Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S99 No. 2 —
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17) Ist in mittleren Höhen « auf der Westseite > 1)0° (weht also die Luft im West-Qua
dranten aus der Depression heraus), so erfolgt die Bewegung des Minimums in westlicher Richtung.
18) Die in Europa bestehende Polartendenz der Cyklonen in der warmen und Aequatorial-
tendenz in der kalten Jahreszeit entspricht dem grössten Ausströmen der Luft bei der entsprechen
den in die Fortbewegungslinie fallenden Gradientenrichtung auf der Schneekoppe.
4) Ursache der Aequatorial- und Polartendenz der Cyklonen; Fortpflanzung der Maxima.
Suchen wir die Ursachen der Fortbewegung der Minima in den Strömungen der oberen Luftschichten,
so erklärt sich ungezwungen das weit häufigere west—östliche Fortschreiten, ebenfalls die deutlich ausge
sprochene grössere Intensität unserer Wintercyklonen.
Es wirft sich nun weiter die Frage auf, nachdem wir Seite 25 die Beziehungen zwischen dem Wechseln
des Ablenkungswinkels und der Zugriclitung der Minima im Winter und Sommer gefunden haben: Wie sind
jene zu erklären? Schon der oben erwähnte Widersprach zwischen Satz 6 und 7 m ) lassen thermische Ein
flüsse über Europa selbst als Ursache der abweichenden Wanderung der Cyklonen in den beiden Jahres
zeiten vollständig ausgeschlossen erscheinen. Ebenfalls sind Erdrotation und Reibungsverhältnisse in beiden
Halbjahren gleich; die Centrifugalkraft wird in den Wintermonaten wegen des öfteren Vorkommens der
tieferen Cyklonen im allgemeinen stärker sein als im Sommer, ob sie jedoch einen bestimmenden Einfluss auf
obige Aenderung ausübt, erscheint fraglich.
Vergleicht man indess die Zugstrassen der barometrischen Minima 123 ) im Januar und Juli mit der Zug
richtung der Cirruswolken' 21 ) in denselben Monaten über Europa, so ist ersichtlich, dass diese Bewegungen
in dem gleichen Sinne erfolgen, also im Januar in südöstlicher bezw. ostsüdöstlicher, im Juli jedoch in
nordöstlicher Richtung. Es erklärt sich das aus der oberen Druckvertheilung, wie dies die für die Höhe
von 4000 m konstruirten Isobaren zeigen, indem in der kalten Jahreszeit in der Höhe relativ hoher Druck
über dem atlantischen Ozean, in der warmen jedoch über dem Kontinente vorherrscht. Dadurch wird eine
Verlagerung der stärkeren Gradienten nach der einen oder anderen Seite bewirkt, was eben die Aenderung
in der Richtung der Zugstrassen zwischen Winter und Sommer hervorbringt.
Fortpflanzung der Maxima. Was nun die Bewegung der barometrischen Maxima anbelangt, so
erfolgt dieselbe in östlicher wie in westlicher Richtung; jedoch überwiegt die östliche Fortpflanzung. Hier
scheint es, als ob vor allem das Fortschreiten durch Ausbreitung stattfände, indem die westliche Anticyklone
sowohl während der Sommermonate, wie im Winterhalbjahre ihre Luftmassen weiter gegen Osten verschiebt
und ebenfalls die östliche, asiatische Anticyklone, welche an die kalte Jahreszeit gebunden ist, in gleicher
Weise sich nach Westen ausdehnt, bezw. Ausläufer entsendet. Vergl. auch Seite 11.
II. Theil.
Vertheilung der Ablenkungswinkel und Windstärken bei verschiedenen
Entfernungen vom Centrum der Luftdrueksysteme.
(Tafel V—VIII.)
I. Entfernung der Stationen vom Centrum der Cyklonen und Anticyklonen.
(Tabelle 10, Tafel V.)
Ehe wir unsere Arbeit als abgeschlossen betrachten können, müssen wir der Frage näher treten: wie
verhält sich a bei zunehmender oder abnehmender Entfernung vom Centrum der Cyklonen und Anticyklonen?
Denn es ist unerlässlich, das Verhalten des Ablenkungswinkels ausser in den betreffenden Zonen, welche ja
nur ein relatives Bild gewähren können und keine Rücksicht auf die Grösse des Gradienten nehmen, auch
bei den verschiedenen Abständen von dem Luftdrucksystem zu diskutiren.
Einer weiteren Anregung des Herrn Geheimraths v. Bezold verdanke ich es, gerade auf diesen Punkt
aufmerksam geworden zu sein und daher unterzog ich mich gern der Mühe, wenigstens für einige Stationen
die Entfernungen in km vom Centrum der Minima und Maxima nachträglich zu bestimmen. Derartige
Messungen wurden an den Stationen Furnes, Breslau und Schneekoppe vorgeuommen.