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Full text: 22, 1899

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Aus dein Archiv der Deutschen Seewarte — 1S99 No. 5 — 
Neben diesem Kartenmaterial sind die lokalen Beobachtungen, sowohl mit, als auch ohne Instrumente 
von hoher Wichtigkeit, welche uns wichtige Aufschlüsse gehen zu beurtlieilen, oh und wie sich die Wetter 
lage in der nächsten Zeit ändern wird. An und für sich haben solche lokale Beobachtungen für die Be- 
urtheilung des kommenden Wetters nur einen sehr geringen Werth, dagegen sind sie von hohem Nutzen, 
wenn wir sie anlehnen an die allgemeinen atmosphärischen Zustände und Bewegungen, welche uns die Wetter 
karten in klai-er und übersichtlicher Weise veranschaulichen. Die Beobachtung des Luftdrucks, des Windes, 
der Wanne, des Wolkenhimmels und der Himmelsansicht überhaupt, sowie ihrer Aenderungen geben uns 
wichtige Anhaltspunkte darüber, ob die Wetterlage sich ändert oder nicht und nach welcher Lichtung sie 
sich ändert. 
Dabei ist es unerlässlich nothwendig, dass das grosse Publikum bekannt gemacht werde mit den Grund 
gesetzen, welche der Wettervorhersage zu Grunde liegen. Und solches zu erreichen ist nicht so schwer, als 
es den Anschein hat. Denn die Grundzüge der neueren praktischen Witterungskunde sind, wie schon oben 
bemerkt, so einfach, dass sie Jedermann zugängig sind, ebenso einfach sind die oben aufgestellten Wetter 
typen, welche für unser Wetter maassgebend sind, und so leicht dem Gedächtnisse einzuprägen, dass schon 
ein flüchtiger Blick auf die Wetterkarte genügt, um sofort zu entscheiden, mit welchem Wettertyp wir es 
in einem gegebenen Falle zu tliun haben. Nach einiger Uebung wird es Jedermann leicht gelingen, sich 
selbst ein eigenes begründetes Urtheil über die jeweilige Wetterlage und ihre vermuthlichen Aenderungen zu 
verschaffen oder eine gegebene Wettervorhersage nach eigenem Urtheil zu modifiziren. Gerade dieses ist 
der Hauptpunkt, worauf die Nutzbarmachung der Wettervorhersage beruht und welcher die Hauptbedin 
gung zu einer gedeihlichen Fortentwickelung der Wettervorhersage abgiebt. Solange ein solches all- 
meineres Verständniss nicht erreicht wird, werden wir uns vergebens bemühen, auf diesem 
Gebiete etwas bemerkenswertlies zu leisten. Durch popidäre Schriften und Vorträge müsste nach 
dieser Richtunghiu eifrigst gearbeitet werden. 
Schon seit geraumer Zeit hat sich der Deutsche Landwirthschaftsratb mit der Frage beschäftigt, auf 
welche Weise es sich ermöglichen Hesse, die Wettervorhersage in zweckmässigster und ausgiebigster Weise 
zu Nutzen der Landwirtschaft zu verwerten und noch zu Anfang dieses Jahres kam dieser Gegenstand in 
den Versammlungen jener Korporation zur Besprechung, welche zu folgendem einstimmig gefassten Beschlüsse 
führte (Februar 1899): 
„Dei' Deutsche Landwirtschaftsratli bescliliesst: 
„Bei dem Herrn Reichskanzler zu beantragen, dass zum Zwecke der Einführung eines wettertelegraphi- 
„schen Dienstes für die Deutsche Landwirtschaft tunlichst bald eine Konferenz aus den Direktoren 
„der meteorologischen Zentralstellen im Deutschen Beich, aus Kommissionen der Keiclisregierung und 
„der grösseren Staatsregierungen und aus Vertretern der Landwirtschaft einberufen werde; dem Reichs 
kanzler als den Ort der Konferenz Hamburg, dem Sitze der Deutschen Seewarte, zu empfehlen“. 
Wir wollen hoffen, dass hier der richtige Weg eingeschlagen werde, müssen aber dabei bemerken, dass 
nach unserer Ueberzeugung, welche auf etwa 25jähriger Erfahrung beruht, die Organisation kaum einen 
nennenswerten Nutzen haben wird, wenn man ausschliesslich bei der alten Einrichtung der Wettervorher 
sage für den folgenden bürgerlichen Tag verbleiben wird, welche die Bedürfnisse der Landwirtschaft bisher 
nicht befriedigt hat und in Zukunft nach dem jetzigen Stande der Wissenschaft auch nicht befriedigen wird, 
und wenn ein besseres und allgemeineres Verständniss der Grundlagen der Wettervorhersage beim Publikum 
nicht erzielt wird. 
Im September 1899.
	        
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