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Full text: 24, 1901

Vf. Koppen: Erforschung der freien Atmosphäre mit Hülfe von Drachen. 
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Sogleich nach Bewilligung der ersten Rate im Juni 1899 sind zwei leichte Registrirapparate für Drachen 
zwecke in Bestellung gegeben, nämlich ein Baro-Thermo-Hygrograph bei J. Richard (Richard Freres) in Paris 
und ein Marvin’scher Meteorograph, der ausser diesen Elementen auch die Windgeschwindigkeit aufzeichnet, 
durch freundliche Vermittelung des Washingtoner Weather-Bureaus bei Schneider Brothers in New-York.*) 
Zugleich mit diesem wurde auch ein Original-Drachen des letzten, ebenfalls von Marvin herrührenden Weather- 
Bureau-Modells in Washington in Auftrag gegeben. Leider kam dieser, 6*/ 3 cpn Tragfläche besitzende 
Drachen erst am 14. Oktober 1899 hier an, konnte wegen Windstille erst am 25. Oktober probirt werden, 
und zerbrach bei diesem ersten Aufstieg im Landen 11 von seinen 44 Stöcken. Nachdem aber diese genau 
nach dem nun vorhandenen Muster wieder hergestellt waren, hat sich dieser Drachen in sehr zahlreichen 
Aufstiegen vortrefflich bewährt; es sind seitdem nur wenige Aufstiege erfolgt, an denen er nicht betheiligt 
war. Beschädigungen beim Landen konnten durch zunehmende Uebung und durch die Verwendung eines 
kleineren, an den Rücken des grossen befestigten Tragedrachens mehr und mehr vermieden werden. Zudem 
ist gerade die leichte Reparatur vorkommender Schäden ein Hauptvorzug dieses Drachens, weil die einzelnen 
Stöcke leicht ersetzt werden können, ohne die Spanndrähte verändern zu müssen. Einen Monat nach An 
kunft des Washingtoner Drachens erhielt die Seewarte durch die Güte des Herrn Teisserenc de Bort auch 
einen Musterdrachen aus Trappes, sodass nun für den Bau weiterer Drachen zwei erprobte Modelle vor 
handen waren. Die bis dahin hier gebauten Drachen hatten sich, wegen zu grosser Biegsamkeit, nicht stabil 
genug erwiesen. 
Aus diesen Gründen konnten erst im September 1899 einige wenige Aufstiege mit dem Instrument von 
Richard riskirt werden und erst vom 8. November an wurden solche häufiger wiederholt. Die zahlreichen 
vorher vorgenommenen Proben galten der Orientirung über die verschiedenen bei den Versuchen vorkom 
menden Eventualitäten und waren insofern sehr werthvoll, als sie die nöthige Erfahrung im Exerziren mit 
Drachen gaben. 
Heber die Aufstiege der Jahre 1899 und 1900 findet man einiges Nähere in den Jahresberichten der 
Seewarte für diese Jahre im Abschnitt XII (Wissenschaftliche Arbeiten, unabhängig von den einzelnen Ab 
theilungen). Aufstiege mit iVIeteorograph haben in diesen Jahren nur in den Monaten August bis Dezember 
stattgefunden, und vertheilten sich über die 
einzelnen Monate, 
wie folgt: 
August 
Septbr. 
Oktbr. 
Novbr. 
Dezbr. 
1899 0 
3 
3 
7 
1 
1900 4 
4 
6 
2 
3 
Im Jahre 1899 wurde stets der Meteorograph von Richard benutzt, und zwar in einer Entfernung von 
100 bis 300 m vom Drachen, an kurzer Schnur an den Drachendraht angeklemmt, wenn erst der Drache 
zum ruhigen Stehen gekommen war. Dagegen wurde im Jahre 1900 stets der Marvin’sche Meteorograph 
verwendet und zwar, ausser in zwei Fällen, im Innern des Drachens festgebunden. Wie sehr das Instrument 
an diesem Ort vor Beschädigungen geschützt ist, hat sich in zwei Fällen gezeigt (1. Sept. und 8. Nov. 1900), 
wo der Drache, durch Bruch des Drahtes dicht unter ihm, weggeflogen ist und aus 1490 bezw. 1760 m Höhe 
das Instrument unverletzt herabgetragen hat. Eine genauere Beschreibung dieser beiden, flugtechnisch sehr 
interessanten Fälle habe ich im „Prometheus“, No. 589 und 590 gegeben. 
Das Personal der Drachenversuche bestand, ausser dem Verfasser dieses Berichts, im Jahre 1899 so 
wie von Mitte November 1900 an nur aus einem ständigen Arbeiter, vom Juli bis November 1900 waren 
deren zwei eingestellt. Gelegentliche Hülfe zu den grösseren Aufstiegen wurde ausserdem zuweilen heran 
gezogen und stundenweise bezahlt. Sehr störend war dabei, dass nicht nur in dieser gelegentlichen Hülfe, 
sondern auch in den ständigen Arbeitern mehrfache Wechsel stattfinden mussten, einerseits weil die Geld 
mittel nicht ausreichten, um die Kräfte andauernd zu beschäftigen, andererseits weil der im Sommer 1899 
gut eingeübte Arbeiter unheilbar erkrankte. Es musste daher der Unterzeichnete, nachdem er selbst aus 
Beschreibungen und durch eigene, z. Th. üble Erfahrung die eigenartige Technik sich angeeignet hatte, in 
jedem Sommer neue Personen anlernen. Erleichtert wurde dies übrigens dadurch, dass es sich meist um 
Seeleute handelte, denen die kleinen Künste des Laschens, Knotenschlagens, Schnitzens u. s. w. schon geläufig 
*) Ausserdem wurde ein mittels elektrischer Klingel registrirendes Anemometer von Zschau für den Drachen platz 
angekauft. 
Archiv 1901. 1. 
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