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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte —■ 1900 No. 4 —
Mit dem Erdlothe bildet demnach die Zentrifugalkraft ß einen Winkel, dessen Cosinusse gleich folgenden
Ausdrücken sind
— cos g> cos a cos X cos A'+ cos cp sin a sin /V cos X
— COS 90 COS a sin X' sin X COS £— COS cp sin a COS X' COS S sin A
— sin (p sin X sin e.
Die Komponente der Revolutions-Zentrifugalkraft in Richtung des Erdradius ist demnach
c 1 \
ß’y— cos cp cos a [cos A cos A'+ sin X sin X'cos <•]-j- cos cp sin a [cos X sin A'— sin X cos A' cos «]—sin cp sin « sin A
r
oder
oder
COS (f
D j/l + cos 2 s tg X
c
|cos a (cos X + cos 2 s sin X tg X)
da aber
D
D
iv2 ist, so erhalten wir
. c cos <p cosaVcos 2 X + cos 1 « sin-\
c W2 cos a Vcos 2 A + cos 1 s sin 1 A
Dies ist aber das 3. Glied der Formel (10). Das 2. Glied
cos 2 A — cos 2 s sin' 1 A
rw, IV-2 cos s cos 1 cp y—y—- ; r, .
lcos 1 X-\-cos 1 s sin 1 X] 1
ist also nichts anderes als die 3. Zentrifugalkraft, die dank der langgestreckten eykloidalen Form der abso
luten Bahn entsteht. Wie vorauszusehen, ist diese sehr klein: 0.00008 = rw t iv-icost. Bei unseren ferneren
Betrachtungen ist diese zu vernachlässigen.
Formel (10) wird unter Vernachlässigung des mittleren Gliedes demnach
= rw\ COS 2 cp + CW2 COS p COS a VcOS 1 A + COS 2 f sin' 1 X—Jptl
bei A = 0 (Aequinoktium) in Zahlen und als Zentrifugal-Reaktion:
— 0.034 cos 2 (p — 0.006 cos <p cos a fti (11)
Dieser Ausdruck stellt sämmtliche Reaktionen dar, die durch die eigenthümliche Doppelbewegung der
Erde senkrecht zum Horizont in einem Punkte L der Erdoberfläche auftreten. 0.034 cos 2 p ist die durch
die Erdrotation erzeugte, 0.006 cos y cos a die durch die Erdrevolution erzeugte Zentrifugalkraft, p t i ist der
Ausdruck der durch die zusammengesetzte Bewegung hinzutretende neue Beitrag. Er wirkt dem Sinne der
Zentrifugalkräfte allgemein entgegengesetzt. Er ist eine stets drückende Kraft, wogegen 0.034 cos 1 cp eine
stets vom Erdzentrum abgerichtete, 0.006 cos (p cos a bald zum Erdzentrum, bald vom Erdzentrum gewandte ist.
0.034 cos 2 y ist mit dem Stundenwinkel a nicht veränderlich, wohl aber 0.006 cos <p cos a.
Die Interpretation der physikalischen Wirkung der
Zentrifugalkräfte könnte folgender Weise gegeben werden.
In Richtung des Erdradius ist sie 0 um 6 Uhr Morgens und
Abends; am grössten jedoch um Mittag und Mitternacht.
Um Mitternacht wirkt sie entgegengesetzt der Richtung
zum Erdzentrum; sie wirkt dort wie eine flutherzeugende
Kraft analog den anziehenden Kräften der ausserhalb der
Erde gelegenen Weltkörper. Um Mitternacht erzeugt sie
eine Fluth, d. h. positiven Druck. Dies erklärt auch den
höheren Stand des Barometers Nachts, denn nach thermischen
Gesetzen pt = p 0 (l-|-tti) sollte ja mit abnehmender Tem
peratur der Druck gerade abnehmen. Zur Mittagszeit tritt
das Gegentheil ein: atmosphärische Ebbe, das Vorzeichen
der Kraft wechselt; denn der feste Erdkörper folgt starr den
Bewegungen des Schwerpunktes des Erdzentrums, dort ist
c 1
ß grösser als in einem Punkte Ä, ausserhalb der Erde,
näher der Sonne zu, dort ist c kleiner.