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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1899 No. 2 —
4) Beginnt das Abfliessen der Luft in den Cyklonen, wie unsere Winkehvertlie zeigen, schon in der
geringen Höhe von 1.6 km, welche im grellsten Gegensätze zu ihrem meist 1000 km betragenden Durch
messer steht.
5) Lehren die Messungen der Ablenkungswinkel über dem Meere wie an der Küstenstation Furnes ein
oftmaliges Vorkommen der Bewegungen gegen den Gradienten.
<* < 90°
> 90°
Summe
Furnes
. 542
307
849
Meercyklonen (nach Kassner). .
208
190
398
Die sogenannte „physikalische Theorie“, wonach die Cyklonen durch Auftrieb entstehen und fort wandern,
befindet sich nach diesen Erörterungen im schärfsten Gegensätze zu den Gesetzen der mechanischen Wärme-
theorie; denn es vertragen sich die Lehren der mechanischen Wärmetheorie nicht mit einem relativ warmen
Luftkörper in der ganzen Höhe der Cyklonen, der durch thermische Einflüsse einen Auftrieb der Luft fordert.
Weiter lassen sich Bewegungen gegen den Gradienten niemals aus der unteren Druckvertheilung erklären;
sie verlangen die Anwesenheit absteigender Ströme, die aus stärkeren in schwächere Gradienten übertreten.
Mit dieser Erkenntniss ist aber der Beweis geliefert, dass die grossen Cyklonen höherer Breiten nicht
als vollständig selbständige Gebilde anzusehen sind, die lediglich aus thermischen Ursachen entstehen, viel
mehr der Ursprung der Rotationsbewegungen in die oberen Luftschichten zu verlegen ist.
Temperatur- und Luftdruckvertheilung. Begünstigt wird das Fortschreiten der Cyklonen sowohl
durch die horizontale Temperaturvertheilung — physikalische Theorie 117 ) —, der man früher die Fort
bewegung der Minima allein zuschrieb, indem auf der östlichen vorderen Seite warme wasserdampfreiche
Luft, auf der westlichen, hinteren Seite hingegen kalte, relativ trockene Luft angesaugt wird, wodurch vorn
eine Verminderung des Luftdrucks entsteht, als auch durch die Vertheilung des Luftdrucks in den oberen
und unteren Schichten der Atmosphäre. Wir wollen an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen, weil es
den Rahmen unserer Arbeit überschreiten würde und besser späteren Untersuchungen Vorbehalten bleibt.
2) Prüfung der Theorie.
Sollten die im vorhergehenden Kapitel gemachten Annahmen richtig sein, wonach eine Verlagerung des
Luftkörpers der Cyklonen in der Richtung des grössten Ausströmens der Luft erfolgen müsse, so könnte
man umgekehrt aus Ablenkungswinkel, von 90° im West-Quadranten bei der Schneekoppe den Schluss ziehen,
das Ausströmen erfolge auf der Westseite, indem die steilsten Gradienten dann auf der Ostseite liegen, mit
hin muss sich die Cyklone nach Westen bewegen.
Es wurde daher, um dieses Verhältniss näher zu prüfen, die Fortpflanzungsrichtung der Cyklonen so
wohl bei a > 90° als bei <. 90° ermittelt und zwar als maassgebend die Position von C für den Beobachtungs
tag und den folgenden um 7“ angenommen.
In Tabelle 9 sind die Minima, deren Ablenkungswinkel im West-Quadranten > 90° betrugen, sowohl
nach der Richtung der Fortbewegung als auch der des Gradienten (S—E) angeordnet, wobei die gleichzeitige
Lage der Anticyklonen mit berücksichtigt wurde; Tabelle 9b veranschaulicht die Zugrichtung der Cyklonen
bei Winkeln < 90° im West-Quadranten.
Betrachten wir die Fälle von « > 90° bei gegen SE und E gerichteten Gradienten, unter Ausschluss
der beiden nicht berücksichtigten, so ist eine westliche Bewegung derartiger Cyklonen nicht zu verkennen,
denn von den 17 untersuchten Fällen weisen 11 westliche Fortpflanzung auf, während die übrigen 6 sich
auf die anderen Richtungen vertheilen; auffallend gering ist die Zahl der Fälle des östlichen Fortschreitens
(nur 3 Fälle), das doch-sonst den europäischen Cyklonen eigen ist — vergl. Zugstrassen.
Wie die Positionen der Maxima angeben, können derartige Bewegungen sowohl bei Lagen dieser zur
Rechten wie zur Linken Vorkommen und ordnen sich die Fälle wie folgt an:
Maximum zur Rechten: 8, zur Linken: 9.
Ebenfalls macht sich bei südlichen Gradienten ein Ueberwiegen der nördlichen bezw. nordöstlichen
Fortbewegung geltend, was zur Bestätigung der oben vertretenen Anschauung beiträgt.
Weiter ist charakteristisch das Verhalten der Zugrichtung der Cyklonen bei Ablenkungswinkel < 90°
im West-Quadranten der Schneekoppe; von den untersuchten 114 Fällen wiesen nur 2 Minima westliche Be
wegungen auf.