtes abnimmt, freilich langsamer, als das Verhältniss des Längs 
schnitts des Drahtes zu seinem Gewicht; infolge dessen nimmt das Verhältniss dieses Längsschnittes zu T 
ebenfalls mit wachsendem Durchmesser ab. Welche von beiden Aenderungen aber das praktische Resultat, 
die Krümmung der Leine und die davon abhängige erreichbare Höhe stärker beeinflusst, muss der Ver 
such ergeben. 
Unter allen Umständen aber ist es unvortheilhaft, eine und dieselbe Drahtstärke auf einer Länge von 
mehreren Tausend Metern einer Drachenleine zu verwenden, wenn zum Tragen dieser Leine neue Drachen 
mit Zweigleinen an dieselbe angespannt werden. Denn da die Abnahme der Spannung in der Leine durch 
das Gewicht des abgewickelten Theiles, soweit sie überhaupt vorhanden, jedenfalls nur langsam ist, so ist 
die Drahtstärke, wenn sie unterhalb dieser Nebendrachen genügend ist, oberhalb derselben unnöthig gross, 
was einen Verlust an erreichter Höhe bedeutet. Das wohl von Herrn Teisserenc de Bort zuerst angewandte 
System, bei der Hinzufügung weiterer Drachen auch zu stärkerem Draht überzugehen, ist gewiss das richtige. 
Ziffermässige Werthe. Wenden wir uns nun von den blos relativen Werthen zu den absoluten, 
durch Theorie und Beobachtung gelieferten Zahlen. 
Als Material für die Drachenleine kommt, wenn man Höhen über 600 m erreichen will, zur Zeit nur 
Stahldraht in Betracht, weil derselbe für die gleiche Zugfestigkeit weitaus das kleinste Gewicht und die 
kleinste Oberfläche aufweist. Leiten wir aus den durch Fergusson 1897 (in „Harvard Ann.“) für Hanfschnur 
und 1900 (in „Science“, s. oben) für Stahldraht angegebenen Werthen durch Interpolation das Gewicht und 
den Durchmesser für gleiche Zugfestigkeit ab, so erhalten wir folgende lehrreiche ungefähre Uebersicht: 
Festigkeit in kg: ... . 
50 
75 
100 
125. 
150 
Durchmesser J 
Stahldraht . . . 
0.48 
0.57 
0.67 
0.76 
0.86 
in mm 1 
Hanfschnur • . 
2.4 
3.0 
3.3 
3.6 
3.9 
Gewicht, J 
Stahldraht . . . 
1.2 
1.9 
2.7 
3.6 
4.6 
kg pro km 1 
Hanfschnur . . 
5 
7 
9 
12 
14 
Wie man sieht, muss, um gleiche Festigkeit zu erreichen, Hanfschnur etwa den 5 fachen Durchmesser, 
also etwa 25fachen Querschnitt haben, als Stahldraht; ihr spezifisches Gewicht aber ist noch nicht 8mal 
geringer, also ist Schnur mehr als dreimal schwerer, als Stahldraht von derselben Zugfestigkeit. Seide hat zwar
	        
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