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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1900 No. 5 —
dem Betrage der Aenderung der I. T.-V. iiberwiegt daher bei der Insolations-Schwankung der I. T.-Y. im
jährlichen Verlaufe die auf das Maximum folgende Abnahme, im täglichen Verlaufe jedoch das Ansteigen
zum Maximum über die nachfolgende Abnahme.
Lehrreich ist der Vergleich des Betrages der Aenderung der I. T.-V. von einem Extrem zum folgenden
im jährlichen Gang der Stundenwerthe für Bremen und Barnaul, wie ihn Tab. VI durch die Unterschiede
dieser Aenderungen zum Ausdruck bringt. Für die das Winter-Maximum hervorrufenden Aenderungen
(I. Abnahme und II. Zunahme) treten ganz abnorm grosse Unterschiede zwischen beiden Orten hervor, die
für die Nachtstunden zwar erheblich grösser als für die Tagesstunden sind, indessen auch für diese so gross
sind, dass sie, wegen der maassgebenden Bedeutung der Ausstrahlung für das nächtliche Maximum als Be
stätigung der obigen Voraussetzung der ungleich stärkeren Kraft der Ausstrahlung in Barnaul gegenüber
Bremen dienen müssen. Die wesentlich von der Einstrahlung abhängigen Unterschiede der das Sommer-
Maximum bedingenden Aenderungen (I. Zunahme und II. Abnahme) zeigen fast durchweg kleine Werthe, aus
genommen für die der winterlichen Zunahme vorangehende Abnahme für die Nachtstunden von 9 p bis 9°,
die schon von der Ausstrahlung in stärkerem Grade abhängig ist. Der Einfluss der Insolation auf die inter
diurne Veränderlichkeit scheint hiernach in Barnaul nahezu von gleicher Grösse wie in Bremen zu sein.
§ 6. Der jährliche Verlauf der interdiurnen Veränderlichkeit der Temperatur
um 8“, 2P, 8 p an der deutschen Küste.
In Tab. VII ist entsprechend Tab. V der jährliche Gang der I. T.-V. an den Stationen der Küste für
die Beobachtungs-Termine 8 a , 2?’, 8 p zum Ausdruck gebracht. Hiernach fällt das Winter-Maximum für alle
Termine an der Ostsee durchweg auf den Januar, an der Nordsee jedoch theilweise auf den Dezember und
November; das II. Maximum findet ebenso zu allen Terminen an der Nordsee, wie ebenfalls in Kiel im
Juni, auf den übrigen Stationen der Ostsee im Mai statt. Grössere Verschiedenheit lehrt die Lage der
Minima. Das Frühjahrs-Minimum fällt längs der Küste gleichmässig für 8“ auf den April, für 2 p verfrüht
auf den Februar (vereinzelt März) und für 8 p wieder später, durchschnittlich gegen den Gang für 8" etwas
verfrüht auf März bis April. Eine ausgesprochene zeitliche Verschiebung des Eintritts der Extreme beim
Fortschreiten längs der Küste erfährt nur das Sommer-Minimum, das sich nach Osten hin für 8 a etwas,
für 8 P stark verfrüht und für 2 p verspätet; es fällt für 8“ in Borkum auf den September, für die übrigen
Stationen auf den August, in Rügenwaldermünde und Memel jedoch auf Juli, für 8 p an der Nordsee, wie in
Memel, auf September, von Kiel bis Neufahrwasser auf Juli und für 2 p an der Nordsee meist, wie in Kiel
und Memel, auf September, von Wustrow bis Neufahrwasser auf Oktober oder November.
Der grösste Werth der I. T.-V. fällt für 2 p durchweg auf das Sommer-, für 8" und 8 P auf das Winter-
Maximum, ausgenommen die Nordseeinseln Borkum und Keitum, die das Haupt-Maximum um 8 P im Sommer
zeigen. Als Haupt-Minimum tritt für alle drei Termine gleichmässig das II. Minimum des Jahres in der
zweiten Jahreshälfte auf, ausgenommen den Verlauf für 2 p in Rügenwaldermünde, der den niedrigsten Werth
im Februar zeigt.
Sehr auffällig ist die Uebereinstimmung, die die Verhältnisse in Memel mit denen der Nordsee im
Gegensatz zu den an der Ostsee auftretenden Abweichungen zeigen. Vergleichen wir den Verlauf an der
Ostseeküste mit dem von Barnaul, so ergiebt sich, abgesehen von den für die kalte Jahreszeit durch den
Unterschied der Stärke der Ausstrahlung bedingten Abweichungen, als weiterer Unterschied zumal, dass das
Sommer-Minimum um 2 p und 8 p in Barnaul zeitiger als an der Nordsee (September) im August eintritt,
während die 1. T.-V. um 2 p an der Ostsee von Wustrow bis Neufahrwasser bis zum Oktober-November
ca. 2 Monate länger sinkt und um 8 p von Kiel bis Neufahrwasser ca. zwei Monate zeitiger als an der Nord
see und einen Monat zeitiger als in Barnaul zu steigen anfängt. Es scheinen für die Ostsee von Wustrow
bis Neufahrwasser besondere Bedingungen vorzuliegen, die für das Minimum der II. Jahreshälfte um 2 p eine
Verspätung und um 8 p eine Verfriihung im jährlichen Verlauf der I. T.-V. herbeiführen, während sie für
den Verlauf um 8“ noch keinen Einfluss auf die Lage dieses Minimums auszuüben vermögen. Wahrscheinlich
handelt es sich auch hier, wie oben (§ 4), um eine Wirkung der Seewinde.